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Schweizer Hilfe gegen Corona-Fake-News

Solidar Suisse

Gerüchte und Falschinformationen breiten sich in Afrika und Lateinamerika schneller aus als das Coronavirus. Zum Schutz der Bevölkerung und zur Bekämpfung der Ausbreitung des Virus setzen zwei Schweizer Organisationen auf Medienprojekte.

«Das Virus kann in Afrika nicht überleben.»

«Ein Prediger hat gesagt, er könne Covid-19 heilen.»

«Corona greift nur Schwache an.»

«Das Virus ist eine Erfindung des Westens.»

Das Coronavirus ist im globalen Süden angekommen und mit ihm eine Fülle an «Fake-News» und Gerüchten. Fast jedes Land in Afrika und Lateinamerika meldet Infektions- und Todesfälle. Die Zahlen sind noch vergleichsweise niedrig, jedoch haben bereits mehrere Länder Ausgangssperren verhängt. Sie befürchten einen Infektions-Tsunami, der die Gesundheitssysteme ausser Gefecht setzen könnte. Gerade während Ausgangssperren sind neue und alte Medien die einzige Quelle für gesicherte Informationen.

«Hohe Glaubwürdigkeit» 

Schweizer Entwicklungsorganisationen gehen nun gegen Falschinformationen vor. Sie bauen dabei auf jahrzehntelanger Erfahrung auf. So etwa die humanitäre und Entwicklungsorganisation Solidar Suisse. Sie hat mit Informationen zu Themen wie demokratische Rechte oder Gewalt gegen Frauen über die Jahre an Bekanntheit gewonnen und «geniesst nun eine sehr hohe Glaubwürdigkeit», sagt Klaus Thieme, Leiter der Entwicklungszusammenarbeit bei Solidar Suisse. «Das ist in der jetzigen Situation essentiell.»

Nun intensiviert Solidar Suisse die Hygienekampagnen, die bereits vor der Ausbreitung des Virus liefen, in allen Einsatzländern. In Bolivien nutzt die Organisation auch eine vor 16 Jahren geschaffene gezeichnete Kunstfigur. «Doctora Edilicia» verbreitet während der Pandemie lebenswichtige Botschaften und Informationen.

Einsatz für Doctora Edilicia

In vielen Einsatzländern werden irreführende Informationen über Ursache und Behandlung von Covid-19 von unterschiedlichen Quellen verbreitet, sagt Thieme. «Manchmal von Regierungsseite, manchmal von Scharlatanen und religiösen Fanatikern, durchaus aber auch durch das unbekümmerte Teilen von Gerüchten durch die Bevölkerung.»

Doctora Edilicia kontert diese Falschinformationen über Facebook, in Radiospots und in Zeitungen. Sie wird durch ein weiteres Solidar-Suisse-Projekt unterstützt: «Bolivia Verifica» prüft News auf ihren Wahrheitsgehalt und verbreitet unter anderem durch Doctora Edilicia faktenbasierte Informationen.

Auf Facebook erklärt sie einem Teenager, dass das Virus nicht nur «Schwache» betrifft und erklärt in einem Radiospot einer Frau, weshalb Hygienemassnahmen wichtig sind. Ihre Botschaft, «Ich glaube nicht, dass Sie ein Verbündeter dieses Virus sein möchten», wird mit Hashtag #DeVosDependemos («Wir verlassen uns auf Sie») verbreitet.

Kampf gegen häusliche Gewalt 

Die Doctora weist auch darauf hin, was die Ausgangssperre für viele Frauen in Bolivien bedeutet: Sie sind nun mit Tätern der häuslichen Gewalt den ganzen Tag eingesperrt. Sie ruft Menschen dazu auf, mit Frauen in ihrer Umgebung Kontakt aufzunehmen und gibt Kontaktnummern und Anlaufstellen an, wo sich Frauen Hilfe holen können. «Fordern Sie sie auf, Hilfe zu holen und helfen Sie ihr, damit sie sich in diesen Tagen nicht alleine fühlt.»

Lange Liste der Falschinformationen

Auch in Partnerländern der Fondation Hirondelle ist die Liste der Falschinformationen «leider sehr lang», sagt Caroline Vuillemin, Leiterin der Stiftung mit Sitz in Lausanne. Die Organisation arbeitet seit 25 Jahren vorwiegend in frankophonen Ländern Afrikas, wo derzeit verschiedene Gerüchte kursieren:

  • dass das Virus eine Erfindung des Westens sei, um Massenimpfungen durchzuführen
  • oder der eigenen Regierung, damit diese UNO-Gelder einkassieren können
  • oder dass man sich nur den Bart rasieren
  • oder jeden Tag Heissgetränke konsumieren müsse, um sich vor Covid-19 zu schützen.

Die Radiostationen und Produktionsstudios, die Hirondelle über Jahre aufgebaut hat, werden nun für die Verbreitung von faktenbasierten Nachrichten und Informationen zum Virus genutzt. Die Stiftung arbeitet in fragilen und von Konflikten betroffenen Ländern, wo verlässliche Nachrichten oft Mangelware sind.

«Wir haben schon früher länderübergreifende Kampagnen geführt, aber das ist das erste Mal, dass wir mit einer solchen globalen Krise konfrontiert sind, die alle unsere Partnerländer gleichzeitig betrifft», sagt Vuillemin. «Diese Kampagne ist eine der grössten, die wir seit der Gründung durchgeführt haben.»

Von Burkina Faso bis zur Zentralafrikanischen Republik, von Niger bis Madagaskar produzieren und senden Hirondelles Studios und Radiostationen mehrmals wöchentlich Bulletins mit Informationen zu Verhaltensregeln und Hygienemassnahmen und rufen Zuhörerinnen und Zuhörer in Radio-Talk-Shows auf, mit ihren Fragen anzurufen.

Externer Inhalt

Das Studio Hirondelle RDC in der Demokratischen Republik Kongo nutzt auch Social-Media-Kanäle, um die Bevölkerung mit ihren Botschaften zu erreichen. «Das Virus ist echt. Es tötet. Es ist nicht rassistisch. Es trifft Weisse und Schwarze. Arme und Reiche. Politiker und Berühmtheiten», sagt die junge Reporterin in einem YouTube-Clip. «Seid verantwortungsbewusst. Wenn jeder sich schützt, schützen wir uns alle.»

Gute Informationen für alle 

In allen Programmen sind journalistische Grundregeln und Faktenchecks zentraler Bestandteil der Arbeit der Reporterinnen und Reporter, sagt Vuillemin. «Unser Ziel ist es, mit einer zeitnahen und umfassenden Informations- und Sensibilisierungskampagne auch weniger gut ausgebildete Menschen zu erreichen, weshalb wir Inhalte nicht nur auf Französisch, sondern auch in Lokalsprachen produzieren.» 

© Gwenn Dubourthoumieu / Fondation Hirondelle

Gerade in den afrikanischen Ländern, die bereits durch andere Krisen und Konflikte geschwächt sind, sei das von grosser Wichtigkeit, sagt sie. In diesen Ländern könnte die Pandemie und die damit einhergehende «Epidemie der Falschinformationen» Konflikte schüren oder wieder aufflammen lassen. «Die Sendungen sollen die Menschen auch in dieser Zeit der Isolation begleiten und die Solidarität in der Bevölkerung fördern», sagt Vuillemin.

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