Der neue Direktor des internationalen Filmfestivals in Locarno, dessen 58. Ausgabe am Samstag zu Ende ging, ist der Neuenburger Frédéric Maire.
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Der 44-jährige Filmjournalist und Regisseur tritt die Nachfolge von Irene Bignardi an, die diesen Posten während fünf Jahren bekleidet hatte.
Festivalpräsident Marco Solari gab die Wahl einen Tag nach Abschluss des 58. Filmfestivals vor den Medien in Locarno bekannt. Die Wahl sei einstimmig erfolgt, sagte Solari. Maire werde sein Amt am 1. Oktober antreten.
Er habe einen Dreijahresvertrag erhalten, der anschliessend jährlich erneuert werden könne. Der neue Direktor, der mit einer Spanierin verheiratet ist und eine Tochter hat, werde in Locarno Wohnsitz nehmen.
Zugleich wurde bekannt, dass Maire kein Vizedirektor zur Seite gestellt wird. Er wolle mit einer Gruppe von Experten arbeiten, sagte Maire. «Ein Festival ist eine Gruppenarbeit», betonte er.
Blockbuster auf der Piazza
Maire bedankte sich für das Vertrauen und versprach Kontinuität: «Das Festival hat sich immer damit befasst, was sich gerade in der Film-Welt entwickelt – Locarno wird so weiter machen.».
Seine Programmvorstellungen umfasst auch Populäres: Auf der Piazza sollten in Zukunft auch wieder «Blockbuster» ihren Platz haben, wenn sie wichtig seien.
Er lobte auch seine Vorgängerin Irene Bignardi: «Ich fühle mich geehrt, die Aufgabe von Irene zu übernehmen. Sie ist eine grosse cinematische Figur.»
Kein Überraschungs-Coup
Die Ernennung Maires war keine Überraschung mehr, nachdem sich die anhaltenden Spekulationen auf den Journalisten verdichtet hatten. Ein Teil der Tessiner Presse hatte die Wahl schon in den Vortagen angekündigt.
Maire hat ab 1979 für das Westschweizer Fernsehen Kurzfilme realisiert. Seit 1983 ist er Filmjournalist. 1992 hat er den Kinderfilmclub «Zauberlaterne» mitbegründet, der seither erfolgreich betrieben wird. Seit 1986 hat er am Filmfestival Locarno verschiedene Funktionen innegehabt.
Verschärfte Struktur-Probleme
Mit der Leitung des Filmfestivals Locarno wartet eine grosse Aufgabe auf Maire. In den vergangenen fünf Jahren strebte seine Vorgängerin, die Italienerin Irene Bignardi, danach, die Veranstaltung in Locarno in die oberste Liga der Filmfestivals zu führen. Ihr Verdienst ist es auch, das Human Rights Programm gefördert und erweitert zu haben.
Verschärft hat sich in ihrer Amtszeit das Problem mit den Strukturen Locarnos, auf operativer Ebene ebenso wie im Bereich der Hotellerie. So musste dieses Jahr infolge Schliessung mehrerer Hotels in Locarno die Beherbergung von geladenen Gästen, Einkäufern und Medienleuten nach Ascona ausgelagert werden.
Ein Gesamtprogramm von 340 Titeln, verstreut auf zahlreiche Säle wurde für die Interessierten zum Hindernislauf.
Romandie stärker berücksichtigt
Die Schweizer Kultur- und Filmszene hat sich in den vergangenen Monaten stark verändert: Wichtige Akteure stammen neu aus der Westschweiz.
So wurde im Frühling Jean-Frédéric Jauslin als Chef des Bundesamts für Kultur (BAK) nominiert. Der Neuenburger ernannte den Genfer Nicolas Bideau zum Leiter der Sektion Film. Jetzt stammt auch der Direktor des grössten Filmfestivals der Schweiz aus der Romandie.
swissinfo und Agenturen
Das Festival in Locarno ist das grösste Schweizer Filmfestival. Die 58. Ausgabe dauerte vom 3. bis 13. August. Filme aus 38 Ländern wurden gezeigt. Auf der Piazza Grande mit 7000 Plätzen wurden 18 Filme gezeigt. 17 Filme waren für den internationalen Wettbewerb ausgewählt.
Der Neuenburger Frédéric Maire ist 44 Jahre alt.
Er arbeitet als Filmjournalist und Filmkritiker.
1992 war er einer der Mitbegründer des Kinder-Filmclubs «Zauberlaterne».
Seit mehreren Jahren hat Maire in Locarno mitgearbeitet. Er war einer der engen Mitarbeiter von Irene Bignardis Vorgänger Marco Müller.
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