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Paléo 2006 erneut ein exzellenter Jahrgang

Paléo 2006: für Musiker, Publikum und Veranstalter eine ungetrübte Bilanz. Keystone

Sechs Tage Sonne, 120 Konzerte, 225'000 begeisterte Besucher: Einmal mehr haben die Organisatoren des Paléo Festivals in Nyon allen Grund zum Strahlen.

In der Bilanz heben sie das hohe musikalische Niveau und die hervorragende Ambiance hervor, die einige Stars sogar zum Bad in der Menge animierte.

«Es ist wie beim Wein: Mehrere hervorragende Jahrgänge hintereinander sind möglich», lacht Daniel Rosselat. Der Chef des Musik-Festivals am Genfersee hat auch dieses Jahr praktisch nur Lob geerntet.

Das Erfolgrezept konnte das Paléo-Team auch dieses Jahr wieder erfolgreich umsetzen: Sehr gute Tontechnik, Grossleinwände, vielfältige Verpflegung, grosszügige Erholungszonen sowie Animationen fürs Publikum.

«Ich habe praktisch alle Open Airs im französischsprachigen Raum besucht, und ich kann sagen, dass wir die einzigen sind, die ein derart breites Angebot bieten», sagt Rosselat. Umgekehrt würden die Veranstalter anderer Festivals immer wieder anerkennen, dass das Paléo modellhaft sei.

Dank an Musikerinnen und Musiker

Das Wichtigste aber ist und bleibt die Musik. Auch die beiden Programm-Verantwortlichen Jacques Monnier und Sébastien Vuignier ziehen ihr Fazit: Sie waren überwältigt vom Comeback der Band The Who, von der Klasse von Depeche Mode, vom Publikumsrespekt gegenüber Tracy Chapman und der französischen Rapperin Diam’s, welche das Publikum ganz aus dem Häuschen brachte.

Herausragend auch die Hommage von Maxime le Forestier an Georges Brassens. Sogar die Kinder lauschten gebannt den Worten und Texten des grossen Poeten des französischen Chansons.

Das Village du Monde, eine Art Festival im Festival, war dieses Jahr geprägt von den Klängen und Rhythmen des Balkans. Goran Bregovic, der bekannteste Botschafter dieser Szene, brachte den ausgelassenen musikalischen Taumel gar auf die Hauptbühne des Paléo.

«Die Musiker spüren, dass die Atmosphäre hier ehrlich ist», sagt Jacques Monnier. Es würden immer mehr, die länger blieben als vertraglich vereinbart, rein zu ihrem Vergnügen, so der Programmchef.

Musiker als Zuschauer

So blieb das französische Trio Louise Attaque volle drei Tage am Léman. Ihr Landsmann Cali, der wegen vertraglicher Verpflichtungen nach seinem Auftritt abreisen musste, versprach, nächstes Jahr wiederzukommen – als Zuschauer.

Richtig krachen liessen es die Lords of Altamont aus Kalifornien, die wilden Rock’n’Roll im Stile der Strassenkünstler spielten. Überraschend dann der Auftritt der Singer/Songwriterin Tracy Chapman. Sonst als fast krankhaft zurückhaltender Star bekannt, zeigte sich die Amerikanerin ob der Stimmung ganz verwundert – «émerveillée» – wie Jacques Monnier beobachtete. «So hat man sie noch nie gesehen.»

Ökologischer…

Die Paléo-Organisatoren wünschten sich, dass 40% der Zuschauer mit öffentlichen Verkehrmitteln anreisten. 2005 waren es knapp ein Drittel (27%), welche das Auto zuhause liessen. Genaue Zahlen sind für dieses Jahr noch keine bekannt, aber Daniel Rosselat hat Fortschritte beobachtet, denn der Parkplatz sei etwas weniger belegt gewesen.

Bei den Abfällen wollen die Veranstalter konsequent auf Trennung setzen. Die Tendenz ist ermutigend: Vor vier Jahren waren es erst 16% aller Teller, Becher und Flaschen etc., welche das Publikum in den vorgesehenen Behältern entsorgte. 2005 stieg der Anteil auf 32%. Das anvisierte Ziel von 40% ist bald fällig.

…und braver

Erfreulich siehts auch beim Thema Sicherheit aus. In den sechs Tagen des Festivals sind nur 40 Meldungen eingegangen. «Das ist sehr wenig, wenn man bedenkt, dass das Paléo ein Dorf mit 45’000 Einwohnern ist», unterstreicht Daniel Rosselat.

Zum Vergleich: In den Jahren 1999 und 2000 gab es ein Drogenopfer, eine Messerstecherei sowie eine Vergewaltigung auf dem Zeltplatz. Die Veranstalter mussten sich mit jeweils über 200 Meldungen befassen.

Änderungen sind auch bezüglich des Phänomens der Kiffer feststellbar, zumindest gemäss den subjektiven Eindrücken des Beobachters, denn offizielle Zahlen der Polizei liegen noch keine vor. Im Publikum jedenfalls gab es viel weniger Leute mit Joints als in Vorjahren, oder sie rauchten ihre Haschischzigaretten diskreter.

swissinfo, Marc-André Miserez
(Übertragung aus dem Französischen: Renat Künzi)

Das Festival zählte rund 225’000 Eintritte.
Auf sechs offenen und gedeckten Bühnen fanden an sechs Abenden 120 Konzerte statt.
Das Festival-Gelände misst 80 Hektaren.
An 150 Ständen wurden Essen, Getränke und Handwerk aus der ganzen Welt verkauft.
Die Paléo-Organisation zählt 30 Festangestellte
Insgesamt sind 3750 freiwillige Helfer im Einsatz.
Das Budget beträgt 18,5 Mio. Franken.

Das Paléo Festival ist eine kleine Stadt mit 45’000 Einwohnern, nördlich von Nyon an der Autobahn gelegen.

Jeden Abend verfolgten 35’000 zahlende Zuschauer die Konzerte. Dazu kamen 9000 Gratiseintritte (Veranstalter, freiwillige Helfer, Sponsoren und Künstler) und einige Tausend Kinder unter 12 Jahren, die keinen Eintritt zahlen müssen.

6000 bis 7000 Menschen übernachten auf dem Zeltplatz, der seit kurzem nur Festivalbesuchern offen steht. An ihn grenzt ein Dorfplatz mit vielen Verkaufsständen, der allen Menschen frei zugänglich ist. Auf der dortigen Bühne treten vor allem Musiker aus der lokalen Szene auf.

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