Expo: Ein einig Volk flanierend
Die Stimmung war gut, das Erlebnis vordergründig, die Expo massentauglich. Inhaltliche Skandale gab es keine.
Hat es sich damit? Und hat es sich gelohnt? Erste Bilanzen.
«Es war eine sehr witzige Anregung, um über unsere Zeit und über unsere Stellung in der Zeit nachzudenken», sagt der Kabarettist und Autor Franz Hohler gegenüber swissinfo über die Landesausstellung.
«Die Expo war ein Zeichen der Begegnung, mit einer friedlichen, gelassenen, geselligen Stimmung, die man überall spürte», meint die CVP-Nationalrätin Lucrezia Meier-Schatz, Expo-Befürworterin.
Die Grüne Nationalrätin und Expo-Kritikerin Franziska Teuscher hofft zumindest, dass alle Besuchenden gute Erlebnisse hatten. «Und dass sie vielleicht zum ersten Mal die Dreiseen-Region kennen gelernt haben.»
Ein Land in Einklang
Hohler erlebte auf der Expo seine Landsleute neu: «Ich habe sehr viele Schweizerinnen und Schweizer in einer Art erlebt, wie ich sie gar nicht kannte: als flanierendes Volk. Wir haben uns selbst spazieren geführt.»
Jürg Altwegg, Schweizer Autor und Redaktor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, sagt: «Wichtig war die Kultur, die gezeigt wurde. Sie hat mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen von dieser guten Stimmung, von diesem Land, das wieder in Einklang mit sich gekommen ist.»
Leidensgeschichte mit Happy-End
Für Altwegg, der aus dem Ausland die Schweiz beobachtet, kam die Expo genau im richtigen Moment – nach der vom Kulturbetrieb boykottierten 700-Jahr-Feier 1991, der nicht-existenten Schweiz an der Weltausstellung in Sevilla und der Aufarbeitung der eigenen Geschichte in den 90er-Jahren.
Aber sogar im kürzeren Zeitrahmen als dem vergangenen Jahrzehnt war der Moment richtig. «Die Expo hätte ja schon 2001 stattfinden sollen. Man stelle sich vor, was dann passiert wäre: Die Expo im Sommer – und dann im Herbst das Attentat in Zug, das Swissair-Grounding, der Gotthard-Brand», sagt Altwegg. «Das wäre eine richtige Apokalypse zum Schluss gewesen. Die Entstehungsgeschichte aus Pleiten und Pannen war ein Glücksfall.»
Dass es zum Glücksfall kommen würde, war mehr als fraglich. «Ich hatte nicht viel erwartet von der Expo, weil ich die unendlich mühsame Vorgeschichte mitverfolgt habe», sagt Hohler. Er habe einen Haufen Kompromisse erwartet, sei dann aber überrascht gewesen über die Radikalität des künstlerischen Anspruches.
Massengeschmack auf Beliebigkeits-Arteplages
Künstlerisch mag die Expo anspruchsvoll gewesen sein; Skandale hat sie keine provoziert – für Teuscher durchaus ein Negativpunkt. «Die Ausstellungen, die ich gesehen habe, waren alle sehr nett, sehr attraktiv, aber angeeckt sind sie nirgends. Man hätte kritischer sein können und nicht nur auf Mainstream machen sollen», kritisiert Teuscher.
Das sieht auch Altwegg so. «Die Expo hätte sicher mehr provozieren müssen. Das Problem ist, wie soll man heute provozieren?» Er hält einzelnen Produktionen aber auch zugute, dass sie vor zehn Jahren durchaus noch einen Skandal ausgelöst hätten.
«Was passiert wäre, wenn man mit einem ganz grossen Schocker empfangen worden wäre, weiss ich nicht. Und ich weiss auch nicht, wie sinnvoll das gewesen wäre», gibt Hohler zu bedenken. Zudem: «Es kommt drauf an, wo man hingeht, und was man sich ansieht. Den Pavillon über Geld fand ich sehr interessant und nicht einfach.»
Keinen Grund für diese Diskussion sieht Nationalrätin Meier-Schatz aus St. Gallen: «Das Ziel der Landesausstellung lag mit Recht nicht in der Provokation, sondern in der Vermittlung von Anregungen und Lebensinhalten. Sie sollte auch – und das gelang ihr – Geselligkeit ermöglichen», sagt sie.
swissinfo, Philippe Kropf
Im Gespräch:
Franz Hohler, Kabarettist
Jürg Altwegg, Autor
Lucrezia Meier-Schatz, CVP-Nationalrätin
Franziska Teuscher, Nationalrätin Grüne
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