Presseschau vom 15.02.2003
Uno-Chefinspektor Blix hat dem Sicherheitsrat berichtet, es gebe bisher keine Beweise für Massenvernichtungs-Waffen des Irak. Man brauche weitere Inspektionen.
Die Schweizer Samstags-Zeitungen werten diese Auskünfte unterschiedlich.
«Anstatt klar zu sagen, Irak erfülle seine Verpflichtungen aus der Resolution 1441 nicht, zeichnet Blix erneut ein gemischtes Bild der Inspektionen.»
So der Berner BUND. Im Vergleich zum letzten Zwischenbericht sei der vom Freitag gar eher positiv für Irak ausgefallen. Der Graben zwischen den unterschiedlichen Meinungen im Sicherheitsrat sei nun gar grösser, meint der BUND und kommt zum Schluss:
«Die Aussicht, dass die USA praktisch alleine in den Krieg ziehen müssen, wird immer deutlicher.»
Endlich Beweise erbringen
Auch der BLICK kehrt die Beweislast um und schreibt:
«Herr Blix, liefern Sie Beweise!»
Blix solle endlich Beweise liefern, die einen Krieg rechtfertigen. Oder er solle sagen, dass es keine gibt, schreibt der Strategieexperte Albert A. Stahel im BLICK. Und der Experte meint weiter an die Adresse von Hans Blix:
«Fordern Sie Geheimdienst-Informationen von US-Präsident Bush darüber, wo die Iraker Massenvernichtungs-Waffen haben sollen und schicken Sie dann ihre erstklassigen Inspektoren hin.»
Applaus in der Uno
Die welsche LE TEMPS sieht die Vorgänge rund um den Irak wie ein Fussball-Spiel:
«Tauben 1 – Falken 0»
Es sei selten, so LE TEMPS weiter, dass in der Uno Beifall aufkomme. Bei den Ausführungen des französischen Aussenministers de Villepin, der für eine zeitliche Verlängerung der Inspektionen gesprochen habe, sei applaudiert worden. Für LE TEMPS haben deshalb die Tauben im Rat gepunktet:
«Pas assez pour ramener les faucons à la volière?»
Ob das reiche, um die Jagdfalken in den Käfig einzusperren? Fragt sich die Zeitung:
«Vermutlich nicht.»
Inkonsistenzen zwischen Irak und Nordkorea
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG weist auf die Diskrepanz zwischen den beiden Kontinenten Amerika und Europa hin:
«Amerika drängt, Frankreich bremst weiter.»
Die NZZ bringt auch Nordkorea ins Spiel:
«Nicht besonders überzeugend wirkt die Politik jener Staaten, die von Washington im Fall Irak ein multilaterales Vorgehen, im Fall Nordkorea aber direkte Verhandlungen verlangen.»
So wolle die Uno eine Militäraktion in Irak verhindern, in Nordkorea wolle sie aber zurückstehen und alles den USA überlassen, meint die NZZ.
Gegen den Krieg
«Krieg ist keine Antwort»
schreibt die BASLER ZEITUNG und sagt ganz deutlich:
«Es gibt derzeit allen Grund, diesen Krieg abzulehnen – und es laut und deutlich zu sagen.»
Auch die BERNER ZEITUNG wird deutlich und fragt sich, was denn die USA wirklich beabsichtigen?
Wenn es die Absicht sei, Irak abzurüsten, dann müssten die USA den Inspektoren den Rücken stärken. Doch die BZ glaubt eben an andere Ziele der Grossmacht:
«Eine neue strategische Ordnung und Zugang zum irakischen Öl als Ersatz für das unsicher gewordene in Saudiarabien? Das bleibt die plausibelste Erklärung, will man das Drängen der USA auf Krieg verstehen.»
Die Uno entscheidet
Der Zürcher TAGES ANZEIGER schreibt fast beschwörend gross auf seine Titelseite
«Nur die Uno hat das Recht auf Krieg»
Die Menschen wollten keinen Krieg, schreibt die Zeitung aus Zürich:
«Ein Militärschlag der Amerikaner ohne Beteiligung der Uno wird von 87,9 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer verurteilt; selbst einen Krieg mit Zustimmung des Sicherheitsrates lehnen fast 75 Prozent ab. In fast keinem europäischen Land zeigt sich eine Mehrheit für den Krieg»
Der Krieg wäre eine schreckliche Lösung, so der TAGI, aber im Uno-Sicherheitsrat sei immer mit offenen Karten gespielt worden – gegenüber Saddam Hussein und auch gegenüber der Weltöffentlichkeit. Der TAGES ANZEIGER:
«Und deshalb ist der Sicherheitsrat legitimiert, den Krieg zu sanktionieren.»
swissinfo, Urs Maurer
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