Klingende Musikperlen

Händels kleine Wassermusik ist allen präsent. Doch auch in der Schweiz finden sich klingende Symbiosen von H2O und Noten.
Eine kleine Auswahl – von Klassik bis hin zu Rockmusik.
Beginnen wir unsere musikalische Reise am Thunersee. Exakt 558 Meter über dem Meeresspiegel liegt der kristallklare See.
An der Riviera des Berner Oberlandes wachsen Palmen, erheben sich stattlich die Berner Alpen. Das Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau schafft eine grandiose Kulisse. Und der Niesen, der Berg, der aussieht wie die Pyramiden in Gizeh, bietet einen prächtigen Panoramablick auf See und Landschaft.
Johannes Brahms: «Thuner»
Diese Weite erblickte schon 1889 Johannes Brahms, geboren 1833 in Hamburg. Der Komponist war bereits als Kind mit den grossen Wassern verbunden. Den Aufstieg auf den Niesen soll er gehasst, den Ausblick jedoch genossen haben.
Eine erste Reise in die Schweiz führte Brahms an den Vierwaldstättersee. Später nahm er an der Einweihung der Zürcher Tonhalle teil, und wir dürfen davon ausgehen, dass der Blick über den Zürichsee – mit bei Föhn gestochen scharfem Alpenhorizont – des Meisters Auge erfreute.
Doch es war der Thunersee, der den Komponist inspirierte. 1886-88 verbrachte er die Sommer in Thun, sah so manchen Sonnenuntergang und war kreativ. Er schrieb etliche Lieder und die Sonate für Klavier und Violine A-dur: den «Thuner».
Othmar Schoeck: «S’Seeli»
Von den Gestaden des Thunersees an die Quais am Zürichsee, der Heimat von Othmar Schoeck. Geboren 1886 in Brunnen im Kanton Schwyz, verbrachte er die Jugendjahre in der Limmatstadt. Zuerst wandte sich der junge Schoeck der Malerei zu, doch seine musikalische Begabung war stärker als die Neigung zur Malerei.
Schon während der Schulzeit versuchte er sich in Liedern und Opern. 1905 begann er am Konservatorium Zürich seine Ausbildung, die er später bei Max Reger in Leipzig fortführte. Wieder zurück in Zürich leitete er den Männerchor in Zürich Aussersihl, zu jener Zeit eine proletarische Hochburg.
Schoecks Liebe gehörte der vokalen Ausdrucksform: Vom Klavierlied bis zur grossen Oper findet sich alles in seiner musikalischen Hinterlassenschaft. Schoeck gilt als einer der bedeutendsten Schweizer Komponisten, im In- und Ausland gleichermassen bekannt.
«S’Seeli», ein Lied für einen Männerchor a cappella, gehört sicher nicht zu seinen berühmtesten Werken, schön anzuhören ist es dennoch. Den Text schrieb Meinrad Lienert (1865-1933), einer der Begründer der Schweizer Mundartdichtung. Zu seinem Werk gehören Mundart-Lyrik, Erzählungen und Romane.
Span: «Louenesee»
«I gloube I gange no meh a Loueneseeeeeeeeeeeee…» (ich glaube, ich kehre immer wieder an den Lauenensee zurück): Mit diesen Zeilen gelang der Mundartrockgruppe Span 1983 ein veritabler Ohrwurm. Noch heute, zwanzig Jahre später, wird «Louenesee» gerne im bernischen Stammland der Span zum Besten gegeben.
Doch auch in der restlichen Deutschschweiz sind Span gern gehörte Gäste. Seit über dreissig Jahren rocken und rollen die Urgesteine des Berner Rocks, was das Zeug hält. Als «Liveact» mit grossem Mitsingpotenzial touren sie weiter landauf landab, spielen unermüdlich in Konzertlokalen, heizen jedem Open-Air-Festival ein.
Dabei hat sich die Gruppe nie neuen Einflüssen verschlossen. Da schimmern auch mal Hip-Hop-Elemente durch, und doch sind die Span immer hörbar erkennbar.
Schmeichelnde Klänge, harte Beats, raue Riffs harmonieren mit dem Berndeutschen Dialekt. Kein Wunder erreichten die Berner Rocker immer wieder Platzierungen in den «Top Ten» der Schweizer Hitparade.
Alles fliesst so harmonisch wie der «Louenesee», der in der Realität übrigens ein kleiner Moorsee mit hohem touristischen Potenzial im Berner Oberland, in der Nähe von Gstaad ist. Heerscharen von Touristen und Einheimischen pflegen jeweils an strahlend blauen Wochenenden den See aufzusuchen.
Sehnsüchte werden übers moorige Wasser geschickt, der perfekt inszenierten Natur wird Respekt gezollt. «I gloube i gange no meh a Loueneseeeeeeeeeeeeee…».
Deep Purple: «Smoke on the water»
Verlassen wir die Deutschschweiz, gehen wir an die Waadtländer Riviera, nach Montreux. An die Ufer des Genfersees, jenem grossen Gewässer, das die Landesgrenze zu Frankreich markiert. Das Mont Blanc Massiv strahlt bei schönem Wetter, spiegelt sich im See.
Aber wehe ein Azorentief fegt übers Land. Schwere Regentropfen verwischen jeden Blick, tief hängen grauschwere Wolken über dem See und der Landschaft. Montreux› Palmen neigen sich tief, Gischt spritzt über den Uferweg, der Wind rockt gegen die Wellen.
Ein veritabler Sturm fegte auch durch die Musik-Landschaft, als John Lord und Ritchie Blackmore 1968 die Band «Deep Purple» gründeten. Der musikalische Purpur eroberte fortan die Welt. Langhaarige Männer und Frauen in bunten Gewändern, den Joint gerollt, schüttelten die Mähne, demonstrierten gegen den Vietnam-Krieg, tanzten stundenlang.
1971 kamen Deep Purple nach Montreux. Denn neben dem weltberühmten Montreux Jazz-Festival gehörte das Tonstudio Mountain-Studio zur ersten Adresse für Musiker und Musikerinnen. David Bowie, Ella Fitzgerald, Count Basie und viele andere nahmen hier ihre Tonträger auf.
So auch Deep Purple. Während sie probten, fand in Montreux ein Konzert von Frank Zappa statt. Dabei feuerte ein Fan eine Rakete ab, die Decke fing sofort Feuer und löste einen Grossbrand aus. Das alte Casino brannte nieder. Und Deep Puple schrieben daraufhin den Song mit dem wohl weltweit bekanntesten Gitarren-Riff.
«We all came out to Montreux, on the Lake Geneva shoreline, to make records with a mobile. We didn’t have much time…». «Smoke on the water» ist bis heute jung geblieben.
Ein zeitloser Rocksong, heutzutage gar als Klingelton fürs Mobiltelefon erhältlich. Und so zieht der Rauch auch noch für weitere Generationen über den grossen Lac Léman.
swissinfo, Brigitta Javurek

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