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Schweizer Hommage an Miquel Barceló

Miquel Barceló: Ausschnitt aus Hamlet 1983. MdAM

Erstmals wird in der Schweiz eine Anthologie des bekannten spanischen Malers Miquel Barceló gezeigt. Im Museum für moderne Kunst in Lugano sind 80 Bilder sowie mehrere Zeichnungen und Skulpturen zu sehen.

Der Aufwand war gross, die Werke aus öffentlichen und privaten Sammlungen für die Ausstellung zusammen zu tragen. Das Ergebnis ist bemerkenswert.

Der Ausstellungsparcours beginnt 1982. Es sind Jahre, in denen Miquel Barceló Bilder malt, auf denen malende Künstler zu sehen ist.

Zum Beispiel: «El pintor damunt el cuadro» (Der Künstler vor dem Bild) aus dem Jahr 1983.

Ein Art Selbstbetrachtung. «Meine Bilder sind keine Darstellungen, sondern Rekonstruktionen», merkt der Künstler dazu an. Bilder, in denen etwa ein roter Pinsel wie ein leuchtendes Feuer erscheint.

Animalische Komponente

Wie ein Leitfaden zieht sich dieser Ansatz durch das Werk Barcelós. Er setzt sich mit sich selber und seiner unmittelbaren Lebenssituation, scheinbar banalen Dingen, auseinander. Von Büchern und Bibliotheken über Stierkämpfe bis zum Kochen und Landschaften in Mali, seiner zweiten Heimat.

In vielen Bildern sind auch Tiere zu sehen. «Dies ist die animalische Komponente in meinem Werk», ironisierte Barceló bei der Präsentation der Ausstellung. Sein Leben in Mali sei von Tieren geprägt.

Tatsächlich gehen diese animalischen Züge über eine rein bildhafte Darstellung hinaus. Barceló modellierte etwa Tierkadaver auf der Leinwand, so dass sie wie ein Mini-Relief fast als reale Tiere erscheinen.

Beziehungen zur Schweiz

Auch in vielen anderen Werken verwendet der Künstler nicht nur Farben, sondern formt seine Vorstellungen physisch auf der Leinwand.

Mit kleinen Reishügeln entstehen so wahrhaftige Wüstenlandschaften wie beispielsweise in «Piedra blanca sobre piedra negra» von 1989.

Für die Darstellung von Regen in Mali schlitzt er kleine Streifen in die Leinwand. «Regen ist ein eminent physisches Ereignis», sagt der Künstler. Mit Fotografien lassen sich diese Bilder denn auch kaum fassen – eine Dimension fehlt.

Barceló ist heute ein international anerkannter Künstler. Dabei gibt es in seiner Karriere eine wichtige Schweizer Komponente.

Es war der Zürcher Gallerist Bruno Bischofberger, der Anfang der 1980er-Jahre an das Talent von Barceló glaubte und 1983 während einer Ausstellung in der Galerie Yvon Lambert in Paris die meisten seiner Werke kaufte.

1984 wurde Bischofberger offizieller Agent von Barceló. «Das war für mich entscheidend», sagt der Spanier, der dank dieser Beziehung auch wiederholt die Schweiz bereiste.

Intensität des Ausdrucks

Für Kurator Rudy Chiappini sind die Bilder Barcelós Ausdruck einer «absoluten Intensität» und die Skulpturen von einer «selten anzutreffenden Ausdruckskraft». Die ausgestellten Werke stammen aus Museen in Paris, Bordeaux, Toulouse und Barcelona sowie aus Galerien und Privatsammlungen. Barceló: «Viele Bilder habe ich selber über 20 Jahre nicht mehr gesehen.»

Zweifellos handelt es sich um eine der umfassendsten Werkschauen des Künstlers, der nach seiner Teilnahme an der Biennale von São Paulo (1981) und der Documenta in Kassel (1982) internationale Aufmerksamkeit auf sich zog.

Zu weiterer Bekanntheit kam Barceló im Juni 2003 dank der Verleihung des Prinz-von-Asturien-Preises in der Sparte Künste. Die Jury begründete ihren Entscheid mit der Tatsache, dass er «einer der grössten Exponenten der zeitgenössischen Malerei in Europa» sei.

swissinfo, Gerhard Lob, Lugano

1957: Geburt am 8.Januar in Felanitx auf der Insel Mallorca (Spanien).

1973-74: Studien an der Schule der schönen Künste in Palma di Mallorca.

1976: Kunsthochschule Barcelona. Erste Einzelausstellung «Cadaverina 15» in Palma zum Thema Metamorphosen.

1982: Einladung zur Documenta 7 in Kassel.

1986: Auszeichnung mit dem spanischen Kulturpreis «Premio Nacional de Artes Plasticas».

1986-88: Lebt und arbeitet in Barcelona, Paris und New York.

1988: Erste Reise nach Afrika. Danach Pendler zwischen Paris, Mallorca und Mali.

2004: Das Louvre in Paris zeigt Illustrationen Barcelós zu Dantes Göttlicher Komödie.

2006-2007: Arbeiten an einer Kapelle der Kathedrale von Palma de Mallorca.

Im Museum für Moderne Kunst in Lugano (MdAM) sind auf drei Stockwerken rund 80 Bilder, Zeichnungen und Skulpturen zu sehen. Die Ausstellung ist chronologisch geordnet und reicht von 1982 bis 2006.

Mit dieser Anthologie beendet Kurator Rudy Chiappini seine Arbeit am MdAM. Er hat seit 1993 wichtige Ausstellungen in Lugano organisiert, unter anderem zu Francis Bacon, Edvard Munch, Amedeo Modigliani, Marc Chagall sowie Christo und Jeanne-Claude.

Die Ausstellung dauert bis am 4. Februar 2007 geöffnet.

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