Konzertflügel von Frédéric Chopin entdeckt
Dank der detektivischen Spürnase eines Schweizer Musikprofessors wurde der Flügel, den Frederic Chopin auf seiner letzten Konzerttour spielte, in einem englischen Landhaus entdeckt.
Nach dem Tod des Komponisten war Chopins Klavier während über 150 Jahren verschwunden geblieben
Der Schweizer Musikprofessor Jean-Jacques Eigeldinger hat den Flügel bei einem Sammler in der englischen Grafschaft Surrey gefunden. Am Ende brachte die Seriennummer Gewissheit.
Der Sammler Alec Cobbe hatte das Instrument vor 20 Jahren für 2000 Pfund (4730 Franken) gekauft – und keine Ahnung, wer den Flügel einst besass. Hätte Eigeldinger nicht Detektiv gespielt, wäre die Identität des Flügels wohl noch länger unklar geblieben.
«Es traf mich wie in Blitz aus heiterem Himmel», sagte Sammler Cobbe. «Es gibt nur drei andere Klaviere, von denen man weiss, dass Chopin sie besessen hat. Eins steht in Paris und eins auf Mallorca, keins der beiden funktioniert. Das letzte ist in Warschau.» Sein Klavier funktioniere bestens.
«Die Klaviere jener Zeit besassen eine registrierte Seriennummer», sagt Jean-Jacques Eigeldinger gegenüber swissinfo. «Diese lässt Rückschlüsse zu über den Zeitpunkt, wann ein Klavier gebaut und an wen und zu welchem Preis es verkauft wurde.»
Allerdings sei es etwas schwieriger, nachzuweisen, ob Chopin ein bestimmtes Klavier benutzt habe, gibt der Professor zu.
Chopins Aura
«Chopin hat seine Klaviere nicht gekauft. Sie wurden ihm vom französischen Klavierbauer Camille Pleyel ausgeliehen, wegen der besonderen Aura, die Chopin den Klavieren verlieh», erklärt Eigeldinger. «Wahrscheinlich gingen viel mehr Klaviere durch Chopins Hände als wir wissen.»
Laut dem Musikprofessor gibt es nur wenige Instrumente in öffentlichen Sammlungen und bei Privaten, von denen man sicher weiss, dass sie von Chopin gespielt wurden.
Chopin war 1848 mit dem Instrument durch England gereist. Es war die letzte Tour des Komponisten, der ein Jahr später in Paris starb. Vor seiner Rückkehr nach Paris wurde der Pleyel-Flügel an eine englische Aristokratin namens Lady Trotter verkauft.
Sie vererbte den Flügel an ihre Verwandten, worauf er in ein herrschaftliches Landhaus kam, dann an einer Auktion versteigert und von einem Händler für antiquarische Klaviere an Alec Cobbe verkauft wurde.
Der Flügel ist bei Cobbe in bester Gesellschaft: Seine Sammlung gilt als die beste der Welt. In seinem Landhaus stehen Instrumente, auf denen Bach, Mozart und Mahler gespielt haben.
«Der Gipfel der Perfektion»
Chopin soll einst gesagt haben, dass ein Pleyel-Klavier «der Gipfel der Perfektion» sei. Nun hoffen Musikfans, dass sie hören können, wie Chopins Musik zu seiner Zeit getönt hat.
«Das hängt allerdings stark von der Qualität der Restauration ab», schränkt Eigeldinger ein. «Das Cobbe-Klavier ist wahrscheinlich in einem weitaus besseren Zustand als viele andere.»
Es gebe noch viel zu lernen über diese Instrumente, insbesondere wie sie gebaut wurden. Zeitgenössische Beschreibungen des Klaviers könnten einem jedoch einen Eindruck vermitteln, wie es getönt haben könnte.
swissinfo und Agenturen
Chopins Klavier ist Teil der Musikinstrumenten-Sammlung von Cobbe, die bei Hatchland ausgestellt ist.
Die Sammlung befindet sich in einem Landhaus der britischen National-Stiftung in der südenglischen Grafschaft Surrey.
Sie gilt als die weltbeste Musik-Sammlung und weist Instrumente auf, die Purcell, Bach, Mozart und Mahler gehört hatten.
Frédéric Chopin wurde 1810 als Sohn einer polnischen Mutter und eines französischen Vaters in Polen geboren. Als Wunderkind angesehen, ging er im Alter von 20 Jahren nach Paris. Dort machte er Karriere als Pianist, Komponist und Lehrer. Er starb im Alter von 39 Jahren an Tuberkulose.
Das Klavier spielt in allen Werken Chopins eine Rolle. Seine Kompositionen gehören zu den besten des Klavier-Repertoires.
Seine Musik ist technisch anspruchsvoll und betont die Poesie, Feinheit und expressive Abgründigkeit.
Chopins hervorragendste Innovationen finden sich in musikalischen Formen wie der Klaviersonate, dem Walzer, der Nocturne, der Etüde und Prelüde.
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