Gold für Herzog & de Meuron
Das Schweizer Architekten-Duo Herzog & de Meuron konnte in London die Königliche Gold-Medaille des Royal Institute of British Architects (RIBA) entgegennehmen.
Jury-Präsident Jack Pringle lobt im Gespräch mit swissinfo den Mut, die ausserordentliche Kreativität und die hohe Qualität der beiden Architekten aus Basel.
Die beiden Stararchitekten haben die Auszeichnung für ihr umfangreiches Gesamtwerk erhalten, und nicht nur für die viel gerühmte Tate Modern Gallery für moderne Kunst an der Londoner Bankside, die sie im Milleniumsjahr aus einem Elektrizitätswerk an der Themse realisiert hatten.
«Jacques Herzog & Pierre de Meuron gehören zu den besten Architekten der Welt», sagt RIBA-Präsident Jack Pringle. Speziell an ihnen sei die Zusammenarbeit mit Künstlern, aber vor allem die Art, wie sie ein Projekt angingen.
«Sie fangen immer bei Null an, packen das Problem an der Wurzel. Sie prüfen die Zusammenhänge, die Bedürfnisse und kommen oft zu einer brillanten Lösung.»
«H & de M sind untrennbar»
Jack Pringle ist überzeugt, dass die Verbundenheit mit Basel, wo das Büro ansässig ist, und die enge Partnerschaft der beiden Preisträger, die sich seit Kindsbeinen kennen, für den Erfolg mitverantwortlich sind. «Sie pflegen eine echte Partnerschaft. Herzog & de Meuron sind untrennbar.»
Rar und bewundernswert sei auch, dass Herzog & de Meuron keine Stilisten seien, keinen typischen Stil hätten. «Man sieht nicht, dass es ein H & de M-Bau ist, man sieht einfach, dass er gut ist», betont Pringle.
Die Kombination einer starken intellektuellen, aber auch künstlerischen und technischen Basis sei typisch für Schweizer Architekten. In diesem Sinne seien die zwei Preisträger schweizerisch.
In ihrer Kreativität könne man jedoch nicht erkennen, ob sie jetzt Schweizer, Deutsche oder Franzosen seien. «Sie erinnern mich an Super-Studenten, die sich mit starkem Willen, sowie voller Energie und Risikobereitschaft an die Sache ranmachen.»
Den Einfluss der Beiden auf die britische Architektur bezeichnet Pringle als gering, da sie keinen eigenen Stil pflegten. «Sie werden von britischen Architekten aber bewundert und üben eine gewisse Inspiration aus.»
Der RIBA-Präsident ist des Lobes voll für die beiden Basler Partner, die er vor der Preisübergabe noch nie getroffen hat. Viele ihrer Bauwerke und Projekte kennt er aber sehr wohl.
Kein typischer Stil, viele Kontraste
Angetan ist er vom Prada-Gebäude in Tokio: «Er ist grosse Klasse, der Bau selber ist Haute Couture und gehört zu den bewundernswertesten Gebäuden, in denen ich je war.»
Auch das Münchner Fussball-Stadion, die Allianz Arena, mit den Farben, die je nach Gastgeberteam in Rot, Blau oder Weiss wechseln, findet er grossartig. «Die Idee ist naheliegend, Herzog & de Meuron haben sie umgesetzt.»
Ebenso erwähnt Jack Pringle das Stadion in Peking, das sich zur Zeit im Bau befindet und in die Geschichte eingehen werde. «Es hat die Aufgabe, die Geburt der neuen Supermacht China zu verkünden. Dies ist das Ziel der Olympischen Spiele 2008 in Peking.»
Besonders gefällt ihm das Laban Tanzzentrum bei London, das den Schweizer Architekten 2003 den Sterling-Preis eintrug. «Ein sehr schönes und feminines Gebäude, das mit seinem farbigen Aluminium einem Negligée gleicht.»
London habe somit zwei Herzog & de Meuron-Gebäude, die unterschiedlicher nicht sein könnten: «Der Umbau dieses riesigen Industriegebäudes in eine mächtige Galerie für moderne Kunst mit diesem massiven Turbinenraum, auf der anderen Seite dieses neue und zarte Gebäude für Balett.»
Tate Modern 2
Pringle liebt Kontraste, so auch die von Herzog & de Meuron entworfene Erweiterung der Tate Modern, die auf die Olympischen Spiele im Jahr 2012 fertiggestellt sein soll. Vorgesehen ist eine gigantische Glaspyramide auf elf Stockwerken, Kostenpunkt gegen 500 Mio. Franken.
Begründet wird die geplante Erweiterung mit dem unerwartet hohen Publikumszustrom. Das Bedürfnis für mehr Ausstellungsfläche sei vorhanden, sagt der RIBA-Präsident.
«Die Tate ist sehr erfolgreich, das Gebäude ist Teil davon. Sie hat unter den Londonern und anderen Besuchern einen sensationellen Hunger auf Kunst geweckt. Es braucht Raum für neue Künstler, neue Werke und Sammlungen.»
swissinfo, Gaby Ochsenbein, London
Jacques Herzog und Pierre de Meuron wurden beide 1950 in Basel geboren.
Die beiden kennen sich seit ihrer Kindheit.
1978 gründeten sie ein gemeinsames Architekturbüro.
Das Unternehmen in Basel hat heute über 200 Mitarbeitende aus rund 20 Nationen.
Niederlassungen gibt es in London, München, San Francisco, Tokyo und Peking.
2001 erhielt H & de M den Pritzker-Preis, den Nobel-Preis der Architektur,
2003 den Sterling-Preis für das Laban Dance Centre,
2007 die Royal Gold Medal der RIBA in London.
– Tate Modern Extension, London (2005-2012)
– Roche Hochaus Basel (2006-2011)
– Miami Art Museum (2006-2010)
– Ganze Stadtquartiere in Schanghai und Jinhua
– Olympisches Stadion, Peking (2008)
– Fussballstadion München, Allianz-Arena (2005)
– Forum Barcelona (2004)
– Schaulager Münchenstein, Basel (2003)
– Prada-Gebäude, Tokio (2003)
– Laban Dance Centre, London, (2003)
– St. Jakob-Stadion, Basel ((2001)
– Tate Modern Gallery, London (2000)
– Ricola-Verwaltungsgebäude, Laufen BL (1999)
– Dominus Weingut, Nappa Valley, Kalifornien (1997)
und viele mehr
Nach Le Corbusier im Jahr 1953 sind Jacques Herzog und Pierre de Meuron die einzigen Schweizer, die je mit der Royal Gold Medal ausgezeichnet wurden – einer der weltweit wichtigsten Auszeichnungen.
Die Royal Gold Medal wurde 1848 von der britischen Königin Victoria ins Leben gerufen und wird jedes Jahr für Arbeiten verliehen, welche die Architektur international beeinflusst haben.
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