Die globalen Ambitionen der Art Basel
Die Kunstmesse Art Basel öffnet ihre Tore in der Schweiz zum 44. Mal. Vor wenigen Wochen fand die erste Ausgabe des neuen Ablegers in Hongkong statt. Und Art Basel Miami Beach gibt es seit 10 Jahren. Wie sehen Experten diese Expansion im Kunstmarkt?
Als die Art Basel vor zwei Jahren die Mehrheit der Art HK übernahm, brachte sie ihren Schweizer Managementstil und ihre Expertise mit, den die junge Messe für eine Wende brauchte. Mehr Strenge bei der Auswahl der Galerien und eine luftig gehaltene Ausstellung brachten der ersten Ausgabe viel Lob ein, auch wenn die Verkäufe eher gering ausfielen.
«Hongkong ist ein Symbol der Vitalität und Dynamik auf den asiatischen Märkten. Wir sind unseren Kunstkunden hierher gefolgt», erklärte David Saillen, Direktor bei der Axa Art in der Schweiz gegenüber swissinfo.ch bei seiner Einschätzung der Expansion der Art Basel.
«Es ist wie ein Sprungbrett in unterschiedliche Kulturen und Wege der Kunstbetrachtung.» Saillen zeigte sich beeindruckt vom Anteil asiatischer Kunst an der Messe unter Schweizer Leitung.
Von den 245 an der Art Basel Hongkong vertretenen führenden Galerien aus 35 Ländern (verglichen mit 300 Galerien an der Art Basel Schweiz) kamen mehr als die Hälfte aus Asien.
Unter den Galerien fanden sich zahlreiche Top-Galerien aus Europa und den USA wie Gagosian, White Cube, Perrotin oder Lehmann Maupin, die in den letzten Jahren Aussenposten in Asien eröffnet haben, genauso wie solche aus Indien und Australien. «Man kann nicht genug betonen, wie wichtig dieser Markt ist», sagte Saillen.
Nach Angaben der Kunstökonomin Clare McAndrew entfallen allein auf China 25% des globalen Kunstmarktes; 2006 waren es noch 5% gewesen. «Es ist eine wirtschaftliche Realität», unterstrich Saillen.
Die Art Basel ist eine Konstellation verschiedener Veranstaltungen unter demselben Label.
Zur 44. Ausgabe der Art Basel in Basel gehören unter anderem die Art Unlimited, eine Plattform für überdimensionale Kunstwerke, die in diesem Jahr 79 Werke umfasst, mehr als je zuvor.
Weitere Veranstaltungen sind etwa Art Parcours, Kunst im offenen Raum und Performances bekannter und neuer Talente, Art Features, kuratierte Projekte und thematische Ausstelllungen, Art Basel Conversations, Panel-Diskussionen mit führenden Vertretern aus der Welt der Kunst oder Art Film, ein Programm mit Filmen von und über Künstler und Künstlerinnen.
«Bedächtige» Sammler
«Alle bedeutenden Kunstsammler aus Asien waren anwesend», erklärte Nick Simunovic, Direktor der Hongkong-Filiale von Gagosian – eine der weltweit bedeutendsten Galerien – gegenüber swissinfo.ch.
Er glaubt, dass dies auch für Sammler aus Europa gegolten hätte, wäre die Biennale in Venedig in diesem Jahr nicht so früh (4. Juni) gekommen, ganz zu schweigen von Basel kurz danach.
Simunovic ist der Ansicht, die Art Basel sei sehr gut bei dem, was sie tue, sie habe die «Messe-Erfahrung besser gemacht» und eine robuste Mischung von Sammlern aus Indien, China, Japan, Korea und Australien angezogen.
Simunovic wies aber darauf hin, dass der Messe in Hongkong der Rausch und Taumel von Basel und Miami gefehlt habe, wo die Sammler mit Wissen ausgerüstet anreisten, das ihnen gezielte Einkäufe am ersten Tag, wenn nicht gar in den ersten Stunden ermögliche.
«Sammler hier sind bedächtiger, reflektieren mehr», erklärte Simunovic. Saillen teilt diese Meinung und wies darauf hin, Kunstverständnis und Kunstbetrachtung seien in Asien anders als im Westen.
«Es wird interessant sein, zu beobachten, wie sich ihr Blick entwickeln wird», sagte Saillen. Die Sensibilitäten, meinte er, könnten sich gegenseitig beeinflussen, jetzt wo West und Ost unter dem gemeinsamen Dach der Art Basel zusammenkämen.
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Eine Chance für junge Galerien
Mit der Absicht, in den neuen Markt vorzustossen, wagten etliche junge Galerien den Sprung mit der Erweiterung der Art Basel nach Asien.
Alexandra Staehli von Raebervonstenglin, einer Galerie in Zürich, die neue, oft ortsspezifische Werke von jungen Kunstschaffenden zeigt, erklärte gegenüber swissinfo.ch: «Art Basel Hongkong kam für uns genau zum richtigen Zeitpunkt. Der ganze asiatische Raum könnte für unsere Kunst sehr bedeutend werden.»
Amüsiert berichtete sie, dass Besucher und Besucherinnen, die zwar kein Kaufinteresse hatten, jedoch sehr wohl wissen wollten, welche Absichten die Kunstschaffenden verfolgten und wie die Werke, vor allem Skulpturen, gestaltet wurden. «Das passiert nicht überall. Ich fand diese Haltung sehr erfrischend», gestand sie.
Die Marke Art Basel
Obschon sie in erster Linie als Marktplatz funktioniert, hat die Art Basel über die Jahre eine Vielzahl von Nebenaktivitäten entwickelt, die alle Bereiche der zeitgenössischen Kreativität reflektieren sollen. Simon Lamunière war an der Art Basel viele Jahre für Art Unlimited zuständig, bevor er die Zügel der Art Genf übernahm.
Nach seiner Rückkehr aus Hongkong erklärte er, es sei auffällig, wie Art Basel zu einer Marke geworden sei, mit einer Identität, die sich über alles erstrecke, ähnlich wie etwa beim Modelabel Prada, wenn dies einen neuen seiner Läden eröffne.
Was ihm aber auffiel war, wie die verschiedenen Nationalitäten unabhängig voneinander zu arbeiten schienen. «Sie funktionieren wie kleine Mikrokosmen», erklärte er; Amerikaner verkauften an Amerikaner, Chinesen an Chinesen und australische Galerien an Australier.
Ob dies denn nicht den Zweck einer internationalen Kunstmesse verfehle, wollte swissinfo.ch von Florian Berktold wissen. Er ist Direktor von Hauser & Wirth, der bekannten Schweizer Galerie für zeitgenössische Kunst, die neben Zürich mit je zwei Lokalitäten in London und New York vertreten ist.
«In einem globalen Markt braucht es seine Zeit zu lernen, wie die Kunst der anderen zu interpretieren, zu betrachten ist», antwortete Berktold. Doch wenn die Marke Art Basel dazukomme, seien Medieninteresse und Kommunikation grösser und zögen mehr Neugierde nach sich.
Seiner Meinung nach hat die Bedeutung von Kunstmessen in den letzten 20 Jahren erheblich zugenommen. «Kunstmessen sind sehr attraktive Plattformen, wo sich Kunstprofis treffen und bedeutende Dinge präsentieren können – und wo Direktoren von Museen und Medienschaffende diese entdecken können. Es sind auch Orte, an denen man das regionale Publikum beobachten kann.»
«Kunstmessen erzeugen Begeisterung und Energie», sagte Berktold, um zu erklären, wieso Hauser & Wirth trotz der eigenen internationalen Kundschaft an allen Ausgaben der Art Basel und an anderen wichtigen internationalen Veranstaltungen präsent ist. Zurzeit gibt es genug Kunstmessen und Biennalen, um einen Kalender für das ganze Jahr zu füllen.
Doch nicht alle Galerien haben die Mittel, daran teilzunehmen, und viele junge Galerien leiden als Folge davon. Einige verschwinden gar, wie jüngst in Lausanne, als die respektierte Galerie Lucy Mackintosh nach neun Jahren den Kampf aufgeben musste.
Andere Galerien schaffen den Vorstoss auf die offizielle Plattform trotz zahlreicher Versuche nicht: Bei der Art Basel sind es weniger als eine von drei Galerien. Als ein Resultat davon finden in Basel während der selben Zeit vom 10. bis 16. Juni eine Vielzahl anderer Veranstaltungen statt.
Während die 44. Ausgabe in Basel ihre Tore öffnet, bleibt die Frage, ob die Art Basel geschwächt wird, indem sie ihre Netze weiter ausbreitet. Oder ob dies im Gegenteil dazu führen wird, ihre globale Position zu verstärken – und jungen, abenteuerlichen Galerien das Überleben damit noch schwerer machen wird.
Das strikte Auswahlverfahren führt dazu, dass von 1000 Antragstellern pro Jahr nur 300 Galerien für die Art Basel zum Zuge kommen. Um von der Konzentration des internationalen Kunstpublikums während der Woche der offiziellen Messe zu profitieren, finden gleichzeitig eine Reihe von Satelliten-Messen statt.
Liste – Art Fair Basel
Die Liste steht in ihrer 18. Ausgabe. Ursprünglich gedacht für junge Galerien, die Kunstschaffende unter 40 Jahren zeigen, hat die Liste ihr Anforderungsprofil etwas geändert. Sie präsentiert in diesem Jahr 66 Galerien, mehr als 300 hatten sich um einen Platz beworben. Da die Jury aus Kuratoren besteht, ist die Auswahl konzeptioneller als bei anderen der Satelittenmessen.
The Solo-Project in der St.-Jakobs-Halle wurde von Paul Kusseneers aus Antwerpen für andere etablierte Galerien gestaltet. Die Schau in einem eher feindlich anmutenden Betonambiente ist sehr wirkungsvoll, der Besuch führt durch ein Labyrinth von eindrücklichen Einzelausstellungen.
Scope Basel
Obschon Scope Basel als Brutkasten für neue Arbeiten aus einer vorwiegend jungen, internationalen Kunstszene gilt, hat die Schau einen Ruf für Eleganz und Schlichtheit. 75 Aussteller sind dieses Jahr vertreten.
Volta 9
Die Topmesse in Basel für neue und aufstrebende Kunst. Die Messe, die auch eine Schau in New York organisiert, setzt vor allem auf Präsentationen einzelner Kunstschaffender oder Standkonzepte mit zwei Kunstschaffenden. Die diesjährige Ausgabe umfasst 74 Aussteller aus Europa, Nord- und Südamerika, dem Mittleren Osten, Südafrika und Ostasien.
Schweizer Kunst- und Designpreise
Die für Absolventinnen und Absolventen von Schweizer Kunst- und Design-Hochschulen gedachten eidgenössischen Preise werden dieses Jahr zum ersten Mal gemeinsam vergeben. Sie sind ein interessanter Gradmesser für Schweizer Kreativität.
Design Miami
Die Messe Design Miami/Basel, die parallel zur Art Basel im Juni in Basel und im Dezember in Miami stattfindet, ist zu einer hochstehenden Messe für Möbel-, Licht – und Kunst-Design des 20. und 21. Jahrhunderts geworden.
Depot Basel
13 internationale Designer wurden eingeladen, ihre Werke gepaart mit ihren eigenen Zeichnungen und Entwürfen zu zeigen.
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)
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