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Presseschau vom 03.06.2003

Einmal mehr beschäftigt der G-8-Gipfel die Schweizer Presse. Kommentiert werden vor allem der Kurzauftritt des mächtigsten Mannes der Welt sowie die Anti-Globalisierungs-Krawalle in der Westschweiz.

Thema ist zudem das bundesrätliche Sparpaket von 3,4 Mrd. Franken.

Hat der G-8-Gipfel jetzt das Eis zwischen dem «alten Europa» und den USA gebrochen? Sind sich die Mächtigen dieser Welt, die infolge des Irak-Kriegs zerstritten waren, wieder näher gekommen?

«Sie machten auf Friede, Freude, Eierkuchen», schreibt das Boulevard-Blatt BLICK.

Präsident Bush habe den Europäern mit seiner vorzeitigen Abreise die kalte Schulter gezeigt. Das sei mehr als ein Affront, so der Zürcher TAGES-ANZEIGER:

«Er kam, sah – und musste gleich wieder gehen. Gesiegt hatte George W. Bush ja schliesslich schon in Bagdad. Am G-8-Treffen in Evian zeigte er den versammelten ‹Möchtegern-Grossen› noch einmal, wer das Sagen in der Weltpolitik hat.»

Ähnlich tönt es in der BERNER ZEITUNG: Der Mann aus dem Weissen Haus habe keine 24 Stunden gebraucht, um zu zeigen, wer die Macht habe:

«Dann hatte er was er wollte: Die G-8 verwarnte auf ihrem Weltwirtschafts-Gipfel in Evian harsch die Atommächte Iran und Nordkorea. Der Kampf gegen den Terrorismus wird weiter intensiviert. Und die führenden Wirtschaftsmächte plus Russland wollen beim Aufbau im Irak kooperieren.»

Der G-8-Gipfel, ein Produkt einer multipolaren Welt, sei mit den Interessen einer uneingeschränkt handelnden Supermacht nur schwer in Einklang zu bringen. Aus diesem Grund sei der Kurzauftritt Bushs nicht überraschend, heisst es in der AARGAUER ZEITUNG. Und weiter:

«Das macht den Stellenwert deutlich, den Bush dem Anlass beimisst. Evian war eine Pflichtübung. Der amerikanische Präsident hat andere Prioritäten.»

Anti-Globalisierungs-Proteste

LE TEMPS befasst sich vor allem mit den Demonstrationen und den teils schweren Krawallen und kostspieligen Verwüstungen in Genf. «Kann man die Chaoten stoppen?», fragt das Westschweizer Blatt auf der Titelseite und kommt zum Schluss:

«Wenn die Behörden von Bund und Kantonen nicht jedes Mal, wenn Gefahr droht, die Deutschen rufen wollen, müssen sie ihre Polizeikräfte mit einem Interventions-Konzept ausrüsten, das den neuen Bedrohungen angepasst ist.»

Auch die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG fragt sich, ob es denn kein Mittel gegen Randalierer gebe: «Bleibt der Staat, welcher gemäss alten Definitionen das Monopol der legitimen Gewalt besitzt, dazu verdammt, hilflos zuzusehen, wie einige Dutzend oder einige hundert jugendlicher ‹Desperados› die Gesetze ausser Kraft setzen?»

Das Problem sei, so die NZZ weiter, dass ein Teil der Bevölkerung eine ambivalente Beziehung zur Gewalt habe: «Solange die heimliche Lust an der Gewalt auch seitens unbescholtener Bürger nicht thematisiert wird, bestehen wenig Chancen, den Krawallen beizukommen.»

Sparpaket im Wahlkampf

Finanzminister Villiger hat nicht der Gewalt, sondern dem maroden Bundeshaushalt den Kampf angesagt. Dass auf eine Steuererhöhung verzichtet werde, sei positiv, schreibt die NEUE LUZERNER ZEITUNG. Gefragt seien jetzt allerdings gute Ideen:

«Vieles, was derzeit auf dem Marktplatz von Sparexperten freigeboten wird, tönt zwar auf den ersten Blick gut, entpuppt sich bei näherem Hinsehen aber nicht immer als das Gelbe vom Ei.»

Der Berner BUND gewinnt dem bundesrätlichen Sparpaket eine positive Seite ab: «Es belebt das Wahljahr ungemein.»

Die Linke wolle kein Sparprogramm, oder wenn, dann nur ein kleines. Die Rechte wolle ein Sparprogramm, allenfalls ein grösseres, aber nur, wenn nicht der Strassenbau betroffen sei. Fazit des BUND:

«Gesetzt ist das Thema der Auseinandersetzung: Wie viel Staat? Welche Schweiz? Was an sozialer Sicherheit?»

swissinfo, Gaby Ochsenbein

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