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Mehr Uraufführungen in Solothurn denn je

Im Banne des Schweizer Films. Keystone

Mit "Sounds & Stories" rücken die Solothurner Filmtage erstmals auch die Bedeutung der Musik für den Schweizer Film ins Zentrum.

Am Montagabend wird das Festival von Bundespräsident Moritz Leuenberger und Filmtage-Direktor Ivo Kummer eröffnet.

«Grounding», der Film von Michael Steiner über die letzten Tage der nationalen Fluggesellschaft Swissair, der diese Woche in die Schweizer Kinos kommt, erhält in Solothurn Konkurrenz. Dieses Jahr sind an den Filmtagen mehr Uraufführungen abendfüllender Filme zu sehen als je zuvor.

Der Spielfilm «Nachbeben» von Stina Werenfels wird gleich am Eröffnungsabend erstmals gezeigt. Das Familiendrama «Fragile» des Genfers Laurent Nègre und «Ryna» der aus Bukarest stammenden Ruxandra Zenide sind zudem für den Schweizer Filmpreis nominiert, der am Mittwoch vergeben wird.

Oscar-Preisträger Xavier Koller stellt seinen neuen Spielfilm «Havarie» vor und Richard Dindo den Dokumentarfilm «Wer war Kafka?».

Musik beeinflusst Filmästhetik

Die Filmtage warten dieses Jahr allerdings auch mit programmatischen Neuerungen auf, allen voran «Sounds & Stories», ein Lieblingskind von Ivo Kummer, wie der Filmtage-Direktor gegenüber swissinfo ausführt: «Sounds & Stories ist ein alter Traum von mir. Ich liebe Musikclips und diese Art Ästhetik.»

Mit dem neuen Programmfenster soll ein jüngeres Publikum angesprochen und der traditionell grossen Bedeutung der Musik für den Film Rechnung getragen werden.

«Die Musik ist so etwas wie die Seele eines Films», sagt Kummer und verweist auf «Mein Name ist Eugen» und «Snow White», wo man schön sehen könne, wie sehr die Ästhetik des Musikclips die Filmästhetik beeinflusse, etwa die Schnittkadenz, Kameraeinstellung und Bildauflösung.

Viele jüngere Filmemacher machten sich zuerst mit Musikclips einen Namen: «Etwa Samir hat so angefangen, und jetzt ist er mit dem Spielfilm ‹Snow White› für den Schweizer Filmpreis nominiert.»

Grenzen überschreiten

Unter dem Motto «Passages» pflegen die Solothurner Filmtage den Austausch mit der Filmszene der angrenzenden Länder Italien, Österreich, Deutschland und Frankreich. «Leider ist der europäische Markt für den Schweizer Film eher beschränkt offen, weil dieser oft in Mundart gesprochen ist», sagt Kummer.

So kämen von 15 im Jahr produzierten Spielfilmen jeweils nur zwei bis drei im Ausland in die Kinos. An den ausländischen Filmfestivals sei die Schweizer Präsenz allerdings stark.

Das Sprachproblem wirkt sich jedoch nicht nur über die Landesgrenzen hinweg aus, sondern auch in der Schweiz selbst. «Generell ist die Romandie ein hartes Pflaster für den Schweizer Film. Der Marktanteil ist dort beschämend klein», bedauert Kummer.

Warum das so ist, soll nun eine Studie herausfinden, die kürzlich von der Sektion Film des Bundesamts für Kultur (BAK) in Auftrag gegeben wurde.

«Es gibt wohl auch kulturelle Unterschiede», vermutet der Filmtage-Chef. «Die Romands orientieren sich vermehrt an Frankreich und interessieren sich besonders für Filme, die auch dort gross herauskommen oder in der Öffentlichkeit präsent sind».

Ehrengast Maximilian Schell

Die diesjährige Retrospektive ist dem in Wien geborenen Schweizer Schauspieler und Regisseur Maximilian Schell gewidmet. Schell hat sich insbesondere in Hollywood einen Namen gemacht und 1961 den Oscar als bester Hauptdarsteller in Stanley Kramers Film «Judgement at Nuremberg» gewonnen.

In Solothurn sind unter anderem die Filme «Der Richter und sein Henker» und «Justiz» (nach Friedrich Dürrenmatt), «Geschichten aus dem Wienerwald», «Marlene» und «Meine Schwester Maria» zu sehen.

Während die Filmtage im Jubiläumsjahr 2005 mit 44’000 Eintritten aus allen Nähten zu platzen drohten, erwartet Ivo Kummer dieses Jahr einen weniger starken Ansturm. «Abends gibt es immer ein Gedränge, aber ich möchte daran erinnern, dass wir die Solothurner Filmtage sind, und nicht nur die Filmnächte.»

swissinfo, Susanne Schanda

Die 41. Solothurner Filmtage finden vom 16. bis 22. Januar statt.
200 neue Schweizer Filme sind zu sehen, davon 27 Spiel- und 45 Dokumentarfilme in Kinolänge.
Mit der Einbindung der Kulturfabrik Kofmehl (für «Sound & Stories») als regionales Kulturzentrum verfügt das Festival nun über neun Abspielstätten.
Das Budget beträgt knapp 2 Mio. Franken.

In der Schweiz finden jedes Jahr mehrere Filmfestivals statt.

Während sich die Solothurner Filmtage auf den Schweizer Film konzentrieren, ist das Filmfestival in Locarno international ausgerichtet.

«Visions du Réel» heisst das internationale Dokumentar-Filmfestival in Nyon.

Dem Videoschaffen und den neuen Medien widmet sich die «Viper» in Basel.

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