Ein Vierteljahrhundert für die Literatur
Die Solothurner Literaturtage feiern ihren 25. Geburtstag mit einem üppigen Programm.
Das mehrsprachige Programm ist international ausgerichtet und bietet kleinen und grossen Lesebegeisterten viel Stoff.
Die Jubiläumsausgabe der 25. Solothurner Literaturtage kommt in einem bunten, weltumspannenden Gewand daher. Keine Spur von Langeweile, keine Spur von schwarz-weiss oder gar elitärem Gehabe, wie gerne in Sachen Literaturveranstaltungen moniert wird.
Mit rund 100 Veranstaltungen an über einem Dutzend verschiedenen Schauplätzen bieten die vier Tage Literatur genügend Lesestoff und Anregung für jedes Temperament. In allen vier Landessprachen notabene.
Daneben sind Frankreich, Belgien, Russland, Kanada, Iran, Irak und Israel weitere Herkunftsländer.
Literarische Matinée in der Stadtkirche
Menschen an die Literaturtage locken und gleichzeitig die Literatur zu den Menschen bringen. Dieses Credo ist für die Solothurner Literaturtage nicht neu, doch noch nie wurde der zweite Teil derart konsequent umgesetzt.
So sind erstmalig auch die drei grossen Kirchen Solothurns Begegnungsorte des geschriebenen und rezitierten Wortes.
Am Auffahrts-Donnerstag eröffnet Gret Haller eine literarische Matinée in der Reformierten Stadtkirche. Die ehemalige Menschenrechtsbeauftragte für Bosnien-Herzegowina (1996-2000) stellt dabei die Menschenwürde in den Mittelpunkt.
Gleichentags liest Klaus Merz, Erzähler und Lyriker, zur literarischen Vesper in der Christ-katholischen Franziskanerkirche. Und die Schriftstellerin Maja Beutler wird am Samstag in der St. Ursen-Kathedrale zu hören sein.
«Jüngstleser» im Stadttheater
Eine weitere Station, in der Literatur gelebt wird, ist das Stadttheater Solothurn.
Hier werden Jung- und Jüngstleserinnen respektive Zuhörer ab 5 Jahren in die Welt der Wörter entführt, und zwar von bekannten Namen aus der Schweizer Kinderbuchszene wie Lorenz Pauli, Linard Bardill, Hansjörg Schertenleib und Werner J. Egli.
Später gehört die Bühne wieder den Erwachsenen. Dem dramatischen Wort wird Gehör verliehen. Neue Theatertexte stehen hier im Vordergrund. Vorgelesen von Schauspielerinnen und Schauspielern, Profis, was dem Hörgenuss zugute kommen dürfte.
Zwischen Landhaus und Hotel Kreuz geht die «Literatur querbeet in die Altstadt», so nennt sich das Programm für (Kurz-)Lesungen. Ob bewusst oder unbewusst, hier werden alle «Vorbeihaschenden und Huschenden» wortwörtlich eingedeckt werden.
Neuheiten und eine Mundartnacht
Auch bisher Unbekanntes kommt in Solothurn zum Zuge. Im Rahmen der Schweizer Werkschau werden unter anderem Ruth Schweikert, Urs Widmer, Adolf Muschg, Christina Viragh ihre neuen Texte dem Publikum vorstellen.
Die französischsprachige Schweiz ist mit Thomas Bouvier, Sylvaine Chatelaine, Noëlle Revaz und anderen vertreten. Für das Rätoromanische steht Dumenic Andry, in italienischer Sprache lesen neben anderen Fleur Jaeggy und Giuseppe Curonici.
Ganz der Poesie und der Sperrigkeit der Mundart ist «Gägäwart – die Mundartnacht» gewidmet. Versprochen wird ein SPRECHspektakel. Lautes und Leises, Geschliffenes und Ungehobeltes, Improvisiertes und Langerprobtes sollen diesen Abend unvergessen machen.
Angesprochen sind jüngere Buchstabenfreaks und ABC-Verrückte. Folgerichtig wird die PP, die Poesieparty, in der Kulturfabrik Kofmehl eröffnet und mit einem DJ-Auftritt abgerundet.
Literarisches Vermitteln aus dem Orient
Interessantes verspricht auch das Podium mit zwei Autoren und einer Literaturvermittlerin aus dem Orient. So thematisieren Navid Kermani, ein Exil-Iraner, und Mona Yahia, eine Exil-Irakerin, das Zusammenprallen verschiedener Kulturen in ihren Texten.
Reiseliteratur und Übersetzungen
Flankiert werden die reichhaltigen Soloturner Literaturtage von zwei beachtenswerten Ausstellungen. Zum einen ist da: «4×1=1**** Übersetzen in vier Landessprachen». Hier wird dem sprachlichen Brückenschlag, der in der Schweiz eine wichtige Funktion einnimmt, Platz eingeräumt.
Diese Ausstellung, die erstmals am Salon du livre in Genf zu sehen war, ist jetzt in Solothurn zu Gast und macht später noch in Zürich Halt.
Die zweite Ausstellung lädt im wahrsten Sinne des Wortes zu literarischen Reisen ein. Gefrönt wird dem Genre der Reiseliteratur. Nicolas Bouvier, Ella Maillart und Annemarie Schwarzenbach, drei der wichtigsten Reiseliteraten Helvetiens, entführen aus der Schweiz in die weite Welt.
Texte im Netz
Wen jetzt die Leselust so richtig gepackt hat, dem sei das Opennet empfohlen. Hier finden sich alle Texte jener bislang unbekannten Schreibenden, die sich für den Online-Wettbewerb 2003 angemeldet hatten.
Nun sind die Entscheide der Jury gefallen. Das heisst, acht Texte werden in Solothurn von ihren Schöpfern und Dichterinnen einem breiten Publikum vorgestellt werden.
swissinfo, Brigitta Javurek
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