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Ein Schritt in Richtung Rettung von swissinfo

Der Nationalrat will, dass der Bund 50% der swissinfo-Kosten trägt. Die radikalen Abbaupläne dürften somit hinfällig sein. swissinfo.ch

Die Zukunft von swissinfo sieht wieder etwas heller aus. Die Kosten sollen zur Hälfte vom Bund übernommen werden.

Dies hat der Nationalrat in den Beratungen zum Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) klar festgehalten. Für mehr Aufregung sorgte das Thema Werbung.

Die Grosse Parlamentskammer hat sich am Donnerstag mit 97 zu 63 Stimmen klar für eine hälftige Beteiligung des Bundes an swissinfo ausgesprochen. Die andere Hälfte des Ausland-Angebots soll wie bisher von der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) übernommen werden.

Das Angebot und die Qualität von swissinfo waren weitgehend unbestritten. Auch Minderheitsvertreter Max Binder von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) erwähnte, die Leistung von swissinfo stehe ausser Frage. Die Frage sei einzig, wer das Angebot bezahlen soll.

Keine Schwächung der Stimme der Schweiz

Chiara Simoneschi, Nationalrätin der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP), wies beispielsweise auf die Wichtigkeit von swissinfo für Auslandschweizer als Verbindung zur Heimat hin und betonte die Funktion als «Schaufenster» der Schweiz im Ausland.

Unterstützung erhielt sie auch von Kommissionssprecher Peter Vollmer von der Sozialdemokratischen Partei (SP). Die von der Regierung vorgeschlagene Formulierung, der Bund habe sich nur «in der Regel» zu 50% zu beteiligen, wäre eine «unverständliche Schwächung der Stimme der Schweiz».

Laut Kommunikationsminister Moritz Leuenberger steht die jetzt beschlossene Regelung im Widerspruch zum 2003 beschlossenen Sparprogramm des Bundes.

Positive Reaktionen

Die Reaktionen auf den Entscheid waren weitgehend positiv. «Eine Bestätigung, dass man swissinfo als publizistisches Element für den Standort Schweiz will», sagte swissinfo-Direktor Beat Witschi.

«Ich bin sehr zufrieden in diesem Punkt», betonte SRG-Generaldirektor Armin Walpen gegenüber swissinfo. «Es ist klar, wenn nun auch der Ständerat so entscheiden sollte, hat das natürlich Auswirkungen auf den Entscheid, den wir im März dieses Jahres getroffen haben.»

Im März hatte die SRG einen radikalen Abbau von swissinfo beschlossen, der auch zu vielen Entlassungen geführt hätte. Diese Pläne hatten weltweit zu geharnischten Protesten von Auslandschweizer-Gemeinden geführt. «Wir werden nicht diesen Personalabbau machen müssen, der ursprünglich geplant war», versprach Walpen.

Erleichterte Auslandschweizer

Rudolf Wyder, Direktor der Auslandschweizer-Organisation (ASO), äusserte grosse Genugtuung und wertete den Entscheid der Grossen Kammer als klares Bekenntnis für swissinfo. «Die Diskussion nach der Ankündigung der Sparpläne für swissinfo hatte den positiven Effekt, dass viele Politiker swissinfo jetzt kennen.»

Der Ständerat, die Kleine Kammer, wird voraussichtlich noch in der Wintersession im Dezember über die zukünftige Finanzierung von swissinfo entscheiden.

Gebührensplitting

Bei der Differenzbereinigung des RTVG hat der Nationalrat auch beschlossen, dass Privatradios und Privatfernsehstationen je 4% der SRG-Empfangsgebühren erhalten sollen.

Die 4% machen für die Privatradios 16 Mio., für die Privat-TV 28 Mio. Franken aus. Der Ständerat wollte für die Radios 3 bis 5% und für die TV-Sender 2 bis 5% einsetzen.

Bundesrat Moritz Leuenberger votierte vergebens gegen einen Mindestanteil, der unabhängig von den Bedürfnissen ausgeschüttet werden muss.

Er hätte sich einen Höchstbetrag von 4% gewünscht. Ein fixer Anteil gebe der SRG Planungssicherheit, argumentierte der sozialdemokratische Kommissionssprecher Peter Vollmer.

Werbung

Bei der Werbeordnung für private Radio- und Fernsehstationen hat der Nationalrat wieder einen Schritt rückwärts gemacht. Er entschied sich dafür, religiöse und politische Werbung weiterhin zu verbieten.

Die finanzstarken Gruppen dürften aus staatspolitischen Gründen keinen Vorteil bei Wahlen und Abstimmungen erhalten, sagte Leuenberger.

Auch der Antrag der vorberatenden Kommission, wenigstens den Privatradios politische Spots zu erlauben, wurde mit 92 gegen 82 Stimmen abgelehnt.

Kein Sponsoringverbot für SRG-Radios

Das Werbeverbot für Alkoholika gilt nicht nur für die SRG, sondern wird neu auch auf die privaten nationalen oder sprachregionalen TV-Stationen und auf die ausländischen Werbefenster ausgedehnt. Damit können nur die Lokalradios und die Lokal-TV-Stationen für Bier, Wein und Most werben.

Ein Sponsoringverbot für die Radios, das der SRG einen Einnahmenverlust von 15 Millionen gebracht hätte, lehnte der Nationalrat mit 105 zu 54 Stimmen ab. Der Bundesrat kann aber das Sponsoring in den Radio- und Fernsehprogrammen einschränken. Vollmer rügte, dass Werbung und Sponsoring zu oft vermischt würden.

swissinfo, Christian Raaflaub und Agenturen

Die wichtigsten Neuerungen des RTVG:
klare Trennung zwischen Service public und privatem Angebot
erleichterte Konzessionsbedingungen für private Veranstalter
eine neue Behördenorganisation (Schaffung einer unabhängigen Kommission und eines unabhängigen Beirats für die SRG)
eine neue Sponsoring- und Werbeordnung
—————————–
Beim Alten bleibt:
die Gewährleistung des Service public durch die SRG
die Unterstützung des Service public auf nationaler und sprachregionaler Ebene
die Gebühren zur Finanzierung des Service public

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