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Unterwäsche lockt Besucher nach St. Gallen

Die intimsten Kleidungsstücke einer Frau in der Ausstellung "Secrets - Dessous ziehen an".

In ihrer Blütezeit haben Korsetts den Frauen buchstäblich den Atem geraubt. Dies und anderes zeigt das Textilmuseum St. Gallen in einer neuen Ausstellung über Geschichte und Bedeutung von Damen-Unterwäsche.

«Secrets – Dessous ziehen an» ist das Werk der Pariser Designerin Chantal Thomass und des belgischen Szenographen Bob Verhelst. Die Gastkuratorin Chantal Thomass war am Eröffnungstag gerade mit den letzten Detailarbeiten für die Ausstellung beschäftigt.

«Es hat grossen Spass gemacht, aber auch viel Arbeit» sagt Chantal Thomass. Sie hat eine eigene Dessous-Collection geschaffen und entwirft daneben Unterwäsche für Wolford, Kenzo und Victoria’s Secret.

Die Ausstellung erstreckt sich über drei Stockwerke und präsentiert gestickte Korsetts, zarte Slips, Seidenhemden und gerüschte Pumphosen aus der Zeit von 1890 bis heute.

Büstenhalter in allen Grössen und Formen sind die Stars dieser Schau. Einige Stücke mit Schweissflecken gehörten zu den alten Favoriten. Dagegen sind einige Teile so aktuell, dass sie in den Geschäften noch gar nicht zu haben sind.

Zwischen Boudoir und Boutique

Die Ausstellung präsentiert sich teils als Boudoir, teils als Boutique-Schaufenster. Eine Art «Schlüssellöcher» machen die Besucher zu Voyeuren, und alte Fotos lassen erahnen, was früher als sexy galt. Ausserdem gibt es sowohl unterhaltsame wie lehrreiche Filme über Modeschauen und Produktionstechniken zu sehen.

In einem Raum mit lauter Popmusik schreiten Mannequins in Designer-Unterwäsche über den Laufsteg. Die Mini-Fashion-Show präsentiert so illustre Namen wie John Galliano, Christian Lacroix und Vivienne Westwood sowie das Schweizer Label Akris.

St. Gallen ist ein passender Schauplatz für die internationale Ausstellung, hat die Region die weiblichen Formen doch während Jahrzehnten mit seinen zarten Textilien geschmückt. «Ich komme oft nach St. Gallen», sagt Thomass und verweist auf den internationalen Ruf der Stadt für Spitzen und Stickereien der Topklasse.

Höchste Ansprüche

Eine ganze Wand voll Schweizer Spitzen und Stickereien zeugt vom lokalen Talent. Tatsächlich liegt das Hauptgeschäft der Textilfirmen in der Ostschweiz im Unterwäsche-Sektor, wie Thomas Forster, Projektmanager der Ausstellung, sagt.

«Dieser Sektor setzt bei weitem die höchsten Ansprüche, nicht nur was die Mode betrifft, sondern auch bezüglich der Technologie», sagt Forster, ehemaliger Art Director des Stickerei-Produzenten Forster Rohner.

«Diese kleinen und variantenreichen Bekleidungseinheiten müssen sowohl strapazierfähig und leicht waschbar sein, als auch bequem und funktionell zu tragen. Dies ist eine grosse Herausforderung.»

Sinnliche Schweiz

Die Ausstellung bietet mehr als nur einen interessanten Blick auf Dinge, die normalerweise unter Kleiderschichten versteckt sind. Sie zeigt auch einen unbekannten Aspekt der Schweizer Identität.

«Bekanntlich zählt Sinnlichkeit nicht gerade zu den charakteristischen Merkmalen, die uns Schweizern spontan zugewiesen werden», sagt Max R. Hungerbühler, Präsident der Schweizerischen Textilvereinigung.

«Mit der Ausstellung ‹Secrets› zeigen wir allerdings, dass wir – entgegen dem geläufigen Image – bezüglich sinnlichen Vergnügen viel zu bieten haben.» Die Vereinigung verleiht jedes Jahr einem vielversprechenden jungen Designer den Swiss Textile Award.

Bevor sie zu ihrem nächsten Termin weitereilt, bleibt Chantal Thomass lachend vor einem alten TV-Werbespot für französische Unterwäsche stehen. Darin beschreibt eine Geschäftsfrau in allen Details ihre Unterwäsche – nur um klar zu machen, dass keine Faser des Teils zu sehen sein wird.

swissinfo, Susan Vogel-Misicka, St. Gallen
(Übertragung aus dem Englischen: Susanne Schanda)

«Secrets – Dessous ziehen an» ist bis am 30. Dezember 2008 zu sehen.

Während der Fussball-Euro08 im Juni wird eine Modeschau mit Männer-Unterwäsche durchgeführt.

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