Kontinuität und Innovation: Unter dieses Motto stellt der künstlerische Direktor Carlo Chatrian das Filmfestival Locarno, das dieses Jahr 70 Jahre feiert. Unter den 18 Filmen im Wettbewerb findet sich auch die Schweizer Produktion "Goliath" von Dominik Locher. Das Festival schliesst mit einem Dokumentarfilm über die berühmte Tessiner Hardrockband "Gotthard".
Es wird ein spezielles Jahr für das Publikum des Filmfestivals Locarno. Nicht nur feiert dieses heuer ein Jubiläum, sondern es wird auch der neue Filmpalast mit drei brandneuen Sälen eröffnet, und das GranRex, der historische Saal der Stadt, präsentiert sich komplett restauriert.
Wie um seine Rolle des Kulturaustauschs zu unterstreichen, führt das Festival dieses Jahr eine neue Initiative ein: eine Reihe von öffentlichen Treffen mit Persönlichkeiten wie der ehemaligen Chefanklägerin Carla del Ponte, der kanadischen Künstlerin Peaches und dem englischen Astrophysiker Ben Moor.
Das Programm 2017
Nach einem Vorfestival mit James Bond («Goldfinger» von Guy Hamilton) und Marco Tullio Giordana mit seinem Film «Scarlatt K. 259» wird das Festival auf der Piazza Grande mit «Demain et tous les autres jours» eröffnet, einer Art Familiensaga der französischen Regisseurin Noémie Lvovsky. Auch zwei US-Blockbuster, welche die Kritiker verzaubert haben, wurden für die Piazza programmiert: «Atomic blonde» von David Leitch (Autor von u.a. «Fight Club») und die Komödie «The Big Sick» von Michael Showalter.
Externer Inhalt
Auch die Schweiz wird auf der Piazza Grande präsent sein: So präsentiert der Genfer Anup Singh «The Song of Scorpions», eine Liebes- und Rachegeschichte mit zwei ausgezeichneten Akteuren, dem indischen Schauspieler Irrfan Khan und der iranischen Schauspielerin Golshifteh Farahani. Der Zürcher Kevin Merz hat die Ehre, das Festival mit dem Dokumentarfilm «Gotthard – One Life, One Soul» abzuschliessen.
Unter den 18 Filmen im Wettbewerb findet sich mit «Goliath» von Dominik Locher dieses Jahr auch eine Schweizer Produktion. Ein weiterer Film im Wetbewerb ist «Gli asteroidi» des Italieners Germano Maccioni mit dem Schauspieler Pippo Delbono.
In den weiteren Sektionen werden zahlreihe Schweizer Filme gezeigt, wie etwa der Dokumentarfilm von Sabine Gisiger über ein reiches Dorf im Kanton Aargau, das sich 2015 weigerte, Flüchtlinge auf seinem Territorium aufzunehmen. Zwei weitere Schweizer Dokumentarfilme werden in der Sektion «Semaine de la critique» gezeigt: «Das Kongo Tribunal» von Milo Rau und «Favela Olimpica» von Samuel Chalard.
Zudem erweist das Filmfestival Locarno verschiedenen Persönlichkeiten die Ehre, welche die Geschichte des Kinos geprägt haben. So ist dem französischen Regisseur Jacques Tourneur (1904-1977) die Retrospektive gewidmet, und auf der Piazza Grande erwartet werden zur Entgegennahme von verschiedenen Preisen die deutsche Schauspielerin Nastassja Kinksi, der US-Autor Adrien Brody sowie die Regisseure Jean-Marie Straub und Mathieu Kassovitz.
Filmprogramm auf der Piazza Grande
DEMAIN ET TOUS LES AUTRES JOURS vonNoémie Lvovsky, Frankreich
LOLA PATER von Nadir Mokneche, Frankreich
DREI ZINNEN von Jan Zabeil, Deutschland/Italien
LAISSEZ BRONZER LES CADAVRES von Hélene Cattet und Bruno Forzani, Belgien/Frankreich
SPARRING von Samuel Jouy, Frankreich
GOOD TIME von Ben Safdie, Joshua Safdie, USA
AMORI CHE NON SANNO STARE AL MONDO von Francesca Comencini, Italien
WHAT HAPPENED TO MONDAY? von Tommy Wirkola, Grossbritannien
CHIEN von Samuel Benchetrit, Frankreich
ICEMAN von Felix Randau, Deutschland/Italien/Österreich
THE SONG OF SCORPIONS von Anup Singh, Schweiz/Frankreich
THE BIG SICK von Michael Showalter, USA
I WALKED WITH A ZOMBIE von Jacques Tourneur, USA (1943)
ATOMIC BLONDE von David Leitch, USA
SICILIA! von Jean-Marie Straub, Frankreich (1999)
GOTTHARD – ONE LIFE, ONE SOUL von Kevin Merz, Schweiz
(Übertragung aus dem Italienischen: Christian Raaflaub)
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