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Schweizer lesen am Sonntag oft Zeitung

Über 40% der Bevölkerung lesen eine Sonntags-Zeitung. swissinfo.ch

Die SonntagsZeitung feiert im Januar ihren 20. Geburtstag. Innerhalb des Kuchens der Sonntagspresse hat sie sich ein wichtiges Stück gesichert.

Der Markt der Sonntagszeitungen ist laut Experten noch nicht gesättigt. Dies, obschon die Schweizer schon heute europaweit zu den aktivsten Sonntags-Lesern gehören.

Am 11. Januar 1987 fordert das Zürcher Verlaghaus Tamedia die Presselandschaft heraus, und wirft die erste Nummer der wöchentlich erscheinenden SonntagsZeitung (SZ) auf den Markt.

Der Schritt provoziert ein kleineres Erdbeben in der Deutschschweizer Medienlandschaft, wo seit 1969 der SonntagsBlick aus dem Hause Ringier unangefochten über die sonntägliche Ruhe geherrscht hat.

Der Entscheid von Tamedia hat sich als sehr erfolgreich erwiesen. Die Zahlen sprechen für sich: Lagen die Auflagezahlen der SZ zu Beginn bei 86’000, stiegen sie seither auf 202’600 Exemplare. Dies entspricht rund 809’000 Lesern.

Die Konkurrenzsituation verhärtete sich, als 2002 auch die Neue Zürcher Zeitung mit ihrer NZZ am Sonntag nachzog. Im Mai 2005 lancierte die Bündner Südostschweiz eine Sonntagsausgabe.

Im kommenden September soll eine weitere Sonntags-Zeitung in Zusammenarbeit zwischen der Aargauer und ihren Partnern der Mittelland Zeitung aufgelegt werden.

Direkt vor die Tür

«In den 1980er-Jahren kam die Lancierung der SZ einer echten Herausforderung gleich», sagt Roger Blum, Direktor der Instituts für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Uni Bern, gegenüber swissinfo.

Denn damals war die Bevölkerung vom sonntäglichen Zeitungslesen nicht gerade angetan. «Am traditionellen Ruhetag wollten viele zu Hause bleiben. Sie waren es sich nicht gewohnt, an diesem Tag die Zeitung kaufen zu gehen.»

Die SZ-Herausgeber kamen diesem Verhalten entgegen. Man begann, die Zeitung den Abonnenten direkt vor die Türe zu liefern, zumindest in den grossen Agglomerationen. «Damit erreichte Tamedia einen Tendenzumschwung», sagt Blum. «Der Umstand, die Zeitung ins Haus geliefert zu erhalten, motivierte die Bevölkerung zum sonntäglichen Lesen.»

Die Sonntagspresse entwickelte sich zu einer Wachstumsbranche, die alle Erwartungen übertraf. Heute sagen 40% der Bevölkerung, dass sie eine Sonntags-Zeitung lesen.

Im internationalen Vergleich kommt dies einem hohen Anteil gleich. Innerhalb Europas kann sich nur Grossbritannien mit einer ähnlich hohen Durchdringung des Sonntags-Lesermarkts brüsten.

Triumph des Marketings

Die sonntägliche Zeitungslektüre zu einem Muss gemacht zu haben, ist laut dem Medienkenner Karl Lüönd auf ein äusserst geglücktes Marketing zurückzuführen. «Es ist gelungen, dort ein Bedürfnis zu kreieren, wo keines war.»

Ein Lese-Bedürfnis jedoch, das, wie die Journalisten schnell begriffen, nicht jenem der anderen Wochentage gleicht. Entsprechend stellten die Journalisten ein spezifisches Sonntags-Produkt her.

An einem Ruhetag kann man sich eher einer ausgedehnteren Lektüre widmen. Also bleibt neben der Aktualität in der Zeitung genügend Platz für Recherchen, Vertiefungen oder amüsantere Texte.

Es fehlt auch nicht an einer gewissen Sensationsschreibe, einer Jagd nach dem News-Scoop, sagt Roger Blum. Damit würden jene möglichen Käufer angesprochen, die die Zeitungs-Schlagzeile im Kiosk-Aushang erblicken und dann spontan kaufen.

«Auch die Sportberichte gehören zu den Stärken der Sonntagspresse und entsprechen einer starken Nachfrage seitens der Leser», unterstreicht Blum. Dies steht im Gegensatz zu anderen Ländern, wo der Sport von der spezialisierten Presse genügend abgedeckt wird – der Gazzetta dello Sport in Italien oder der L’equipe in Frankreich.

Neue Leserpotenziale

Trotz einem gewissen Rückgang der Leserzahlen im Jahr 2006 bleibt die Sonntagspresse ein ziemlich ergiebiger und expansiver Sektor.

Das zeigen, so Blum, die Werbeeinnahmen der diversen Titel: 73 Mio. Franken für die SonntagsZeitung, 48 Millionen für den SonntagsBlick und 29,5 Millionen für die NZZ am Sonntag.

«Noch haben wir die Marktsättigung nicht erreicht», sagt der Medienexperte. «Doch wenn die Sonntagspresse weitere Leserschichten aktivieren will, benötigt sie weitere Finanzquellen. Die Redaktionen müssten ausgebaut werden, um weitere Inhalte zu erschliessen, wie das ja von einem Sonntags-Medium zu erwarten wäre.»

swissinfo, Anna Passera
(Übertragung aus dem Italienischen: Alexander Künzle)

Gemäss einer Studie des Schweizer Medienforschungsunternehmens (WEMF) in der Zeitspanne von April 2005 bis März 2006 war der SonntagsBlick mit 997’000 Leserinnen und Lesern die erfolgreichste Sonntagszeitung.

An zweiter Stelle lag die SonntagsZeitung (809’000), vor der NZZ am Sonntag (453’000).

In der französischsprachigen Schweiz erreichte Le Matin dimanche 581’000 Leserinnen und Leser.

In der italienischsprachigen Schweiz war Il Caffè Marktleader (120’000), vor Il Mattino della Domenica (83’000).

Am Sonntag lesen über 43,5% der Schweizer eine Zeitung.
42% der Sonntagszeitungen gehen an Abonnenten.
58% werden am Kiosk oder an Zeitungsautomaten gekauft.

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