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Locarno öffnet den Vorhang zum Programm

Der künstlerische Direktor Frédéric Maire (links) und Festival-Präsident Marco Solari präsentieren ihr Programm. Keystone

Das 59. internationale Filmfestival von Locarno beginnt mit einem Hollywood-Film. Geprägt wird es jedoch durch viele Filme aus der Schweiz und Europa.

Der neue künstlerische Direktor, Frédéric Maire, hat bei der Präsentation angekündigt, dass weniger Filme gezeigt würden. Trotzdem sei das Programm reicher geworden.

«Locarno hat einerseits eine wichtige Funktion für die Förderung und Unterstützung des Schweizer Films und ist andererseits ein internationales Festival inmitten eines Festivalreigens, der Cannes, Berlin, Venedig und Toronto einschliesst», sagte Festivaldirektor Frédéric Maire an der Präsentation des Festival-Programms gegenüber swissinfo.

Maire legt grossen Wert darauf, dass das Bundesamt für Kultur keinen Einfluss auf die Programmgestaltung des Festivals hat. So wird in drei Wochen der Filmreigen in Locarno mit dem Hollywood-Film «Miami Vice» von Michael Mann eröffnet, der Kinoadaptation der berühmten Fernsehserie.

Mit der Komödie «Little Miss Sunshine» von Jonathan Dayton und Valerie Faris, dem Dokumentarfilm «Neil Young: Heart of Gold» von Jonathan Demme auf der Piazza Grande sowie zwei Beiträgen im Wettbewerb sind die USA auch sonst gut vertreten.

«Die Herbstzeitlosen»

Die Piazza, die, wie Maire sagt, «das übrige Festivalprogramm widerspiegelt», gehört ganz dem europäischen Kino. Die Schweiz ist im Openair-Kino mit der Rekordzahl von drei Filmen vertreten.

Bettina Oberli zeigt den im Emmental gedrehten «Die Herbstzeitlosen» mit Stephanie Glaser. Jean-Stéphane Bron ist mit dem Spielfilm-Erstling «Mon frère se marie» vertreten, und Marcel Schüpbach mit dem Dokumentarfilm «La liste de Carla» über die UNO-Chefanklägerin Carla del Ponte.

Drei weitere Piazza-Filme sind Beiträge, die im Mai am Filmfestival Cannes im Wettbewerb gezeigt wurden, darunter Rachid Boucharebs Kriegsfilm «Indigènes» und «Lights in the Dusk» von Aki Kaurismäki, dem die diesjährige Retrospektive gewidmet ist.

Erstmals werden auf der Piazza auch drei Kurzfilme gezeigt, darunter die Schweizer Beiträge «Jeu» von Georges Schwizgebel und «Rachel» von Frédéric Mermoud.

Auch im Wettbewerb: «Das Fräulein»

Der Wettbewerb zeigt mit 21 Beiträgen einen Querschnitt durch das Weltkino von heute. Neben den wichtigen Filmnationen sind auch kleinere Länder wie Belgien, Portugal, Rumänien und Kuba vertreten.

Die Schweiz präsentiert im Wettbewerb um den Goldenen Leoparden den Erstling «Das Fräulein» von Andrea Staka über Flüchtlinge aus den Ländern des früheren Jugoslawien in der Schweiz.

Erstmals gibt es parallel den zweiten Wettbewerb «Cineasten der Gegenwart», in dem innovativere Werke aufgeführt werden. Die Schweiz zeigt hier «La vraie vie est ailleurs» von Frédéric Choffat.

Neu wird eine eigene Jury einen Preis für den besten Erstlingsfilm in einem der beiden Wettbewerbe vergeben. Insgesamt 17 Beiträge konkurrieren um diesen Preis.

Strengere Selektion

Der Schweizer Film sei diesmal in Locarno «so stark wie nie zuvor präsent», so der neue Direktor. Erstmals finde ein «Schweizer Filmtag» statt, der «ein offenes und festlich dekoriertes Schaufenster» sein solle.

Weiter wollte er ein deutlich schlankeres Programm als in den Vorjahren präsentieren. Die «strengere Selektion» beinhalte nun 170 lange Filme, was «eine Reduktion um einen Viertel» sei.

Spezialpreise

Wie immer werden verschiedene Spezialpreise vergeben. Der russische Regisseur Alexander Sokurow erhält den Ehrenleoparden, der US-Schauspieler Willem Dafoe den «Excellence Award», und das Produzenten-Kollektiv «Agat Films» den Raimondo-Rezzonico-Preis.

Frédéric Maire legt sich für sein Festival richtig ins Zeug. So produzierte er gegenüber swissinfo einen fast professionellen Werbespruch: «Ja zu einem Qualitätskino in Locarno. Ja zu einem auch populären Kino auf der Piazza Grande, aber nicht zwingend ausschliesslich populär, sondern ein innovatives, anderes, vielschichtiges, neugieriges, provokatives Kino – genau dies ist Locarno.»

swissinfo und Agenturen

In den letzten 20 Jahren ist das Filmfestival von Locarno ständig gewachsen. Es hat sich als viertwichtigstes europäisches Festival bestätigt, nach Cannes, Venedig und Berlin.

Das reichhaltige Programm und das informelle Klima erleichtern die Begegnungen zwischen Filmemachern und professionellen wie privaten Film-Betrachterinnen und –Betrachtern.

In den vergangenen Jahren besuchten immer mehr Menschen das Festival.

Mit der Vergrösserung des Programms gegen Ende der 90er-Jahre strömten auch mehr Interessierte in die Vorführungen in den geschlossenen Räumen als auf die Piazza Grande – ein Zeichen für das gewachsene Interesse an den verschiedenen Programm-Segmenten.

Die 59. Ausgabe des Filmfestivals von Locarno findet vom 2. bis 12. August statt.

170 lange Filme werden zu sehen sein.

21 Filme aus 15 Ländern nehmen am Wettbewerb teil.

Das Festival-Budget 2006 beträgt 9,8 Mio. Franken.

2005 besuchten ungefähr 190’000 Personen die verschiedenen Anlässe.

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