Der Krieg im Bild
"WAR". Unter diesem Titel zeigt das IKRK-Museum in Genf Kriegsbilder namhafter Fotoreporter – eine Ausstellung, die unter die Haut geht.
Die rund 50 Fotos aus den USA, Afghanistan und Irak zwingen uns, innezuhalten und die unerträgliche Realität zu betrachten.
Tag für Tag sind wir mit Bildern von Krieg, Elend und Gewalt konfrontiert: Anschläge und Tote im Irak, Vertriebene in Darfur, Leichen in den Strassen der usbekischen Stadt Andischan.
Wir können nicht jedes Mal darüber nachdenken, was das für die Menschen bedeutet, die dort leben. Die tägliche Begegnung mit Bildern von Gewalt und Verzweiflung führt wohl oder übel zu einer gewissen Abstumpfung. Ohne Verdrängung wäre dieses Elend nicht auszuhalten.
Eine andere Wirkung hat die Ausstellung «WAR – USA, Afghanistan, Irak» im Museum des Internationalen Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes in Genf: Die über 50 Fotos zwingen uns, für einen Moment die tägliche Bilderflut zu vergessen und stehen zu bleiben.
Und was wir sehen, lässt niemanden kalt. Zu nahe sind wir dran am Menschen, zu gross der Schrecken und das Leiden in seinen Augen, zu gross die Bilder.
Kriegsrealität
Ein Kommandant der Nordallianz liegt in den afghanischen Bergen im Sterben, erschossen von Taliban-Truppen, Blut fliesst aus seinem Mund. Eine Aufnahme von Ron Haviv, November 2001.
Ein alter Mann schiebt eine Schubkarre mit dem Kopf der gestürzten Saddam-Statue durch das zerbombte Bagdad. Neben ihm eine Frau mit einem Kleinkind im Arm. Bild von James Nachtwey, 2003.
Blutjunge Marine-Soldatinnen in Vollmontur mit verbissenen, ernsten Gesichtern beim Training im Wasser. Sie werden auf den Krieg vorbereitet. Foto: Laura Greenfield, 2002.
«Fotos können einen Krieg nicht verhindern», erklärte die Kuratorin Loa Haagen Pictet. «Sie können ihn glorifizieren, kritisieren, dokumentieren. Und sie spielen eine wichtige Rolle bei der Mobilisierung von Widerstand gegen den Krieg.»
Die ausgestellten Aufnahmen stammen von Fotografen der Agentur VII, die zwei Tage vor dem 11. September 2001 in New York gegründet worden war. Ihr gehören Antonin Kratochvil, Christopher Morris, Gary Knight, Ron Haviv, Lauren Greenfield, Alexandra Boulat, Christopher Anderson, James Nachtwey und John Stanmeyer an.
Die Ausstellung in Genf ist bewegend und hinterlässt beim Betrachter, bei der Betrachterin ein schales Ohnmachtsgefühl. Auch wenn es Aufnahmen hat, die dank einer gewissen Ästhetik und Verfremdung gar als schön bezeichnet werden können und wir erfahren, dass im Kriegsalltag nicht nur geschossen und gestorben sondern auch gelacht und gespielt wird, zeigt die Vielzahl der Fotos doch die unmittelbare Realität einer düsteren Zeit.
Dokumente eines globalen Konfliktes
Seit den Anschlägen in New York haben die neun Fotografinnen und Fotografen auf unterschiedliche Weise den globalen Konflikt, den Krieg gegen den Terrorismus, dokumentiert.
Die Fotoreise beginnt kurz nach dem 11. September und geht im Juli 2003 zu Ende – mit dem Fall Bagdads. Wir passieren New York nach dem 11. September 2001: Die Fotografien des Kriegsreporters James Nachtwey widerspiegeln die düstere und gespenstische Stimmung nach den Attentaten: Dunkler Rauch, ein Feuerwehrmann sucht in den Trümmern nach Opfern.
Wir reisen durch ein zerstörtes Kabul, das seit Jahrzehnten im Kriegszustand lebt. Weiter geht’s nach Bagdad, das unter dem Bombenhagel der US-Truppen schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Und überall begegnen wir Menschen: Toten, Sterbenden, Verwundeten, Flüchtlingen, Trauernden, verstörten und ängstlichen Frauen und Männern und Kindern, Soldaten und Zivilisten. Und man fragt sich ob all der Grausamkeiten vor Augen, wieviel ein Menschenleben eigentlich wert ist.
swissinfo, Gaby Ochsenbein, Genf
Die Fotoagentur VII wurde am 9. September 2001 gegründet. Ihr gehören Antonin Kratochvil, Christopher Morris, Gary Knight, Ron Haviv, Lauren Greenfield, Alexandra Boulat, Christopher Anderson, James Nachtwey und John Stanmeyer an.
Die Ausstellung «WAR – USA, Afghanistan, Irak» im IKRK-Museum in Genf dauert bis zum 14. August 2005.
Die 54 Bilder dokumentieren die kriegerische Realität nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York und dem Sommer 2003, als Bagdad von den USA und ihren Verbündeten eingenommen wurde.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch