Sexuell belästigt in der Botschaft in Pakistan?
Ein pakistanischer Mitarbeiter der Schweizer Botschaft in Islamabad soll zwei Frauen bei Visa-Anträgen sexuell belästigt haben.
Bei der Visa-Vergabe ist es auf Schweizer Botschaften in letzter Zeit gehäuft zu Unregelmässigkeiten mit lokalem Personal gekommen.
«Der Fall ist uns bekannt», sagte EDA-Sprecher Lars Knuchel am Sonntag und bestätigte damit einen Bericht der Sonntagszeitung. Der Mitarbeiter soll von mindestens zwei Frauen Sex als Gegenleistung für ein Einreisevisum in die Schweiz verlangt haben.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) leitete interne Ermittlungen ein.
Die Sonntagszeitung bezog sich bei ihrem Bericht auf einen Artikel der pakistanischen Zeitung The News.
Neben dem Schengen Visa das separate Schweizer Touristen-Visa
Eine Pakistanin hatte im Februar 2005 für sich und ihre Familie Einreisevisa für die Schweiz nachgefragt. Dabei soll der pakistanische Mitarbeiter der Schweizer Botschaft Bedingungen sexuellen Charakters gestellt haben.
Das habe die Frau abgelehnt, hiess es weiter. Darauf habe ihr der Botschafts-Mitarbeiter ihren bereits mit dem Schengen-Visum versehenen Pass nicht zurückgeben wollen. Seit 1988 verbringe die Familie ihre Ferien in Europa, hatte die pakistanische Zeitung The News weiter berichtet.
Acht Monate, nachdem sich die Frau an die Polizei gewandt habe, habe der betroffene Mitarbeiter der Botschaft sie wegen Vorlage eines gefälschten Passes angezeigt. Eine laut Sonntagszeitung falsche Anschuldigung.
Irrläufe in der eigenen Bürokratie
Nach einigen frustrierenden Irrläufen in der eigenen Bürokratie, die aus der Pass-«Fälschung» ebenfalls Kapital habe schlagen wollen, wandte sich die Frau in ihrer Verzweiflung laut The News direkt an das Sekretariat von Präsident Pervez Musharraf.
In der Zwischenzeit sei ein zweiter Fall einer Frau bekannt geworden, die ebenfalls wegen ihres Visa-Gesuchs belästigt worden sei.
Vermehrt Unregelmässigkeiten bei Visa-Vergaben
Anfang und Ende Februar, so The News weiter, seien zuerst der Chef des Schweizer Konsulats und später der erste Mitarbeiter der Schweizer Mission ins pakistanische Aussenministerium zitiert worden.
In den letzten Monaten und Jahren war es bei Visa-Vergaben auf Schweizer Botschaften oder Konsulaten im Ausland wiederholt zu Unregelmässigkeiten gekommen.
So wurden Fälle von Visa-Diebstählen auf Schweizer Missionen unter anderem in Eritrea, Oman, Peru und Jemen bekannt. Mehrere Visafälle sind inzwischen bei der Bundesanwaltschaft hängig.
Juni 2005: Aussicht auf mehr Schweizer Personal
Bereits im Juni 2005 hatte Aussenministerin Micheline Calmy-Rey die Absicht bekundet, das lokale Personal in den Schweizer Gesandtschaften vermehrt mit Schweizer Mitarbeitenden zu ersetzen.
Diese Absicht ist wegen der Budgetrestriktionen nur schwer umzusetzen, wie Knuchel am Sonntag erläuterte.
Kurt O. Wyss, ehemaliger Leiter der EDA-Botschafts-Aufsicht, glaubt nicht, dass Konsulatsmitarbeitende immer korrupter werden. Doch sei das jeweils lokale Personal Bestechungsversuchen besonders ausgesetzt.
Inspektion nur alle zehn Jahre
Die Inspektionen des EDA funktionierten gut, sagte Wyss. Allerdings werde jede Botschaft rund alle zehn Jahre inspiziert, das sei «zu lax»: «Eine Kontrolle alle drei bis vier Jahre wäre wünschenswert».
Er räumt aber selbst ein, dass die dafür benötigte Personalaufstockung bei den Budget-Engpässen kaum möglich sein dürfte.
swissinfo und Agenturen
Missbräuche im Zusammenhang mit der Vergabe von Visa sind auch in Oman, Eritrera, Peru, Russland, Nigaria und Serbien vorgekommen.
Jährlich stellt die Schweiz 500’000 Visa aus. 40’000 Visagesuche werden abgelehnt.
Im vergangenen November hat das Bundes-Strafgericht den ehemaligen stellvertretenden Honorarkonsul in Oman verurteilt, weil er illegal mit Visa gehandelt hatte.
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