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Presse sieht Blochers Politik bestätigt

Schweizer Presse kommentiert die Abstimmungsresultate. swissinfo.ch

Am Tag nach dem Abstimmungs-Wochenende widmet die Schweizer Presse ihre Kommentare vor allem dem revidierten Ausländer- und Asylgesetz.

Kritische Stimmen kommen insbesondere aus den Westschweizer Zeitungen, während die Deutschschweizer Presse das Ergebnis als Triumph von Bundesrat Blocher wertet.

Das «Ja» der Schweizer Stimmberechtigten sei ein Votum für Blochers Politik gewesen, schreibt die Basler Zeitung. Die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger hätten sich von «der ebenso simplen wie wirkungsvollen «Missbrauchs-Kampagne» überzeugen lassen.

Auch für den Tages-Anzeiger ist das Resultat Blochers «grösster politischer Erfolg als Bundesrat». Doch «bundesrätliche Verschärfungen des Asylrechts haben es traditionell leicht an der Urne», schränkt das Blatt ein.

Von einem «persönlichen Erfolg» Blochers spricht die Neue Zürcher Zeitung. Das klare Ja sei «ein Zeichen des Missbehagens gegen den Missbrauch des Asylrechts». Gleichzeitig macht sie die Gegner für das deutliche Resultat verantwortlich: Die Abstimmung sei ein «Debakel für Rot-Grün».

Gar einen «grünlinken Flop» nennt der Blick das Ergebnis. Das Referendum sei «eine linke Zwängerei» gewesen. Es werde jetzt Zeit, dass die Linke die Ängste im Volk nicht länger beschimpfe, sondern ernst nehme. Denn es sei eine Realität, dass viele Schweizer ein Problem mit Ausländern hätten.

Kritik in der Westschweiz

Während die Deutschschweizer Zeitungen das Ergebnis der Abstimmung eher wohlwollend aufgenommen haben, werden in der Westschweizer Presse auch kritische Stimmen laut. Die Immigranten seien zu Sündenböcken für die Ängste der Schweizer gemacht worden, heisst es in mehreren Blättern.

Am deutlichsten äussert sich die linke Genfer Zeitung Le Courrier, die das Ergebnis «eine Ohrfeige» und «ein Ja der Verwirrung» bezeichnet. Auch der Quotien Jurassien zeigt sich besorgt: «Eine Einstellung, die von Angst geprägt ist, ist nicht gesund. Sie verschliesst sich vor der Zukunft.»

Ratlosigkeit der Bevölkerung

Le Matin sieht den Grund für die Zustimmung in den Bildern der afrikanischen Immigranten auf den Kanaren, die sich in den Köpfen der Menschen eingeprägt hätten. «Die Bevölkerung weiss keine Antwort auf diese Gefahr und hat sich für eine Verschärfung entschieden.»

Doch die Tribune de Genève warnt: «Diejenigen, die sich erhofften, dass die Ausländer durch die neuen Gesetze aus ihrem Umfeld verschwinden, werden enttäuscht.»

Wie in der Deutschschweiz erklären auch die Westschweizer Zeitungen das deutliche Abstimmungsresultat mit der Zustimmung für die Politik des Justizministers. «Die Schweizer haben sich vor allem für die SVP-Parolen (Stopp dem Missbrauch) ausgesprochen», kommentiert Le Temps.

Niederlage für die Linke

Die italienischsprachige Presse sieht die Abstimmungsresultate als Niederlage für die Linke: «Wenn man so weit weg ist von den Alltagssorgen der Menschen, kann man das angestrebte Ziel auch mit den besten Absichten und ausgeklügeltsten Techniken nicht erreichen», schreibt der Corriere del Ticino.

Und La Regione meint: «Ab heute wird sich Christoph Blocher noch freier in seinem Umgang mit der Migrationspolitik fühlen. Und für die Verfechter der schweizerischen humanitären Tradition wird sich die Arbeit schwieriger gestalten.»

Geschwächte AHV

Die gescheiterte Initiative «Nationalbankgewinne für die AHV» wurde in der Presse etwas weniger intensiv kommentiert.

Die Nationalbank gehe gestärkt aus der Prüfung hervor, ebenso wie die Kantone, schreibt der Tages-Anzeiger: «Geschwächt ist jedoch die AHV. Ein Ja wäre ein Bekenntnis zum wichtigsten Sozialwerk gewesen und eine Warnung, sie anzutasten.»

Der Bund sieht im Abstimmungsergebnis «eine solide Skepsis gegenüber Zauberlösungen für das populäre Sozialwerk». Der Härtetest stehe allerdings noch bevor. Nämlich zur Einsicht zu kommen, «dass es zur Sicherung der AHV Leistungskürzungen wie auch Mehreinnahmen braucht».

swissinfo und Agenturen

Die Abstimmungsergebnisse:
Ausländergesetz: 68% Ja
Asylrecht: 67,7% Ja
KOSA-Initiative: 58,3% Nein
Stimmbeteiligung: 48,2%

Am Sonntag äusserten sich die Stimmberechtigten zu zwei Referenden (gegen das Ausländer- und Asylgesetz) und eine Volksinitiative.

Das revidierte Ausländergesetz stellt für Ausländer von ausserhalb des EU-Raums härtere Bedingungen.

Das neue Asylgesetz will die Zahl der Missbräuche und «falschen Flüchtlinge» reduzieren und sieht daher striktere Personenkontrollen vor.

Die KOSA-Initiative forderte, dass die Gewinne der Nationalbank zur Finanzierung der AHV verwendet werden sollten, statt zwischen dem Bund und den Kantonen aufgeteilt zu werden.

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