Hodler, Meister mythischer Feierlichkeit
Die Ausstellung "Ferdinand Hodler: Landschaften", die im letzten Jahr in Genf zum 150. Geburtstag des Malers zu sehen war, gastiert nun auch in Zürich.
Gleichzeitig kommt ein Dokumentarfilm in die Kinos, der vier heutige Begegnungen mit dem Maler-Monument zeigt.
Die Landschaften, «die ewige Schönheit der Natur» zeigend, stehen am Anfang des Werkes von Ferdinand Hodler. Er wurde 1853 in Bern geboren und starb 1918 in Genf. Seine Gipfel, Täler und Seen des Berner Oberlandes strahlen ebenso eine fast mythische Harmonie und Feierlichkeit aus wie seine zahlreichen Darstellungen des Genfersees.
72 der bedeutendsten Landschaften Hodlers sind nun im Zürcher Kunsthaus in der Schau «Ferdinand Hodler: Landschaften» ausgestellt. Vereint sind Werke aus der Frühphase, der Reife- und der Spätperiode. Hodlers zentrale Bildidee, Natur zu beschreiben und gleichzeitig neu zu erfinden, lässt sich so besonders gut erfassen.
Der «Nationalmaler»
In der Schweiz lebte Hodler lange Zeit in Armut. Seine Frauendarstellungen, so etwa der erotische Fries «Die Liebe» sorgte beispielsweise 1909 in Zürich für einen handfesten Skandal. Bereits 1891 war sein Werk «Die Nacht» aus Gründen der Sittlichkeit von einer Ausstellung in Genf ausgeschlossen worden. Heute erzielen seine Werke auf Auktionen Millionen-Beträge.
Mit seinem «Wilhelm Tell» zementierte Hodler 1897 einen Eckpfeiler der eidgenössischen Identität. Mit dem wehrbereiten Urahn schwang er sich zum schweizerischen «Nationalmaler» empor.
Dennoch blieb Hodler in der Heimat nie ganz unumstritten. Die grösste Anerkennung fand er im Ausland, vorerst in Frankreich, dann Deutschland und Österreich.
Lange Zürcher Ausstellungs-Tradition
Die Zürcher Ausstellung ist die Weiterführung einer langen Tradition, welche das Kunsthaus mit Hodler verbindet. «Das Kunsthaus Zürich wurde 1910 eröffnet, zur Hochblüte der Schweizer Kunst, deren Protagonist Hodler damals war», erklärt Museums-Konservator Christian Klemm im Gespräch mit swissinfo.
Die Liaison begann bereits im Eröffnungsjahr des Hauses: Hodler erhielt den Auftrag für ein monumentales Wandbild. Sieben Jahre später, ein Jahr vor seinem Tod 1918, vollendete Hodler das Werk «Blick in die Unendlichkeit». 1917, anlässlich der Vernissage zur «wichtigsten Hodler-Ausstellung, die es je gegeben hat», so Klemm, wurde das Wandbild im Treppenhaus angebracht.
Anfang der 60er Jahre fand im Zürcher Helmhaus eine weitere grosse Hodler-Ausstellung statt. Die bisher letzte war 1982 wiederum im Kunsthaus zu sehen.
Mit seinen rund 100 Gemälden und 1000 Zeichnungen verfügt das Kunsthaus Zürich laut Klemm über die weltweit grösste Hodler-Sammlung. Weitere wichtige Sammlungen von Werken Hodlers besitzen die Kunstmuseen in Bern und Genf.
«Hodler-Frühling», auch im Kino
Parallel zur Ausstellung in Zürich kommt Heinz Bütlers Dokumentarfilm «Ferdinand Hodler – mein Herz ist mein Auge» in die Deutschschweizer Kinos. Dem Monument Hodler versuchte der Autor nicht mit einem kunsthistorischen Leinwand-Seminar beizukommen. «Ich wollte keinen Film machen, der nur für Fachleute ist», so Bütler an der Film-Premiere gegenüber swissinfo.
Bütler lässt den Ausstellungsmacher Harald Szeemann, den Schriftsteller Peter Bichsel, den wohl kompetenteste Hodler-Kenner Jura Brühschweiler sowie den Zeichnungslehrer Rudolf Schindler dem Werk Hodlers begegnen. Schindler hatte in den 50er Jahren von der Witwe Hodlers Mappen mit Zeichnungen des Malers erwerben können.
Emotionen statt Monologe
«Ich wollte Betrachter, die vor Hodler ihre Emotionen zeigen und nicht nur klug reden», sagte Bütler zur Auswahl seiner Hodler-Betrachter. Wichtig waren ihm besonders der subjektive Blick sowie eine jahrelange persönliche Erfahrung mit dem Werk des Malers.
Am spannendsten ist die Begegnung Peter Bichsels mit Hodler. Im Kunsthaus Solothurn, vor dem Tell, lässt Bichsel seine Gefühle sprechen: «Es ist ein Feuerzauber. Grosses Blitzlicht. Rauch. Bengalische Beleuchtung und: Licht! Da steht er, der Tell!» Bichsel gesteht, dass er dem Schöpfer der Schweizer Freiheits-Ikone nicht unbedingt hätte begegnen wollen.
Stumme Begegnung
Zu einer Photographie, die Hodler beim Handorgelspiel zeigt, bemerkt Bichsel jedoch mit der ihm typischen Lakonie, dass er ihm liebend gerne für eine Stunde zugehört hätte. Um zu erfahren, was vielleicht kein Gespräch aufgedeckt hätte.
Bichsel, der 1996 in seinem Text «Mögen Sie Landschaften?» eines der grossen Motive Hodlers aufgriff, spürt zwar in dessen Landschaftsbildern den «Natures mortes», den Tod. Die Hand einer Hodlerschen Frauenfigur hingegen erscheint ihm derart lebendig, dass er sie fast ergreifen möchte, um dann gleichwohl im letzten Moment einen Rückzieher zu machen. «Hodler konnte Hände malen», sagt Bichsel.
swissinfo, Renat Künzi
Die Ausstellung «Ferdinand Hodler: Landschaften» im Kunsthaus Zürich dauert bis zum 6. Juni.
Sie zeigt 72 Werke aus allen Schaffensperioden Hodlers.
Gleichzeitig mit der Schau kommt Heinz Bütlers Dokumentarfilm «Ferdinand Hodler – Das Herz ist mein Auge» in die Kinos der deutschen Schweiz.
Darin erzählen Harald Szeemann (Ausstellungsmacher), Peter Bichsel (Schriftsteller), Jura Brühschweiler (Hodler-Kenner) und Rudolf Schindler (Zeichnungslehrer und Sammler) über ihre persönlichen Begegnungen mit dem Werk Hodlers.
Ferdinand Hodlers lebte von 1853 bis 1918. Seine zentralen Motive waren Menschen, Natur, Liebe und Tod.
Sein Werk umfasst rund 2500 Gemälde und 10’000 Zeichnungen.
Die grössten Hodler-Sammlungen befinden sich im Kunsthaus Zürich sowie in den Kunstmuseen Bern und Genf.
Hodler lebte lange Zeit in Armut. Erst ab 1900 fand er Anerkennung, vornehmlich im Ausland.
Heute erzielen Hodler-Werke auf Auktionen Millionen-Beträge.
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