Hodlers Landschaften heute
Vor 150 Jahren kam der Berner Maler Ferdinand Hodler auf die Welt. Im Auftrag von swissinfo hat sich der Fotograf Christian Helmle aufgemacht, seinen Spuren zu folgen.
Von den Berner Alpen zum Genfersee – ein Vergleich der Bilder und eine Zeitreise!
Dieses Jahr wäre der Maler Ferdinand Hodler 150 Jahre alt geworden. Hodler kam am 14. März 1853 in einem Armenquartier in Bern zur Welt. Und er starb am 19. Mai 1918 als reicher Mann.
Dazwischen liegt das Leben eines der berühmtesten Schweizer Maler, dessen Bilder heute zu den begehrtesten Werken gehören. Es sind sehr vielgestaltige Werke. Denn Hodler, der Porträtist der einfachen Leute, hat auch das mysteriöse Bild «Die Nacht» geschaffen.
Beim «nationalen» Maler Hodler bestellte man gerne patriotisch-historische Gemälde, die uns heute furchtbar altmodisch vorkommen. Aber er war auch, und vielleicht vor allem, ein Landschaftsmaler.
Zeit und Raum
Diese Seite des Malers präsentiert das Musée Rath in Genf in seiner Ausstellung «Ferdinand Hodler. Le paysage» bis zum 1. Februar. Vom 2. März bis zum 6. Juni 2004 geht die Ausstellung dann ins Kunsthaus Zürich.
Auch swissinfo wollte den Landschaftsmaler würdigen und erteilte dazu dem Berner Fotografen Christian Helmle einen speziellen Auftrag: Er sollte auf den Spuren Hodlers die Landschaften suchen, die dieser gemalt hatte, und sie fotografisch festhalten.
Hodler verbrachte seine Kindheit in Thun und zog mit 18 Jahren nach Genf. Er kam jedoch oft in seine Heimatregion zurück, um den See seiner Jugend und das Berner Oberland zu malen.
Bei seiner Arbeit war Helmle mit drei Problemen konfrontiert: Da sind einmal die Jahres- und die Tageszeit: An einem frühen Sommermorgen ist das Licht anders als an einem Abend im Herbst.
Dann der Ort: Um den genauen Rahmen zu finden, den der Maler gewählt hatte, musste er lange suchen. Immerhin hatte der Fotograf in zwei Beziehungen Glück: Er kennt das Oberland gut, denn er lebt dort. Und da Hodler nicht gerade schlank war, entfernte er sich nie allzu weit von der Eisenbahn oder von einer Strasse!
Verfälschte Realität?
Heute müssen Fotografien mit Vorsicht betrachtet werden. Denn wir wissen alle, wie die Computertechnologie allgemein und «Photoshop» speziell ein Bild verändern können. Aber in diesem Fall ist die Veränderung der Wirklichkeit eher bei Hodler als bei Helmle zu suchen.
«Er arbeitete sehr präzis, indem er die Landschaft auf eine Glasscheibe zeichnete. Aber seine Berge sind zum Beispiel immer etwas spitzer als in Wirklichkeit», stellt der Fotograf fest. Hodler machte es also nichts aus, die Wirklichkeit etwas zu retouchieren.
Ferner verfertigte er meist mehrere Skizzen draussen, malte das Bild aber im Atelier. Und da setzte er dann aus mehreren Skizzen ein Bild zusammen, wobei er mit verschiedenen Stimmungen spielte.
Und dann seine Wolken! «Er benutzt sie als Verzierung, fast als eine Art Rahmen», fügt der Fotograf bei.
Indem er Hodlers «Orten» nachreiste, verfolgte Helmle auch die Entwicklung des Malers. So konnte er feststellen, wie sein Stil, sein Vorgehen sich veränderten.
Er konnte sehen, wie Hodler von der etwas einfachen Romantik seiner Jugend, als er in Thun für Touristen malte, zu einem wirklich persönlichen Stil fand: «Er wurde abstrakter, irgendwie dramatischer. Er hat sich befreit», stellt Helmle fest.
Ein Jahrhundert später
Wie unterscheidet sich Hodlers Schweiz von jener Helmles? «Es hat jetzt viel mehr Stromleitungen und Häuser», so Helmle. «Aber am auffallendsten ist, dass es heute mehr Bäume gibt als zu Hodlers Zeit.»
Nun ja, im 20. Jahrhundert wurde zwar Vieles zubetoniert. Es war aber auch das Jahrhundert, in dem man sich der Umwelt bewusst wurde und wieder aufforstete.
Gut für die Umwelt. Weniger gut für den Fotografen, der einmal darauf verzichten musste, eine Landschaft vom genauen Ort aus abzulichten, an dem der Maler stand: In der Zwischenzeit ist da ein Wald entstanden, der den Horizont verdeckt.
Was hat der Fotograf aus seiner Arbeit gelernt? Er denkt heute noch mehr über den Rahmen nach. Und er erkannte den Unterschied zwischen der Art und Weise, wie sie beide die Wirklichkeit festhalten und personalisieren:
«Der Fotograf sucht das Spektakuläre. Hodler dagegen suchte eher klassische Umgebungen aus, die er dann in seinem Atelier spektakulär, dramatisch darstellte. Er war viel freier als ein Fotograf», bemerkt Helmle.
swissinfo, Bernard Léchot
(Übertragung aus dem Französischen: Charlotte Egger)
Um die Bildergalerie Hodler – Helmle anzuschauen, klicken Sie auf den nebenstehenden Link.
2003 jährt sich der Geburtstag des Berner Malers Ferdinand Hodler zum 150. Mal. Das Musée Rath in Genf widmet seinen berühmten Landschaften eine Ausstellung, die ab dem 2. März 2004 auch im Kunsthaus Zürich zu sehen ist. Gezeigt werden 70 Gemälde Hodlers.
swissinfo hat den Berner Fotografen Christian Helmle beauftragt, den Spuren Hodlers zu folgen und die Landschaften, die dieser gemalt hat, zu fotografieren. Es kam eine erstaunliche Galerie von Bildern zustande, in denen sich Gegenwart und Vergangenheit, malerische Dramatisierung und fotografischer Realismus begegnen.
Christian Helmle kam 1952 zur Welt. Er arbeitete gut zwanzig Jahre als Pressefotograf. Nachdem er sich zuerst auf architektonische und künstlerische Abbildungen konzentriert hatte, ist er heute am Aufbau einer Sammlung persönlicher Arbeiten.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch