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Der ewige Blick auf Menschen in den Bergen

Ewiger Augenblick im ewigen Eis des Wildstrubel-Gletschers. Jules Beck, 1887

"Der ewige Augenblick": Die Ausstellung zum Thema Berg- und Reisefotografie ist der Auftakt zur 100-Jahr-Feier des Schweizerischen Alpinen Museums in Bern.

Die Bergfotografie-Sammlung des Hauses, die bedeutendste der Schweiz, ist damit erstmals einem breiteren Publikum zugänglich.

Bergfotografie: Vor dem inneren Auge scharen sich ein paar Männer um ein Gipfelkreuz. Die Mühsal des Aufstiegs steht ihnen noch in ihre kantigen, wettergegerbten Gesichter geschrieben. Da und dort liegt ein glückliches Lächeln über den errungenen Erfolg auf den Lippen.

Das traditionelle Gipfelbild als Beweis des Erfolgs und der eigenen Leistung ist nur ein Aspekt des Genres Bergfotografie. Wie vielfältig dies ist, zeigt die Ausstellung «Der ewige Augenblick», welche einen Überblick über die Geschichte der Bergfotografie seit 1860 gibt.

Vielfältige Dokumente

«Neben dem Gipfelfoto als Erinnerungsstück dokumentieren Bergfotos das Leben der Bergbevölkerung und deren Brauchtum, und sie werden im Tourismus kommerziell genutzt», erklärt Kuratorin Susanne Grieder, die am Schweizerischen Alpinen Museum (SAM) die Ausstellung zusammengestellt hat.

Die Bilder zeigten auch Bergsportarten wie Klettern, Skitouren, Bobfahren und Curling. Die Fotografie sei ferner ein Ausdruck, um sich einem Berg oder einer Berglandschaft künstlerisch anzunähern.

Bergfotos sind laut Grieder zudem auch Plattform für kritische Auseinandersetzungen, so etwa über die Verschandelung der Landschaft durch den Bau von Bergbahnen, wie sie in den Alpenschutz-Diskussionen seit den 1970er-Jahren kritisiert wird.

Zwölf Fotografen – zwölf Themen

Aus über 250 Fotografen hat Grieder deren zwölf ausgewählt, die auf 70 Grossformaten Sujets zu den Leitmotiven Natur-Kultur-Mensch ins Bild rücken.

Vertreten sind Jules Beck (Gletscherbilder), Paul Montandon (die ersten Alpinistinnen), Franz Rohr (Leben und Bräuche der Bergbevölkerung), Emil Wehrli (Siedlungsfotografie), Paul-Louis Mercanton (frühe Expedition), Robert Schönbächler (Schneelandschaften), Ernst Lautenschlager (Stereobilder), und Eva Isenschmid (Foto-Reportage). Sie alle waren von zirka 1860 bis in die neuere Zeit aktiv.

Kritischer Blick

Die Bergfotografie der Gegenwart thematisiert die Erschliessung der Gipfel mit Seilbahnen (Marco Volken) oder inszeniert stiebende Snowboard-Surfs zu perfekten Werbeaufnahmen (Patrice Schreyer).

Thomas Ulrichs Bilder seiner Expedition durch das Eis Patagoniens dokumentieren Fotoschaffen unter Extrembedingungen. Giosanne Crivelli schliesslich legt in ihren Kunstwerken, in denen sie mit Komposition, Farbe und Körnung arbeitet, die Struktur der Berge frei.

Dölf Reist oder Robert Bösch, die bekanntesten Schweizer Bergfotografen, sind mit Abbildungen in Kleinformat vertreten. Bösch wurde bereits mit einer eigenen Ausstellungen geehrt, für Reist ist eine solche in Vorbereitung.

Technischer Wandel

Die Ausstellung über 150 Jahre Geschichte der Bergfotografie macht laut Grieder auch den grossen Wandel der technischen Ausrüstung sichtbar. «Fotoapparate wogen anfänglich 16 Kilo, und die Belichtungszeit betrug mehrere Minuten», erklärt Grieder. Möglich waren also nur Standbilder, die übrigens gleich vor Ort entwickelt worden waren.

«Danach wurde die Apparate immer leichter und einfacher, so dass die Touristen ihre eigenen Bilder schiessen konnten», erklärt die Kuratorin.

Weitgehend unbekannter Schatz…

Das Alpine Museum verfügt mit seinen rund 160’000 Bergbildern – allein 100’000 stammen aus dem Nachlass des Berner Oberländers Dölf Reist – über die grösste und wichtigste derartige Sammlung. Memoriav, eine Fachstelle des Bundes, verlieh ihr kürzlich gar das Prädikat «von europäischer Bedeutung».

Die Fotografie sei seit je ein wichtiges Standbein der Sammlung gewesen, habe aber lange ein Mauerblümchen-Dasein gefristet, sagt Urs Kneubühl, Direktor des Alpinen Museums. «Wir haben gar nicht gewusst, was wir alles haben.» Dies wegen der Erschliessung des Materials, die mit einem sehr grossen Aufwand verbunden sei.

… wird jetzt gehoben

Nun ist man sich aber über den Wert des Schatzes im Keller bewusst: «Die Fotografie wird einer der Schwerpunkte unseres neuen Museums-Konzept sein», freut sich Kneubühl. Dieses will er der Öffentlichkeit Ende April präsentieren.

«Das Archiv wird auch künftig nicht öffentlich zugänglich sein, aber öffentlich nutzbar – als eine Art Bildagentur für Publikationen», sagt Direktor Kneubühl.

swissinfo, Renat Künzi

Das Schweizerische Alpine Museum Bern (SAM) wurde 1905 von der Berner Sektion des Schweizerischen Alpen-Clubs eröffnet.
Seit 1933 beteiligen sich Bund, Kanton Bern, SAC Schweiz und Sektion Bern an der Stiftung SAM.
1934: Eröffnung des Neubaus am Helvetiaplatz in Bern.
1990-93: Gesamterneuerung des Baus und Aufstockung des Personalbestandes auf sechs Stellen.

Die Ausstellung «Der ewige Augenblick – Berg- und Reisefotografie von 1860 bis heute» des Schweizerischen Alpinen Museum Bern (SAM) dauert bis am 25. Oktober.

Es ist die Jubiläums-Veranstaltung des Museums aus Anlass seines 100. Geburtstages.

Vorgestellt werden zwölf Fotografen, vier davon aus der Gegenwart.

Mit ihren 160’000 Bildern ist die Sammlung des SAM die grösste und wichtigste ihrer Art der Schweiz.

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