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Der Koch, der Gardist, der Papst und sein Lieblingsgericht

Borgo Pio cod
Am Freitag gibts Fisch: David Geisser kredenzt Kabeljau Borgo Pio mit Spargel und neuen Kartoffeln. Katarzyna Artymiak

Als sich ein junger Koch aus Zürich entschied, in die Fussstapfen seines Vaters zu treten und in der Schweizergarde zu dienen, hatte er nie im Leben damit gerechnet, dass ihn am Heiligen Stuhl, also im Innersten der Römisch-Katholischen Kirche, eine einmalige kulinarische Mission erwarten würde.

Für David Geisser hiess es nicht nur, den Papst zu beschützen, sondern in seiner Freizeit die Lieblingsspeisen der höchsten Kirchenfürsten herauszufinden, diese in der Kantine der Schweizergarde zu kochen und zu perfektionieren, bevor er die Rezepte schliesslich in einem einzigartigen Kochbuch vereinte.

Zwei Jahre später liegt nun das Kochbuch «Päpstliche Schweizergarde: Buon Appetito»Externer Link vor (bisher erst in deutscher Version). Es enthält 60 Rezepte mit genauen Anweisungen, wie die «heiligsten» Speisen – für Päpste, aber nicht nur – zu Hause gekocht werden können.

«Am Anfang war es schwierig herauszufinden, wie wir etwas Militärisches – die Schweizergarde – mit einem Kochbuch kombinieren können», erklärt David Geisser gegenüber swissinfo.ch.

David Geisser: Als Gardist wachsamer Beschützer des Papstes, als Koch der Schweizergarde darf er im Vatikan mit der grossen Kelle anrichten. Katarzyna Artymiak

Schon im Alter von 18 Jahren hatte Geisser erste Erfahrungen mit dem Leben eines potentiellen Starkochs gemacht: Sein Kochbuch, das er als Abschlussarbeit in der Schule verfasst hatte, ist in der Schweiz sofort auf grössere Beachtung gestossen. Die Medien schrieben über Geisser, es folgten TV-Auftritte, bevor er seine Lehre als Koch anfing und später ein zweites Kochbuch herausgab. Dieses Buch brachte den Kommandanten der Schweizergarde auf die Idee, ein Kochbuch aus dem Vatikan herauszugeben.

Während Geisser die Rezepte verfeinerte, kümmerte sich Erwin Niederberger um alles andere, was noch dazu gehörte, um die Idee in die Tat umzusetzen. Niederberger steht seit 15 Jahren in den Diensten der Garde, heute im Rang eines Wachtmeisters.

«Nicht alle mochten ihre Lieblingsgerichte in einem Kochbuch veröffentlicht sehen. Einige fragten, ‹wieso sollen wir das machen?'», erzählt er.

Das Lieblingsdessert des Papstes

Dulce de Leche

2,5 l Milch

1 kg Zucker

¼ TL Natron

½ Vanilleschote

3 EL Cognac

Milch und Zucker in einer Pfanne langsam aufkochen, bis sich der Zucker ganz aufgelöst hat. Milch-Zucker-Mischung durch ein Passiertuch in ein anderes Gefäss giessen, danach wieder in die Pfanne geben. Die Masse etwa eine Stunde kochen, dabei sicherstellen, dass sie nicht über den Pfannenrand spritzt, immer wieder mal mit einer Holzkelle rühren. 

Nach etwa einer Stunde wird die Masse viel dunkler sein und eine sirup-artige, dickflüssige Konsistenz erreicht haben.

Vanilleschote der Länge nach aufschneiden, Mark herauskratzen und beides zusammen mit dem Natron und dem Cognac unter die Masse ziehen.

Hitze etwas reduzieren, weiter regelmässig umrühren, bis die Masse die gewünschte Konsistenz erreicht hat. Vanilleschote herausnehmen.

Die Masse in Gläser füllen und bei Zimmertemperatur abkühlen lassen. Beim Abkühlen wird die Masse noch etwas dickflüssiger, etwa wie Honig. Vor dem Servieren nochmals umrühren.

(Das Rezept enthält keine Angabe, für wie viele Personen die Menge ist.)

Insgesamt aber hätten «Persönlichkeiten im Vatikan» wie Bischof Georg Gänswein, Privatsekretär des emeritierten Papstes Benedikt XVI. oder der Schweizer Kardinal Koch gerne «etwas Neues» gemacht und die Geheimnisse ihrer Gaumenvorlieben mit der Welt geteilt, so Niederberger.

Kardinal Koch setzt auf den Klassiker Wiener Schnitzel mit Pommes Allumettes (streichholzdünne Pommes Frites), Bischof Gänswein bezeichnet den römischen Klassiker Saltimbocca alla Romana (Kalbsschnitzel mit Rohschinken und Salbei) als seine Lieblingsspeise.

Gutes Essen – gute Kampfmoral

«Ohne Mampf kein Kampf», erwähnt Daniel Rudolf Anrig, der Kommandant der Schweizergarde und Herausgeber des Buches, in seiner Einführung die alte Soldatenweisheit. Sie illustriert die Verbindung zwischen dem militärischen Auftrag der Schweizergarde und der kulinarischen Seite.

Das Buch ist in verschiedene Teile gegliedert, zu finden sind die beliebtesten Gerichte der Offiziere der Schweizergarde und prominenter Vertreter des Vatikans oder Gerichte für besondere Anlässe, etwa die Vereidigung neuer Gardisten oder Alltagsmenus für die historische Truppe.

Das Buch gibt aber auch Hinweise auf das Leben der Menschen hinter den bekannten, farbigen Uniformen der Schweizergarde. Zum Beispiel, welche Restaurants die Mitglieder in ihrer Freizeit besuchen, oder was sie in der Sommerresidenz des Papstes gerne essen (obschon der heutige Papst dieses Ferienresidenz nicht mehr benützt, wie im Buch bedauert wird), was die Gardisten in ihrer Freizeit tun, zum Beispiel Fussball spielen, an den Strand gehen oder Italienisch lernen.

Die 110 Gardisten leben in einem eigenen Quartier im Vatikan. Zwischen den Einsätzen sorgen katholische Nonnen aus Polen für das leibliche Wohl der Schweizergarde.

«Es gibt viele italienische sowie einige polnisch inspirierte Gerichte. Daneben stehen immer frische Salate und Früchte zur Auswahl. Am Freitag haben wir Fisch oder Pizza, etwas ohne Fleisch. Das Essen ist ziemlich gut», erklärte Niederberger.

Rund einmal pro Monat übernimmt der nun 24 Jahre alte Geisser die Kochkellen von den polnischen Ordensschwestern und kredenzt der Schweizergarde ein Nachtessen.

Dies ist eine Chance, ihnen etwas aus der Heimat aufzutischen. Einige der jüngeren Gardenmitglieder leben hier zum ersten Mal nicht mehr bei den Eltern, und so ist eine Rösti ab und zu hochwillkommen.

Niederberger hofft, dass diese kleinen Einsichten etwas sind, dass Leser und Leserinnen, die sonst normalerweise kein Interesse an der Römisch-Katholischen Kirche zeigen, neugierig machen könnten.

«Sogar Menschen, die kein Interesse an der Geschichte, dem Papst oder der Religion, dafür aber an guter Küche haben, können vielleicht durch dieses Buch ein bisschen etwas über die Schweizergarde, unsere Geschichte und den Papst entdecken. Und das wäre eine wunderbare Sache.»

Päpstliche Schlemmereien – polnische Ordensküche

Mit den für die letzten drei Päpste ausgewählten Menus im Kochbuch haben sich die Autoren etwas schöpferische Freiheit genommen. 

«Wir haben den Papst nicht gefragt, ‹Können Sie uns bitte sagen, was Sie am meisten mögen?› Aber wir sind jedem Tag mit ihm zusammen, wir wissen, was er tut und was er mag», erklärte Niederberger. «Pilger aus Argentinien bringen immer dieses wunderbare Gebäck von einem ganz bestimmten Geschäft mit. Es ist gefüllt mit ‹Dulce de Leche› (Milchkaramell) – und der Papst mag dieses Gebäck sehr.»

Die für das Buch ausgewählten Speisen sind «typische» Gerichte aus der Heimat des jeweiligen Papstes oder enthalten Zutaten, von denen bekannt ist, dass die Päpste diese mochten.

Johannes Paul II. hätte sich dem Buch zufolge gefreut über ein Dreigang-Menu aus Polen, zu dem Fleischvögel und Rotkraut gehörten, während Benedikt XVI. eher währschafte Gerichte aus Bayern ausgewählt hätte, darunter einen Regensburger Wurstsalat.

Anders als sein Vorgänger, für den drei katholische Ordensschwestern in seiner päpstlichen Wohnung kochten, isst Papst Franziskus wie der Rest der Menschen am Heiligen Stuhl und die Gäste in der Casa Santa Maria, dem Gästehaus des Vatikans, wo er auch wohnt.

Wer zu Hause selber ein modernes, päpstliches Mahl auf den Tisch zaubern möchte, dem wird empfohlen, mit argentinischen Empanadas (gefüllte Blätterteigtaschen) auf einem rot-gelben Peperoni-Salat zu beginnen, gefolgt von «Colita de Cuadril» (geschmortes Rindfleisch mit Kartoffel-Kürbis-Purée) und zum Abschluss als Dessert natürlich «Dulce de Leche».

Wer es lieber etwas einfacher möchte, wird in der Sektion mit Informationen über die Schutzpatrone der Schweizergarde fündig.

Einer der Schutzpatrone ist der Schweizer Niklaus von der Flüe. Der oft als Bruder Klaus bezeichnete Einsiedler soll 19 Jahre lang ausser der heiligen Kommunion kein Essen zu sich genommen haben. Die Autoren widmen ihm denn auch ein durch sein einfaches Leben inspiriertes Mahl – eine «Obwaldner Eieromelette mit Kräutern».

(Übertragen aus dem Englischen: Rita Emch)

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