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Der kleine Prinz trumpft in Montreux gross auf

Strikte Order des Prinzen: Du darfst dir kein Bild machen! Keystone

Zum krönenden Abschluss des Jazzfestivals Montreux hat Prince am Samstag gleich zwei Konzerte gegeben. Verspielt und doch konzentriert hat der legendäre Exzentriker das Publikum im jeweils ausverkauften Auditorium Strawinsky entzückt.

Im roten Anzug mit Reissverschlussbesatz an den ausladenden Ärmeln, an den Ohren aufgesteckte silbern glitzernde Halbmonde und mit lasziv geschminkten Augen springt der kleine Prinz mit der grossen Ausstrahlung beim ersten Konzert um halb Acht auf die Bühne – nur eine halbe Stunde verspätet.

Nicht dass man den Musiker im Auditorium Strawinsky aus so intimer Nähe sehen würde. Im Gegenteil. Von der Mitte des grossen Saales aus kann man gerade mal den Kopf des Pianisten erspähen. Aber Prince? Nur die Fans ganz vorne bei der Bühne und die Besucher auf der fernen Estrade sehen ihn live und in Originalgrösse. Der Legende nach beträgt diese 157 Zentimeter.

Für die übrigen Zuschauer im Saal – mehrheitlich um die 50 Jahre alt wie der Künstler – spielen geschickt eingesetzte Kameras Totalen und Nahaufnahmen der Musiker auf zwei grosse Leinwände. Immer wieder das Gesicht des Prinzen von ganz nah. Und seine Blicke wirken, als würde er mit jeder und jedem einzelnen im Publikum flirten.

In Montreux führt er die ganze Spannweite seines Könnens vor, singt und spielt auf der Gitarre eine Mischung aus Jazz, Funk und Soul, mal soft und melancholisch, dann plötzlich wie eine Explosion in Tonhöhen sich schraubend, die für einen Moment an die Königin der Nacht in Mozarts «Zauberflöte» erinnern.

«Herausragendes Ereignis»

Prince hat 2007 zum ersten Mal in Montreux gespielt. Allein schon die Tatsache, dass der Star selten nach Europa komme, mache dieses Konzert in der Schweiz zu einem herausragenden Ereignis, sagt Markus Ganz, Musikkritiker der NZZ, gegenüber swissinfo.ch. «Nur ein Madonna-Konzert oder früher eines von Michael Jackson hätte einen noch höheren Stellenwert gehabt», ergänzt der Experte.

Wie Madonna und Michael Jackson hat auch Prince Jahrgang 1958. Nach dem Tod von Jackson und den seit Wochen anhaltenden Nachrufen und Huldigungen drängt sich ein Vergleich der beiden Musiker, die in den 1980er-Jahren die Szene dominierten, auf.

«Während Michael Jackson tatsächlich zum Superstar wurde, dessen Fangemeinde vom Kind bis zur Oma reichte, hatte Prince nie diese Breitenwirkung», erklärt Ganz. «Mit seiner schwarzen, funkigen Musik wurde er eher zu einer Kultfigur für seine Fans, die ihn wie einen Gott verehren.»

Eigenwillig und manchmal esoterisch

Es sei Musik für ein anspruchsvolleres Publikum, betont der Kritiker, dem aber längst nicht alles von Prince gefalle. «In den letzten Jahren wurde er etwas weniger zugänglich, etwas esoterisch. Das hat sich negativ auf die Qualität seiner Musik ausgewirkt. Sein Hauptproblem ist, dass er zuviel veröffentlicht. Es wäre besser, er würde die Stücke für seine Alben etwas sorgfältiger auswählen.»

Auch dass sich der eigenwillige Prince mit der Musikindustrie verkracht habe, hält Markus Ganz für einen Fehler. Mehrere Alben sind im Eigenverlag erschienen und verkauften sich daher weniger gut. «So hat Prince an Bedeutung verloren», schliesst Ganz.

Das Bilderverbot

Doch an diesem Konzertabend in Montreux ist der exzentrische Star in Hochform. Sein Ausdrucksspektrum in Stimme und Mimik ist phänomenal, seine Körpersprache immer noch sexy, wenn auch etwas verhaltener als in seinen jungen wilden Jahren. Die Bühnenshow hat er in jedem Moment unter Kontrolle, und gibt sich gleichzeitig lustvoll und verspielt.

«Photos forbidden» lautet der Befehl an den Eingangstüren zum Saal klar und deutlich. Bis kurz vor Konzertbeginn war nicht zu erfahren, ob möglicherweise im letzten Moment doch der eine oder andere Fotograf zugelassen würde. Prince nimmt das Copyright für seine Musik und sein Erscheinungsbild bitter ernst und hat dafür schon manchen Prozess ausgefochten.

Kameras werden nicht eingelassen, aber niemand verhindert, dass zahlreiche Fans während des Konzerts ihre Handys zücken und ein paar Bilder ihres Idols stehlen – und sei es nur von der Leinwand hoch über den Köpfen.

Susanne Schanda, Montreux, swissinfo.ch

Prince Rogers Nelson ist 1958 in Minneapolis, Minnesota, geboren.

Mit 13 Jahren gründet er seine erste Band. Auf seinem ersten Album, das 1978 erscheint, spielt er alle Instrumente selber.

Neben seiner Musik provoziert Prince vor allem mit seinem extravaganten Kleidungsstil. Zu seinen damaligen Vorlieben gehörten etwa Netzstrümpfe.

Seinen ersten Hit landet er 1982 mit dem Stück Little Red Corvette. 1984 schafft er mit Purple Rain den internationalen Durchbruch. Mit seinem Mix aus Soul, Jazz und Rock positioniert er sich als Alternative zu Michael Jackson, der zur selben Zeit zum Superstar aufsteigt.

Nach langen Streitereien mit seinem Plattenlabel ändert Prince seinen Namen in Love Symbol. Der kommerzielle Erfolg der folgenden Alben hält sich in Grenzen.

2009 hat er gleich drei Alben veröffentlicht: Lotusflow3r, MPLSound und Elixir.

Am Wochenende gingen in der Schweiz gleich sechs grosse Musik-Openairs zu Ende. Trotz Regen und Kälte an Donnerstag und Freitag meldeten vier Veranstalter weitgehend volles Haus.

Das Gurtenfestival in Bern schloss gar mit einem hervorragenden Ergebnis ab – drei der vier Tage waren ausverkauft.

Bei der Zürcher Konzertreihe Live at Sunset waren acht von zwölf Abende ausverkauft.

Das Festival Moon & Stars, das am Samstag nach neun Konzertabenden zu Ende ging, lockte rund 75’000 Zuschauer auf die Piazza Grande in Locarno.

Die 43. Ausgabe des Montreux Jazz Festivals sei «aussergewöhnlich» gewesen, bilanzierten die Organisatoren. Das zweiwöchige Festival wurde von 230’000 Personen besucht. Der Umsatz sei gegenüber 2008 um 10 Prozent gestiegen.

Zwei Grossveranstaltungen landeten dieses Jahr wohl im Minus: Das Opernfestival Avenches und die Jazz Parade in Freiburg.

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