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Schutz für das Romanische

Ein Schüler schreibt rätoromanisch
Ob in Romanisch unterrichtet wird oder nicht, entscheiden im Kanton Graubünden die einzelnen Gemeinden. Keystone Archive

2'700 Personen fordern in einem Manifest die Rettung des Rätoromanischen. Sie wollen, dass die Sprache durch die Bündner Kantonsverfassung unterstützt wird.

«Alarmierend» bezeichnet das von privater Seite lancierte Manifest die Situation des Rätoromanischen. Es wurde am Donnerstag in Chur dem Bündner Regierungspräsidenten Claudio Lardi sowie Grossratspräsident Rodolfo Plozza überreicht. Zudem soll es auch Bundespräsident Kaspar Villiger zugestellt werden.

Mehr als nur gefährdet

Zu den 31 Erstunterzeichnern gehören sechs Rechtsprofessoren und vier Bundesrichter. Der frühere Bündner Nationalratspräsident und Historiker Martin Bundi erklärte, das Rätoromanische sei nicht mehr nur gefährdet. Vielmehr gehe es heute um eine in ihrer Existenz bedrohte Sprache, die ausserordentlicher Unterstützung bedürfe.

Schutz und Sukkurs für die Kleinsprache erhoffen sich die Initiantinnen und Initianten des Manifests einerseits vom neuen Sprachenartikel der Bundesverfassung. Der Artikel aus dem Jahr 1996 verpflichtet den Bund, dem Kanton Graubünden bei der Erhaltung und Förderung des Rätoromanischen zu helfen. Zudem wertet er die Stellung des Rätoromanischen als Amtssprache des Bundes auf.

Andererseits hoffen die Manifestanten auf Verbesserungen durch die Totalrevision der Bündner Kantonsverfassung. Nach heutigem Gesetz bestimmen die Bündner Gemeinden ihre Verwaltungs- und Schulsprache nach eigenem Gutdünken. Bei deutschprachigen Mehrheiten werde deshalb manchmal ein Entscheid zu Ungunsten des Romansichen gefällt, erklärt Mitinitiantin Rita Cathomas-Bearth gegenüber swissinfo. Es brauche nun gesetzliche Grundlagen, welche den Kanton zum Schutz des Rätoromanischen verpflichten. «Wir wollen verhindern, dass ein paar Bürgerinnen und Bürger an einer Gemeindeversammlung einfach so sagen können, wir wollen keine romanischen Schulen mehr.»

Handlungsbedarf vor allem in Graubünden

Die Lia Rumantscha, Dachorganisation der romanischen Sprachverbände, «ist erfreut zu sehen, welch grosse Solidarität und Bereitschaft zur Unterstützung für das Rätoromanische durch das Manifest an den Tag gelegt wird». Andreas Gabriel, stellvertretender Generalsekretär wies weiter darauf hin, dass die Lia Rumantscha im Rahmen der Revision der Kantonsverfassung «intensive Gespräche» führe, um eine «gute Lösung für das Rätoromanische zu erreichen.

Giusep Nay, Bundesrichter mit rätoromanischer Muttersprache, sagte, die neue Bündner Kantonsverfassung müsse einen Sprachenartikel enthalten, der das Romanische und die Dreisprachigkeit Graubündens besonders schütze.

Kernpunkt müsse die Verpflichtung von Kanton und Gemeinden sein, das Romanische in den rätoromanischen Gebieten als Amtssprache zu bestimmen. Dies solle im Sinn eines differenzierten Sprachgebiets- oder Amtssprachenprinzips erfolgen, wie es heute verstanden und in neusten Entscheiden des Bundesgerichts Anwendung finde.

Stetige Abnahme

Hintergrund des Manifests sind die Ergebnisse zum Rätoromanischen bei der Volkszählung 2000. Noch knapp 34’000 Personen oder 0,46% der Schweizer Bevölkerung gaben das Romanische als Hauptsprache an.

Der Rückgang hat sich damit fortgesetzt, wenn auch nicht im gleichen Tempo wie früher. 1990 hatten 0,6% der Schweizer Bevölkerung das Rätoromanische als Hauptsprache angegeben. Inzwischen wird aber in der Schweiz mehr Serbisch oder Portugiesisch als Romanisch gesprochen.

Kathrin Boss Brawand und Agenturen

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