Schweizer Küchenchef betört New Yorker Gaumen
Der Schweizer Daniel Humm ist als bester Küchenchef der USA ausgezeichnet worden. Vergeben wird der Preis von der Stiftung James Beard. Mit 36 Jahren ist Humm, der in New York ein Restaurant führt, einer der jüngsten Chefs, die diesen Preis erhielten.
Daniel Humm, der 2006 die Stelle als Küchenchef des Eleven Madison Park antrat, war mit seinem Restaurant erst vor kurzem auf der in London veröffentlichten Liste der 50 besten Restaurants der Welt von Rang 24 auf Rang 10 vorgerückt. Das Eleven Madison Park hat auch drei Michelin-Sterne.
Seine erste Gastro-Auszeichnung hatte Humm 2001 erhalten. Vom Gault Millau wurde er als damaliger Küchenchef in der «Chrone» in Mesikon im Kanton Zürich als «Entdeckung des Jahres» aufgeführt.
Etwas von einer Tellerwäscherkarriere
Von Schinznach Dorf (Aargau) in die höheren Sphären der New Yorker Gastronomie scheint es nur ein Schritt zu sein. Dies ist zumindest der Eindruck, den Daniel Humm, der junge Schweizer Küchenchef des Eleven Madison Park vermittelt.
Mit einem Lächeln auf den Lippen, entspannt in strahlend weisser Kochbekleidung, scheint sich der gebürtige Aargauer im grossartigen Dekor seines Restaurants in Manhattan wohl zu fühlen wie ein Fisch im Wasser.
Bevor er sich an einer Ecke der Bar niederlässt, wirft er nochmals einen letzten Blick auf den Saal, kurze Pause in einem dicht gedrängten Tag.
Bevor die Auszeichnungen kamen – am Montag wurde er als «bester Küchenchef der USA» geehrt und sein Restaurant figuriert seit kurzem auf der Liste der 50 weltbesten auf Platz 10 – musste auch Daniel Humm zuerst seinen Weg finden.
Alles hatte mit einem grossen Widerwillen gegen die Schule begonnen. «Ich war ein sehr schlechter Schüler, habe Stunden geschwänzt. Das, was man mir beibringen wollte, hat mich einfach nicht interessiert», erklärt er und nippt an einem Glas Eiswasser.
Marktgerüche und Bauernhof-Stimmung
Die Gerüche der Märkte, auf die er seine Mutter begleitete, kleine Arbeiten auf Bauernhöfen wie Erdbeeren oder Kirschen pflücken sowie eine Familie, in der man gutes Essen schätzte, trugen zu seinem Entschluss bei.
«Im Alter von 14 Jahren wusste ich, was ich tun wollte. Ich habe die Schule verlassen und eine Lehre als Koch begonnen. Küchen waren für mich sofort ein Ort, wo alles einen Sinn machte, ich war völlig begeistert.» Der ehemals faule Schüler schloss seine Lehre als landesweit bester des Jahrgangs ab, mit einer Note von 5,9.
Nachdem er sein handwerkliches Können unter Gérard Rabaey vom Restaurant Le Pont de Brent in Montreux weiter vertieft hatte und nach ersten Posten als Küchenchef in Mesikon (ZH) und im Appenzellischen, verlässt Daniel Humm die Schweiz und fliegt 2003 über den Atlantik: Er hatte ein Angebot erhalten, in einem grossen Hotel in San Francisco als Küchenchef zu arbeiten.
Zwei Koffer in der Hand
«Ich bin mit zwei Koffern weggegangen. Einer enthielt meine Küchenchef-Kleider und meine Messer. Der andere Kleider für den Alltag. Hätte ich gewusst, wie schwierig es werden würde, hätte ich wohl nicht zugesagt. Doch ich war noch sehr jung und dachte mir, alles sei möglich. Es war hart, aber schliesslich ist es mir gelungen, mir einen Namen zu machen.»
2006 steuert Daniel Humm New York und das Eleven Madison Park an. Er erhält den Auftrag, das Lokal neu zu konzipieren. «Ich war sehr nervös. Die Konkurrenz hier ist sehr hart und viele haben sich schon die Zähne ausgebissen.»
Unter seiner Ägide wurde die Zahl der Sitzplätze im Restaurant von 200 auf 80 gesenkt und die Menukarte völlig umgestaltet, sie enthält keine Gerichte mehr, sondern nur noch Zutaten.
Menu nach Mass
Und wie funktioniert dieses Konzept? Die Gäste wählen aus insgesamt 16 Zutaten vier aus, die Hauptzutat für je einen Gang. Jedes Gericht wird dem Geschmack des Gastes und der Auswahl des Weins angepasst. «Es ist wie bei einem Massanzug: Für jeden Gast verschieden, aber in einem Stil, der meiner ist», erklärt der Küchenchef.
Und offensichtlich funktioniert es! Auszeichnung folgt auf Auszeichnung. Eleven Madison Park wird vom New York Magazine als bestes Restaurant der Stadt ausgezeichnet und erhält zudem drei Michelin-Sterne. Ohne Reservation Wochen im Voraus läuft gar nichts. Man stösst im Restaurant auf Stars wie Brad Pitt, Richard Gere oder Beyoncé, um nur ein paar zu nennen.
«Natürlich freue ich mich und bin stolz auf die Auszeichnungen. Sie zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind und sie helfen, das Team zu inspirieren. Aber letztlich sind die Auszeichnungen nicht das, was zählt. Ich liebe es schlicht, in der Küche zu sein, es macht mir Spass und ich habe nicht das Gefühl, dass ich arbeite.»
Daniel Humm dirigiert heute eine Equipe von 75 Personen, kreiert pro Woche zwei neue Gerichte, hat ein Kochbuch veröffentlicht und daneben vor kurzem ein weiteres Restaurant eröffnet. Humm hat auch eine Familie, ist verheiratet und Vater von zwei Töchtern – und in seiner freien Zeit läuft er auch noch Marathons.
Bleibt bei all dem auch etwas übrig von der Schweiz? Die Liebe zur Präzision und Qualität der Zutaten, erklärt Humm. Und mit einem leichten Hauch von Nostalgie in der Stimme, gibt er zu, auch den Geschmack traditioneller Gerichte aus der Heimat wie Rösti und Zürcher Geschnetzeltes wolle er nicht vergessen. Aber eine Rückkehr in die Schweiz, das kommt nicht in Frage. Humm hat seine Wahl getroffen: «Ich liebe New York und New York liebt mich. Ich werde hier bleiben.»
Die Stiftung vergibt seit 25 Jahren Gastronomie-Preise in den unterschiedlichsten Kategorien, welche die gesamte Spannweite der Branche abdecken. James Beard, der 1985 verstorbene Namensgeber der Stiftung, war selber Koch und Gastro-Kritiker.
Die James-Beard-Preise werden auch als Gastro-Oscars bezeichnet. Mehrere Hundert in der Branche tätige Personen geben zur Wahl der Preisträger ihre Stimme ab.
(Quelle: sda)
Geboren 1976, wächst im Kanton Aargau auf. Im Alter von 14 Jahren verlässt er die Schule und macht eine Lehre als Koch.
In den 1990er-Jahren vertieft er sein handwerkliches Können unter Chef Gérard Rabaey im Le Pont de Brent bei Montreux.
An seinem ersten Posten als Küchenchef in der «Chrone» in Mesikon ZH wird Humm vom Gault Millau 2002 als «Entdeckung des Jahres» ausgezeichnet.
Kurz darauf übernimmt er die Küche im «Gupf» in Rehetobel AR und erhält seinen ersten Michelin-Stern und von einem Gast ein Angebot als Küchenchef in San Francisco.
Dieses nimmt er an und fliegt 2003 an die Westküste der USA, wo er rasch eine Reihe von Auszeichnungen erhält.
2006 folgt der Umzug nach New York, wo er die Küche im Eleven Madison Park übernimmt. Rasch wird das Lokal zu einer der Top-Gastroadressen in der Stadt.
Von der New York Times erhält es 2009 die Bestnote der Redaktion, vier Sterne. 2010 wird Humm von der Stiftung James Beard als bester Koch New Yorks ausgezeichnet, das Lokal 2011 als herausragendes Restaurant.
Im selben Jahr folgt einer von Humms grössten Gastro-Erfolgen: Der Michelin-Guide zeichnet das Eleven Madison Park mit drei Sternen aus.
Anfang 2012 rückt das Lokal auf der Liste der 50 weltweit besten Restaurants von Rang 24 auf Rang 10 vor.
Und schliesslich wird Humm von der Stiftung James Beard als bester Küchenchef der USA (Outstanding Chef Award) ausgezeichnet.
(Übertragung aus dem Französischen: Rita Emch)
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