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«Das Feuerwerk wird wie ein Musikstück komponiert»

Farben, Formen und die Musik bestimmen die Wirkung des Feuerwerks.

Das traditionelle Feuerwerk auf dem Bielersee, das zu den grössten in der Schweiz gehört, kann trotz Finanzkrise seine Farbenpracht hoch über dem See entfalten. Nicht zuletzt dank der fast ungebremsten Spendenfreudigkeit der Bieler.

Bis sich das fulminante Feuerwerk im Nachthimmel präsentieren kann, bedarf es allerdings einer langen Planung.

«Die Planung für das diesjährige Feuerwerk begann unmittelbar nach dem letzten verglühten Funken des letztjährigen», erklärt Beat Cattaruzza. Bereits seit zehn Jahren ist er der technische Leiter des Feuerwerks im zweisprachigen Biel/Bienne.

«Noch in der gleichen Nacht tauschten wir uns in einer ersten Feedbackrunde über unsere Eindrücke aus», ergänzt Cattaruzza, der beruflich Grafiker ist und ein eigenes Gestaltungsbüro betreibt. «Die Kunst des Feuerwerks ist meine Leidenschaft», sagt er.

Der See als grosse Bühne

Anfang März beginnt jeweils die konkrete Planung. «Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit Toni Bussmann, dem führenden Feuerwerker der Schweiz und Inhaber einer der grössten Feuerwerk-Firmen der Schweiz», erklärt Cattaruzza.

«Ich sage Toni Bussmann, welche Farben ich in einem Bild haben will, zum Beispiel in der Mitte ganz bunt. Er weiss dann, ob und wie dieses Bild umgesetzt werden kann.»

«Das Feuerwerk wird wie ein Musikstück oder Kunstwerk komponiert. Wir versuchen eine Dramaturgie einzuarbeiten und eine Spannung aufzubauen. Je nach Budget können sechs oder sieben Hauptbilder und Bilderkombinationen gezündet werden. Jedes Bild hat einen Titel», beschreibt Cattaruzza den gestalterisch-kreativen Prozess.

Dabei werden auch die Möglichkeiten, die der See bietet, genutzt: «Wir können zwischen den Bildern kleinere Effekte einbauen, wie etwa Wasserbomben, die auf dem Wasser leuchten.»

«Das zeigt, dass man das Feuerwerk auf verschiedenen Ebenen gestalten kann: von der Wasseroberfläche bis in eine Höhe von 200 Metern. So gesehen ist der See eine grosse Bühne», erklärt Cattaruzza.

Komposition aus Farbe, Form und Musik

Neben den Farben der Funken spielt die Musik eine wichtige Rolle: «Die Farbe und die Musik gehen Hand in Hand. Die klassischen und populären Musikstücke werden ab CD und über eine Radiostation verbreitet.»

Zur Farbe und Musik gesellt sich noch die Form als drittes gestalterisches Mittel, wie der Grafiker erläutert. «In den letzten Jahren wurde es möglich, die Bilder mit geometrischen Formen, Buchstaben oder Piktogrammen zu kombinieren und damit ein grafisches Element einzuarbeiten.»

«Auch wenn das Feuerwerkzünden ein altes Handwerk ist, ist es doch auch mit Innovation verbunden.»

Auf- und Abbau am gleichen Tag

Traditionellerweise findet in Biel das Feuerwerk zum 1. August bereits am 31. Juli statt. Um sieben Uhr morgens fährt der Sattelschlepper mit den Knallkörpern ans Seeufer, wo zwei Barken im Hafen warten.

Barken sind Transportschiffe mit einer grossen Ladefläche. Sie sind zwischen 30 und 40 Meter lang und mit Sand gefüllt. Auf dem Sand werden die einzelnen Rohre, 1000 an der Zahl, montiert. In den Rohren sind die Bomben für das Feuerwerk.

«Am Nachmittag werden die Verkabelungen angebracht. Anders als früher werden heute die Feuerwerke per Computer gezündet. Deshalb werden einzelne elektronische Zünder eingeführt», erklärt Beat Cattaruzza das Vorgehen beim Aufbau.

Rund eineinhalb Stunden vor dem ersten Knall stechen die zwei Barken in See und gehen etwa 400 Meter vom Ufer entfernt in Position. Die Seepolizei schreibt die Koordinaten und die Lage genau vor und markiert ein Sicherheitsfeld mit Bojen.

Während des Feuerwerks sind nur der Barkenführer und ein Sicherheitsmann der Feuerwerk-Firma an Bord. «Sie befinden sich hinter der Führungskabine, wo sie in Sicherheit sind. Weil das Feuerwerk per Computer gezündet wird, muss niemand mehr ganz in der Nähe sein», sagt Cattaruzza.

«Zudem besteht in einem Ernstfall die Möglichkeit, das Feuerwerk jederzeit sofort abzubrechen, was früher nicht möglich war.»

Sobald das letzte Bild vom Feuerwerk am Nachthimmel verschwunden ist, werden die Rohre sofort wieder abgebaut, weil sie bereits am 1. August anderswo wieder im Einsatz stehen werden.

Freude am Feuerwerk trotz Finanzkrise

Letztes Jahr betrugen die Kosten für das Feuerwerk rund 60’000 Fr. Auf die Frage, ob es im Zeitalter der Finanzkrise noch gerechtfertigt sei, für ein Feuerwerk Geld – im wahrsten Sinne des Wortes – zu verpulvern, sagt Cattaruzza:

«Als Verein sind wir auf Spendengelder angewiesen. Dieses Jahr haben wir eine kleine Menge an Einbussen gespürt, was aber marginal ist. Das bestätigt, dass die Leute ein Bedürfnis nach einem Feuerwerk und Freude daran haben. Deshalb spenden sie trotz Krise. Insofern ist es gerechtfertigt, eins zu machen.»

Der einzige Grund, das Feuerwerk abzusagen, kann ein Gewitter sein: «Wir können zwar auch bei Regen schiessen, aber bei starkem Sturm auf dem See müssen wir den Start verzögern. Wir haben ein Zeitfenster von 2.5 Stunden. Wenn sich der Sturm auch dann noch nicht beruhigt hat, müssen wir das Feuerwerk absagen.»

Die Wetteraussichten für heute sind gut: zeitweise sonnig und Bise im Mittelland, in den Alpen örtliche Gewitter oder Platzregen, sonst meist trocken.

Sandra Grizelj, swissinfo.ch

1993 beschloss die Stadt Biel wegen Kostengründen auf das traditionelle 1.-August-Feuerwerk auf dem Bielersee zu verzichten.

Nach zwei Jahren Pause nahm eine Projektgruppe der Jungen Wirtschaftskammer Biel-Bienne die Durchführung wieder auf.

Im Jahr 2000 übernahm der neu gegründete Verein «Bielerseefest» die Organisation des Feuerwerks und des gleichnamigen Festes. Der Verein wird durch Spenden und Sponsoren finanziert.

Datum: Freitag, 31. Juli 2009
Fest- und Barbetrieb: 17.00 – 02.30 Uhr
Feuerwerk: 22.30 – 23.00 Uhr

Wie das Bundesamt für Umwelt mitteilt, werden jährliche rund 1700 Tonnen Feuerwerkskörper abgebrannt. Davon sind ca. 400 Tonnen pyrotechnische Feuerwerkssätze.

Neben Schwarzpulver enthalten sie auch farbgebende Metallverbindungen. Diese Substanzen gelangen als Niederschlag in Boden und Gewässer.

Feuerwerke verursachen aber auch Lärmbelastungen, was eine grosse Belastung für die Tierwelt bedeutet.

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