Schulharmonisierung: Vernehmlassungstest bestanden
Die Erziehungsdirektoren erhalten gute Noten für ihre Idee, die obligatorische Schule in der Schweiz auf Ebene der Kantone zu harmonisieren.
Als ungenügend beurteilen einzelne Verbände in der Vernehmlassung die Regelung zur Fremdsprachen-Abfolge. Sie ist ihnen zu vage.
Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) will den Kantonen die Wahl lassen, ob sie Englisch oder Französisch als erste Fremdsprache einführen.
Hier setzt etwa der Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) mit seiner Kritik am Konkordat zur interkantonalen Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS) an.
Für den LCH ist es inakzeptabel, dass ausgerechnet die Fremdsprachen-Abfolge ausgeklammert wird.
Kritik auch von anderer Seite
Auch der Schweizerische Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) kritisiert dies. Welche Sprache zuerst und zu welchem Zeitpunkt eingeführt werde, müsse definiert werden, schreibt der VPOD.
Dieser Meinung ist auch die Aargauer Regierung. Sie bedauert, dass sich keine einheitliche Lösung abzeichnet.
Gleichgewicht zwischen Fächern gefordert
Im Rahmen von HarmoS soll die Grundbildung bei so genannten «harten» Fächern wie Mathematik, Naturwissenschaften und Sprachen stärker gewichtet werden als jene von musischen, handwerklichen und bewegungsorientierten Fächern.
Solch eine Bevorzugung sei aus pädagogischer Sicht nicht sinnvoll, schreibt der VPOD. Auch die Union der Schülerorganisationen aus der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein (USO) hat daran keine Freude. In dieser Form lehne die USO den Artikel ab, schreibt sie.
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EDK
Klare Leitplanken für Bildungsmonitoring
Zudem sieht HarmoS vor, dass Entwicklungen und Leistungen von Schülerinnen und Schülern regelmässig in einem Bildungsmonitoring evaluiert werden. Hier fordert der VPOD klare Leitplanken. Erhebungen dürften beispielsweise nur in anonymisierter Form durchgeführt werden. Bildungsstandards und Rankings sollen laut VPOD nicht zur Selektion dienen.
Auch der Verein Schule und Elternhaus Schweiz (S&E) blickt mit Skepsis auf den Vorschlag. Das Kompetenzniveau der Schülerinnen und Schüler müsse ohne «Schulranking» ersichtlich sein, schreibt S&E.
Kindergärtnerinnen äussern keine Vorbehalte
Der Verband KindergärtnerInnen Schweiz (KgCH) empfiehlt den vollumfänglichen Beitritt zu HarmoS. Das Konkordat werde in allen Punkten unterstützt, schreibt der KgCH in seiner Vernehmlassungs-Antwort.
Der Verband nehme erfreut zur Kenntnis, dass HarmoS viele Themen aufgreife, für die sich der KgCH schon früher eingesetzt habe, heisst es weiter.
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Vernehmlassung
Harmonisierung mit Spielräumen
Im Jahr 2002 haben die kantonalen Erziehungsdirektoren das Konkordat über die Harmonisierung der obligatorischen Schule lanciert. Es soll schweizweit verbindliche, messbare Bildungsstandards festlegen, dabei aber den Kantonen und Sprachregionen grosse Spielräume lassen.
Die EDK hatte das Konkordat im Februar 2006 in die Vernehmlassung geschickt und will es nun überarbeiten. Ende 2007 geht es zur Ratifikation in die Kantone.
Inkrafttretung mit 10 Kantonen
Das HarmoS-Konkordat tritt in Kraft, wenn zehn Kantone ihren Beitritt erklärt haben.
Die ersten Ratifikations-Verfahren dürften 2009 abgeschlossen sein. Danach haben die Kantone vier Jahre Zeit, die Anpassungen vorzunehmen.
swissinfo und Agenturen
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