Schweiz «immerhin» in der WM-Barrage
Trotz grosser Enttäuschung über die verpasste direkte Qualifikation für die Fussball-WM 2006 anerkennt die Presse die Leistung der Schweizer National-Elf.
Über die Chancen von Köbi Kuhns Mannschaft in der Barrage sind sich die Kommentatoren hingegen nicht einig.
Mit einem 1:0 gegen Irland hätte sich die Schweiz am Mittwoch direkt für die Fussball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland qualifizieren können. Es blieb aber beim 0:0 und als Gruppenzweite kann sich die Schweiz nur noch in zwei Barrage-Spielen für die WM qualifizieren.
«Die Schweiz muss zittern», titelt die «Berner Zeitung» am Donnerstag. Die Boulevard-Zeitung «Blick» dagegen zeigt sich trotzig: «Jetzt fahren wir halt auf Umweg an die WM.»
«Immerhin» finden fast durchs Band weg alle Zeitungen und zollen so den ausserordentlichen Leistungen der Schweizer Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation Anerkennung.
«Immerhin, und das ist ein Erfolg: Die Tür bleibt offen», schreibt der «Tages-Anzeiger». «Immerhin», findet auch «Der Bund», habe sich der Traum von der WM-Teilnahme 2006 am Leben erhalten.
Die Schweiz habe jetzt noch zwei Spiele in der Barrage vor sich, betont auch die «Neue Zürcher Zeitung» und das sei «viel mehr, als man nach der Auslosung der Gruppe zur prophezeien gewagt hatte. Deshalb ist die Zwischenetappe ein Erfolg. Die Kurve zeigt aufwärts.»
Die «Berner Zeitung» glaubt allerdings, dass sich die Schweiz eine WM-Qualifikation noch nicht verdient habe: «Die Schweiz hat keinen einzigen Sieg gegen einen der direkten Konkurrenten errungen.»
Zwischen Zittern und Zuversicht
Über die Chancen der Schweizer in der Barrage herrscht Uneinigkeit. Der «Tages-Anzeiger» ist skeptisch: «Was es Mitte November innerhalb von vier Tagen braucht, ist ein Exploit». Die Nationalmannschaft müsse einen oder zwei hervorragende Auftritte zeigen. Allerdings hätten solche bisher gefehlt.
Zuversichtlicher ist «Der Bund», der glaubt, dass einer Mannschaft, die seit 13 Spielen nicht mehr verloren hat, alles zuzutrauen sei. Trotz der Enttäuschung dürfe nicht «ausser Acht gelassen werden, dass eine WM-Teilnahme für die Schweiz keine Selbstverständlichkeit» sei.
Mit «Kopf hoch!» macht der «Blick» sich, Kuhns Mannschaft und auch den Fussball-Fans Mut. Er lobt «die Jungs» und erklärt ihnen, das WM-Ticket könnten sie ihrem Trainer auch noch im November übergeben, denn – so erklärt er den Nati-Spielern – «ihr wart auch in Dublin gut».
Auch die «Berner Zeitung» ist hoffnungsvoll: «Vieles spricht dafür, dass die beste Zeit dieser solidarischen, talentierten und selbstbewussten Equipe noch bevorsteht.»
Verhaltener reagiert dagegen die «Neue Luzerner Zeitung», sie schreibt, bisher habe die Schweiz keinen Exploit geschafft, einen solchen brauche sie aber in der Barrage, «denn: Ohne Exploit verdient sich kein Team einen WM-Platz».
Frei im Kreuzfeuer
Enttäuschung und zum Teil auch Ärger herrscht über die verpassten Chancen im Spiel vom Mittwoch. Vor allem der Top-Skorer Alex Frei muss viel einstecken in den Zeitungen vom Donnerstag. In der 81. Minute stand der Stürmer aus Basel, der zurzeit bei Rennes spielt, alleine vor dem irischen Tor und verpasste die Chance zum Führungstreffer.
«Der Schweiz hätte ein kaltblütiger und schlauer Frei genützt. Leider hat er uns dieses Mal verraten», schreibt der «Corriere del Ticino». Auch «24heures» nimmt Frei in die Mangel. Es scheine zwar hart, einen Spieler zu kritisieren, der in den vergangenen Saisons so viel für die Nationalmannschaft geleistet habe. «Aber der Spieler von Rennes muss sein Versagen anerkennen und akzeptieren.»
Der «Garant für Tore» habe versagt, so auch der «Tages-Anzeiger». Versöhnlicher zeigt sich der «Blick», findet es zwar «schade, dass Alex die Frei-Karte an die WM nicht einlöste», aber er rät dem Stürmer: «Kopf hoch! Viele Wege führen nach Deutschland.»
Kerr auf dem Schleudersitz
Irland ist mit dem 0:0 vom Mittwoch endgültig von der WM 2006 ausgeschlossen. Die lange Nacht in Landsdowne habe nicht nur mit langen Gesichtern geendet, ihr würden über kurz oder lang auch «lange Messer» folgen, droht «The Irish Times».
«Die dreijährige Amtszeit von Coach Brian Kerr wurde zusammen mit den irischen Hoffnungen fast sicher beendet», schreibt sie. Es sei Irlands schlechteste WM-Qualifikation seit 1986 gewesen.
swissinfo, Nicole Aeby
Die Schweizer Nationalmannschaft kann in den Barrage-Spielen vom 12. und 16. November nur auf Tschechien, Spanien oder die Türkei treffen.
Vor der Auslosung am Freitag, 12 Uhr, in Zürich werden die sechs Barrage-Teilnehmer in zwei Töpfe gesetzt. Massgebend ist das FIFA-Ranking.
In einer weiteren Auslosung wird danach ermittelt, wer zuerst zu Hause antreten muss.
Im FIFA-Ranking belegen die sechs Barrage-Teams die folgenden Ränge: 4. Tschechien, 8. Spanien, 12. Türkei, 37. Norwegen, 38. Schweiz und 45. Slowakei.
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