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Sprachunterricht am Fusse des Tafelbergs

Die drei Schweizer Sprachstudenten in Kapstadt. swissinfo.ch

Jedes Jahr machen über 20'000 Schweizer einen Sprachaufenthalt im Ausland, um Englisch zu lernen. swissinfo.ch traf drei davon kurz vor Beginn der WM in Südafrika in Kapstadt.

«Viele gehen zum Englischlernen nach Grossbritannien, Amerika, Australien oder Neuseeland. Ich wollte jedoch eine neue Kultur kennenlernen», sagt der 28-jährige Sprachstudent Marco Eberhard über die Beweggründe für seinen mehrwöchigen Sprachaufenthalt in Kapstadt.

Der Industrieingenieur möchte ein Examen ablegen, das es ihm ermöglichen würde, in einem englischsprachigen Land an der Universität zu studieren.

Marco geniesst das afrikanische Stadtleben und die Ausflüge in die Umgebung. Er schätzt die lockere Atmospähre an der Sprachschule und die zahlreichen Freundschaften, die er mit Afrikanern aus Angola und Gabun geschlossen hat. Die Lehrer seien sehr hilfsbereit, der Unterricht jedoch nicht so strukturiert.

Party statt Fussball

Der Mechaniker Daniel Mantegazzi, der Kapstadt von den Ferien her kannte, hofft, einige Fussballspiele mit der Schweiz sehen zu können.

Im Gegensatz zu Daniel will der 17-jährige Dominique Rinaldi, mit dem er die Unterkunft teilt, der Fussball-WM eher ausweichen. Er ziehe das Partyleben dem Sport vor, so Dominique.

Dominique, der vorher einige Zeit in Neuseeland verbracht hatte, findet das Englisch in Südafrika verständlicher.

«Es ist cool zu reisen. Die Schweiz ist klein, aber die Welt ist gross», sagt der Käserlehrling, dessen 6-monatiger Aufenthalt am Fuss des Tafelbergs bald zu Ende geht.

Nur kleine Gruppe von Schweizern

Viele Sprachstudenten fühlten sich durch die exotische Atmosphähre und die einmalige Tier- und Pflanzenwelt angezogen, sagt Howard Johnson, Vorsteher der Eurocentres-Sprachschule in Kapstadt.

Oft würden die Sprachkurse mit anderen Projekten verbunden wie etwa Freiwilligenarbeit in einem Waisenheim, in der Aids-Prävention oder im Hausbau.

Attraktiv sei Kapstadt für einen Sprachaufenthalt auch wegen den im Vergleich mit anderen traditionellen Destinationen in Europa und Amerika preisgünstigen Schulgebühren und Unterkünften.

Die rund 800 Studentinnen und Studenten an der Eurocentres-Sprachschule in Kapstadt kommen vorwiegend aus Brasilien und Saudiarabien sowie zunehmend auch aus Westafrika. Die 30 bis 40 Schweizer, die pro Jahr die Schule besuchen, stellen eine kleine Gruppe.

Eurocentres wurde von einem Schweizer gegründet. Auch das von der Schule verwendete Lernsystem wurde in der Schweiz entwickelt. Auf dem Programm stehen am Morgen zwei Stunden Grammatik und ein Konversationskurs, die Nachmittage sind für Prüfungsvorbereitungen und verschiedene Aktivitäten reserviert.

Weniger Anmeldungen

Laut Johnson haben sich die Hoffnungen der Sprachschulen in Kapstadt zerschlagen, dass die WM zusätzliche Sprachstudenten anziehen würde – im Gegenteil. «Die Anmeldungen gingen zurück, vor allem wegen der gestiegenen Unterkunfts- und Flugpreise»

Es sei schwierig unter den Fussballfans Sprachkursinteressierte anzusprechen, weil die Fussballspiele nicht nur in Kapstadt, sondern im ganzen Land stattfinden würden. Andere potentielle Sprachstudenten würden fälschlicherweise annehmen, es habe in Kapstadt auch ausserhalb der WM zu viele Touristen.

Das WM-Fieber hat auch die Klassenzimmer von Eurocentres erreicht. «Natürlich sprechen wir mit den Studenten über diesen Event. Die WM war auch das Thema am kürzlich veranstalteten Internationalen Tag», so Johnson.

Abenteuerliches Minibus-Taxi

Zu den speziellsten Erfahrungen in Kapstadt gehört für die drei Schweizer Englischstudenten die Fahrt im Minibus-Taxi.

Eine Fahrt durch die Stadt kostet lediglich 5 Rand, das sind rund 70 Rappen. Der Bus fährt ab, sobald alle Sitze belegt sind, und die Passagiere können aussteigen, wo sie wollen. «Manchmal muss der Busfahrer alle paar Meter anhalten», sagt Daniel.

Schlechte Erfahrungen haben sie in Kapstadt gar keine gemacht. Trotzdem ist den Dreien klar: «Die Kriminalität und die Armut in Afrika ist die Kehrseite dieses Kontinents.»

Urs Geiser, swissinfo.ch
(Übertragung aus dem Englischen: Corinne Buchser)

Pro Jahr machen rund 40’000 Schweizer einen Sprachkurs im Ausland. 60 Prozent der Schweizer Sprachstudenten lernen Englisch, an zweiter und dritter Stelle stehen Spanisch und Französisch.

Die beliebteste Destination für einen Sprachaufenthalt ist Grossbritannien, gefolgt von den USA, Australien, Frankreich und Kanada.

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