Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Englisch ist nur zweite Wahl im Geschäftsleben

Bei der Arbeit wird Deutsch und Französisch öfter gesprochen als Englisch. Keystone

Englisch wird in Schweizer Betrieben seltener gesprochen als vermutet. Eine Studie zeigt, dass Deutsch und Französisch wichtiger sind.

Das Ergebnis der Studie ist brisant und wirft ein neues Licht auf die hitzige Debatte über die Einführung von Frühenglisch an Schweizer Schulen.

In 60 Prozent der Betriebe in der Schweiz wird Englisch nie oder nur selten geschrieben und in rund der Hälfte der Unternehmen nie oder selten gesprochen.

Zu diesem Überraschenden Ergebnis kommt die erste repräsentative Untersuchung über den Gebrauch von Fremdsprachen bei Unternehmen. Dafür hat die Fachhochschule Nordwestschweiz 2000 Betriebe und deren Mitarbeiter gefragt, wie und wann sie welche Fremdsprachen im Berufsalltag verwenden.

Das Resultat beweise, dass trotz zunehmender Globalisierung die Landessprachen für die Schweizer Wirtschaft wichtiger seien als Englisch, sagte der Leiter der Studie, Markus Andres, gegenüber der «NZZ am Sonntag».

«80 Prozent unserer Firmen sind kleine und mittelgrosse Unternehmen. Sie stehen im täglichen Kontakt mit Betrieben und Kunden in anderen Landesteilen, Italien, Deutschland, Österreich oder Frankreich, und nicht mit dem Broker in New York», so Andres weiter.

Italienisch bedroht

Die Hälfte der Betriebe aus der Romandie und fast 70% aus der italienischsprachigen Schweiz verwenden Deutsch mindestens einmal in der Woche. In der Deutschschweiz liegen Englisch und Französisch fast gleich auf: rund 40% der Betriebe brauchen die beiden Sprachen regelmässig.

Die Studie kommt zudem zum Schluss, dass die italienischsprachige Schweiz befürchten müsse, dass ihre Sprache gegenüber dem Englisch an Bedeutung verliert. Lediglich ein Viertel der deutschsprachigen Betriebe und jedes siebte Unternehmen in der Romandie sprechen wöchentlich Italienisch. Dagegen wird in 70% der italienischsprachigen Konzerne wöchentlich oder öfter Deutsch und in der Hälfte der Betriebe Französisch gesprochen.

Sprechhemmungen

Dem Sprachunterricht an Schweizer Schulen gaben die befragten Arbeitnehmenden schlechte Noten. Trotz der vielen Jahre Unterricht hielten 41% sie ihre Fremdsprachenkenntnisse für ungenügend. Viele trauten sich kaum zu, in einer anderen Landessprache ein Bier zu bestellen, sagte Andres der «NZZ am Sonntag» weiter.

Gleichzeitig schätzten 87% der Befragten gute Sprachkenntnisse im Berufsleben als unerlässlich ein. Zwei Drittel von ihnen wären bereit, sich weiterzubilden. In 61% der Betriebe erhalten sie dabei jedoch keine Unterstützung.

Uneinigkeit über erste Fremdsprache

Bei der Frage, ob an den Schweizer Schulen zuerst Englisch oder eine zweite Landessprache unterrichtet werden solle sind sich die verschiedenen Sprachregionen nicht einig.

Für Englisch als erste Fremdsprache sprachen sich 53% der Deutschschweizer Unternehmen aus. Eine andere Landessprache dagegen zogen 80% der italienischsprachigen und 55% der Betriebe in der Romandie vor.

Obwohl die Mitarbeitenden ihre Sprachkenntnisse als ungenügend erachten, gab es in nur jedem siebten Unternehmen Probleme wegen Fremdsprachen.

Die Unternehmen klagten vor allem über die Verlangsamung von internen Arbeitsprozessen und über Missverständnisse, die zu Konflikten geführt hätten.

Daraus zog Markus Andres den Schluss, dass mit einer gezielten Förderung der Fremdsprachenkompetenz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern viel Geld gespart werden könnte.

swissinfo und Agenturen

Wohnbevölkerung nach Hauptsprache 2000:
Deutsch 63,7%
Französisch 20,4%
Italienisch 6,5%
Rumantsch 0,5%

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