Paul Klee 1933
Das Kunstmuseum Bern präsentiert 80 Zeichnungen von Paul Klee. Die Ausstellung zeigt eine eher unbekannte Seite des Künstlers aus einer schwierigen Zeit.
1933, das Jahr als Hitler Reichskanzler wurde, verlor Klee seinen Lehrstuhl in Deutschland.
Das Jahr 1933 bedeutete in Paul Klees Leben (1879-1940) eine entscheidende Wende: Am 1. Mai 1933 verlor er seinen Lehrstuhl an der Kunstakademie Düsseldorf und damit die Existenzgrundlage. Einige Wochen zuvor waren in seinem Wohnhaus in Dessau persönliche Unterlagen beschlagnahmt worden.
Die Nationalsozialisten beschimpften Klee als «Kulturbolschewisten» und «galizischen Juden». Ende 1933 emigrierte der Künstler schliesslich mit seiner Familie in die Schweiz, zu seinen Eltern nach Bern.
Zeichenstil
Die in Bern ausgestellten Bleistift- und Kreidezeichnungen stammen aus dieser Zeit. Klee zeichnete mit Heftigkeit. Auffallend ist die Strichdichte, mit der Paul Klee menschliche Gestalten und Tiere umreisst. Die Zeichnungen scheinen an Klees frühere Radierungen anzuknüpfen. Das Karikieren von Körperhaltung und Gesichtszügen erinnert an Honoré Daumier, dessen Lithographien Klee bewunderte.
Es ist unklar, wann der Künstler die vielen losen Zeichenblätter auf festes Papier geklebt und ihnen einen Titel gegeben hat. Möglicherweise ist dieser Arbeitsprozess aus einer gewissen zeitlichen Distanz heraus erst in Bern geschehen.
Mehrdeutigkeit
Als Kunstwerke sind die Zeichnungen kaum eindeutig lesbar. Darin unterscheiden sie sich klar von Karikaturen zu aktuellen politischen Ereignissen. Beispielsweise zeigt die Kreidezeichnung «Gewalt» zwei mit wilden Strichen festgehaltene Personen, eine Gefangene und eine Einfangende oder ein Opfer und einen Täter.
Bei aller Wildheit im Strich bleiben Paul Klees Zeichnungen zutiefst human. Statt zynisch auf seine Situation und die widerlichen politischen Umstände zu reagieren, bemüht sich der Künstler stets darum, das Grotesk-Komische humorvoll zu betonen.
Themen
Das Ausstellungskuratorium hat Klees Zeichnungen an den lachsfarbenen Wänden nach Themen gruppiert wie «Rasse und Familie», «Gewalt und Verfolgung», «Schutz und Hilfe» oder «Menschentypen und Porträt». Zur Auflockerung sind farbige Blätter aus demselben Jahr zwischen die grautonigen Zeichnungen auf vergilbtem Papier platziert worden.
Am Anfang des Parcours hängt beispielsweise zum Thema «Rasse und Familie» das schwarz-rot-braune Blatt «Dein Ahn?», das einen grinsenden Affenmenschen wiedergibt, der sich über die arische Frage zu amüsieren scheint.
Bei «Schutz und Hilfe» begegnet man der Kreidezeichnung «Samariter», in der das biblische Gleichnis in einer stürzenden und einer auffangenden Gestalt vor einem Obdach anklingt.
Neben Rückgriffen auf das Alte und Neue Testament oder die Mythologie setzte Klee die Gegenwart etwa der Hitlerjugend im Blatt «Barbarenjunge» direkter um.
swissinfo und Agenturen
Bern ist die zweite Station der Wanderausstellung «Paul Klee 1933».
Gastkuratorin ist die amerikanische Kunsthistorikerin Pamela Kort, welche die umfangreiche Werkgruppe von über 245 Zeichnungen aus dem Jahr der Machtergreifung Hitlers in enger Zusammenarbeit mit der Paul-Klee-Stiftung gesichtet hat.
Das Kunstmuseum Bern verabschiedet sich mit dieser dichten Schau von rund 80 karikierenden Zeichnungen als Klee-Forschungsstätte.
Künftig ist dafür das sich im Bau befindende Klee-Museum zuständig.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch