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«Unsere Fasnacht persifliert das Zeitgeschehen»

Die Sondermarke zum Jubiläum des Basler Fasnachts-Comités. post.ch

Fasnacht wird auch in Basel schon seit Ende des Mittelalters gefeiert. Organisiert hingegen wird sie seit 100 Jahren vom so genannten Comité in Basel. Dieses Jahr wird Jubiläum gefeiert. Dazu gibt es nun eine Sondermarke.

Vor 100 Jahren hatte der Verkehrsverein Basel zur Gründung des Comités, einer ordnenden Organisation für die Fasnacht, aufgerufen.

Denn der Verlauf der letzten Fastnacht habe gezeigt, dass sie ohne eine ordnende, vermittelnde und helfende Hand nicht blühen könne, schrieb der Verkehrsverein später an die Freunde und Gönner der Basler Fasnacht.

Keine Revolution, eine Evolution

Was sich nach der Übernahme der Organisation durch das Comité, dem seit zehn Jahren auch Frauen angehören und das sich selbst ernennt, geändert hat, beschreibt der Obmann des Comités, Felix Rudolf von Rohr, so:

«Die Basler Fasnacht ändert sich ganz langsam. Es hat nie eine Revolution stattgefunden, aber eine ständige Evolution. Die Fasnacht ist in diesen 100 Jahren wesentlich grösser geworden. Vielfältiger wurde sie auch. Gewisse Dinge sind verschwunden. Beispielsweise marschieren keine Mandolinenorchester mehr mit und es gibt keine Maskenbälle mehr. In den 10er- oder 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts spielten an der Fasnacht Mandolinen und Handharmonikaorchester. Das würde man heute wohl ziemlich schrecklich finden.»

Die Aufgabe des Comités sei es, «so wenig wie möglich und so viel wie nötig ordnend einzugreifen. Wenn man eine Fasnacht durchführt, an der ungefähr 12’000 Maskierte teilnehmen, dann braucht es eine ordnende Hand. Selbst wenn das völlig verpönt ist.» Es gebe viele fixe Regeln, zum Bespiel, dass der Morgenstraich um 4 Uhr stattfindet, dass dann die Lichter gelöscht werden und dass keine Musik spielt, nur Trommler und Pfeiffer.

Oder dass man sich an der Fasnacht duze. Dass man sich verkleide, aber nur als teilnehmende Person. Anders als in andern Städten der Schweiz verkleiden sich die Zuschauer in Basel nicht. Von Rohr hat dafür keine Begründung. Es sei in Basel einfach so. «Bei kleinen Kindern liegt es noch drin, dass sie verkleidet kommen. Bei grösseren schon nicht mehr.» Wer als Zuschauer verkleidet komme, werde nur belächelt.

«E rundi Sach»

Entscheidungsspielraum hat das Comité bei der Auswahl der Plakette, einem kleinen Schild mit Anstecknadel aus Metall, das ein Fasnachtssujet zeigt. In einem Wettbewerb können alle, die Lust haben, ihre Entwürfe einreichen. Das Comité entscheidet und bestimmt schliesslich passend zur Plakette das Motto. Dieses Jahr haben 104 Künstlerinnen und Künstler mitgemacht.

Das Motto der heurigen Fasnacht lautet: «E rundi Sach». Die Post gibt zum Jubiläum des Comités drei Sondermarken heraus. Sie zeigen typische Basler Fasnachtsfiguren vor dem Spalentor, dem Basler Rathaus und dem Münster. Sie ist ab heute im Postverkehr gültig.

Mit der Finanzierung der Fasnacht hat das Comité nur beschränkt zu tun: «Jeder, der in einer Clique ist, bezahlt seine Auslagen für das Kostüm, das Essen und so weiter selbst.» Subventionen vom Kanton gebe es keine, dies sei ein Umstand, der Aussenstehende oft verwundere.

Allerdings dürfe man nicht vergessen, dass die Fasnacht die Stadt rund 1 Million Franken koste, das Aufräumen, das Putzen, die Verkehrssperren, usw. Was das Comité durch den Verkauf der Plaketten einnimmt, gibt sie den Cliquen zur Finanzierung aufwendiger Sujets zurück. «Es ist natürlich nur ein Beitrag an die Unkosten .»

Pfeifen und Trommeln

Obwohl nach der Reformation die Fasnacht in Basel 1525 bei «Käfig- und Geldstrafe» verboten wurde, konnte sie sich erhalten. Dies dürfte mit der Tatsache zusammenhängen, dass in Basel die militärische Inspektion im Januar oder im Februar stattfand.

Nach den Waffenschauen fanden jeweils Zunftessen statt. 1546 verbot der Rat das «Halten von Fasnacht nach Aschermittwoch» gänzlich. Pfeifen und Trommeln war untersagt, sich zu kostümieren, sowie das Kochen und Essen bei den Zünften und Gesellschaften. Doch dieses Verbot hielt sich nicht lange.

Durch das Zusammenfallen von militärischen Waffenschauen und Fasnacht konnten sich mit den Trommlern und Pfeifern die Elemente herausbilden, die heute für die Basler Fasnacht charakteristisch sind und sie von den anderen Fasnachten unterscheidet.

«Bei den Waffenschauen der Zünfte wurden Umzüge durchgeführt. Dies fiel irgendwie mit der Fasnacht zusammen und hat sich langsam zur Basler Fasnacht entwickelt», sagt Rudolf von Rohr.

Doch nicht nur deshalb, glaubt der Comité-Obmann, hat sich die Fasnacht in Basel erhalten. Rudolf von Rohr schreibt der Fasnacht eine politisch-befreiende Funktion zu: «Es ist die Aufgabe der Basler Fasnacht, etwas ernsthaft zu persiflieren. Man rechnet ab, zum Teil bitter ernst, mit sogar globalen Fragen. Das ist etwas anderes als ein blosses Besäufnis. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie genau deshalb im alten protestantischen Basel überlebt hat.»

Eveline Kobler, swissinfo.ch

Zum Jubiläum hat das Basler Fasnachts-Comité ein Buch mit CDs herausgegeben. Corina Christen, Felix Rudolf von Rohr, Dominik Heitz, -minu, Bernhard Batschelet, Dominik Wunderlin und weitere Kenner der Szene beleuchten in diesem reich bebilderten Buch unterschiedliche Aspekte der Basler Fasnacht in den letzten fünfundzwanzig Jahren, von den wirtschaftlichen Faktoren, der Wahl der Sujets und den ungeliebten Regeln über die musikalischen Trends bis hin zur künstlerischen Entwicklungen bei Larven, Kostümen, Plaketten und Laternen. Die Publikation umfasst neben dem Buch eine Video-DVD von Beat Manetsch und eine Audio-CD von Michael Luisier mit Querschnitten durch die Basler Fasnacht.

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