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Presseschau vom 21.03.2003

Die Schweizer Zeitungen verurteilen am Freitag den Angriff der Alliierten auf Irak. Die Schweiz sei mit ihrer Neutralitätspolitik auf dem richtigen Weg.

Die Zeitungen begrüssen die schweizweiten Demonstrationen von Jugendlichen.

«La guerre et la colère – der Krieg und die Wut» titelt die Westschweizer Tages-Zeitung Le TEMPS.

Ähnlich der BLICK: «Bush bombt Bagdad zu – 100’000 Schweizer in Wut».

«L’empire attacque – Das Imperium greift an» titelt La LIBERTE und LE MATIN fragt in weissen Lettern auf einer ganz schwarzen Titelseite:

«Jusqu’où iront-ils? – Bis wo werden sie gehen?»

«Die Schlacht um Irak ist voll entbrannt» titelt die BASLER ZEITUNG und weiter:

«Leichtfertig haben die USA einen Konflikt vom Zaun gebrochen, für den alle Beteiligten teuer bezahlen müssen.»

Saddam Hussein sei ein Schurke, schreibt die BERNER ZEITUNG, dennoch müsse man gegen diesen Krieg sein:

«Weil unschuldige Menschen sterben; weil nicht bewiesen ist, dass zwischen Saddam und Bin Laden ein Zusammenhang besteht; weil uns der Irak nicht bedroht; weil es für diesen Krieg keine völkerrechtliche Legitimation gibt.»

DIE SÜDOSTSCHWEIZ kritisiert, die USA hätten sich unter dem jetzigen Präsidenten stets für den Weg jenseits der internationalen Normen entschieden.

Die AARGAUER ZEITUNG stellt fest: «‹Hegemon› heisst die neue dämonisierende Umschreibung der Vereinigten Staaten. Der Hegemon sagt, was recht ist. Er achtet nicht mehr auf Konventionen (UNO), er mutiert vom Polizisten zum Richter.»

Der Kommentar des TAGES-ANZEIGERS:

«Die USA haben jetzt bewiesen, dass sie es mit dem Unilateralismus und der Doktrin des Präventivkriegs ernst meinen. Washington hat sich nicht die Mühe gemacht, eine Mehrheit von Staaten davon zu überzeugen, dass vom Irak eine unmittelbare Gefahr ausgeht. Gewalt legitimiert sich nur, wenn sie eine grössere Gewaltanwendung verhindern kann. Dies trifft im Irak zurzeit nicht zu. Nach dieser Doktrin müssten die USA nun weitere missliebige Regimes – etwa im Iran – nach ihrem Gutdünken angreifen. Der Krieg wird wieder zum Mittel der Politik.»

Dies werde Frustration, Wut, Hass und Vergeltungsgelüste auslösen, schreibt der TAGI. «Eines ist deshalb gewiss: Die Welt wird mit diesem Krieg unsicherer.»

Neutralität und Proteste

Die offizielle Schweiz hat am Donnerstag ihre Neutralität bekräftigt.

Die NZZ schreibt: «Die Bürger der Schweiz müssen und sollen nicht neutral sein. Aber die Schweiz als Staat ist es.»

Die NZZ begrüsst die Position der Regierung:

«Der Bundesrat hat nun bewiesen, dass ihm mit der Neutralität, einer aktiven Neutralität, ernst ist. Eine aktive Neutralität ist eine, die hinter den Kulissen das Ihre tut, Kriegsschäden zu begrenzen, und vor den Kulissen echte, und nicht bloss theatralische, humanitäre Hilfe leistet.»

Auch der TAGES-ANZEIGER lobt die Schweizer Regierung für ihre humanitäre Haltung, und insbesondere auch die neue Aussenministerin:

«Bundesrätin Calmy-Rey bewegt sich aussenpolitisch auf dem richtigen Kurs, indem sie diese Werte betont – ganz im Gegensatz zu Bundespräsident Pascal Couchepin, der die USA in seiner Rede vor dem Parlament geschont hat.»

Neutralität heisse aber auch, fordert der TAGI, dass die Schweiz kein Kriegsmaterial an Staaten liefern dürfe, die ohne UNO-Mandat Krieg führten.

«Das bedeutet, dass unser Land Waffenlieferungen in die USA sofort stoppen muss. Erst dieses Neutralitätsverständnis macht die Politik der Schweiz glaubwürdig – gegen innen und gegen aussen.»

Neue Jugendbewegung

Die Schweizer Zeitungen freuen sich über das einzig Positive, was die Irak-Krise hervorgebracht habe.

«Eine neue Jugendbewegung ist entstanden», schreibt die BASLER ZEITUNG.

Auch der BLICK findet, die demonstrierenden Jungen, die daran glaubten, dass die Welt eine bessere sein könne, seien ein Zeichen der Hoffnung:

«Die Schweiz erlebte gestern die grösste Demonstrationswelle ihrer Geschichte.»

Und die Westschweizer Zeitung LE TEMPS schreibt:

«Jamais la Suisse n’a connu de manifestations plus spontanément imposantes que celles d’une génération SMS descendue en masse dans la rue jeudi matin – Die Schweiz hat noch nie so grosse spontane Demonstrationen gesehen wie jene der Generation SMS, die am Donnerstag morgen auf die Strasse gegangen ist.»

swissinfo, Anita Hugi

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