Die Zukunft ist ungewiss für die Päpstliche Schweizergarde
Jedes Jahr schwört am 6. Mai eine Gruppe von jungen Schweizern dem römisch-katholischen Papst im Vatikan die Treue. Die Zahl der Söldner hat in den vergangenen Jahren abgenommen. Wie steht es um die Zukunft der Schweizergarde?
Am 6. Mai 1527 wurde Rom geplündert – an diesem Tag werden jedes Jahr in Rom die neuen Rekruten der Schweizergarde vereidigt. Dieses Jahr sind es 23 junge Söldner. Die Schweizergarde dient seit über einem halben Jahrtausend dem persönlichen Schutz des kirchlichen Oberhauptes. Gegründet wurde sie 1506Externer Link.
Doch vieles hat sich seither im Vatikan und in der Schweiz geändert. Hier ein kleiner Überblick über die aktuellen Debatten und die Rolle der Truppe.
1. Was macht die Schweizergarde überhaupt noch?
Bekannt sind die Gardisten aufgrund ihrer zeremoniellen Rolle bei offiziellen Empfängen und Besuchen im Vatikan. In solchen Aufgaben sind sie in beeindruckenden, bunten Uniformen bekleidet und mit Degen und Hellebarde bewaffnet. Nicht alles an der Uniform ist altmodisch: Sie tragen dabei Helme, die seit kurzem per 3D-Druck hergestellt werden.
Aber die Gardisten haben in den letzten Jahrzehnten auch vermehrt in Absprache mit der Polizei des Vatikans und den Sicherheitsdiensten Italiens konkrete Sicherheitsdienste geleistet. Dabei sind sie manchmal auch tatsächlich mit Pistolen und Pfeffersprays bewaffnet.
Gardisten begleiten den Papst auch auf seinen internationalen Reisen.
In einer RedeExterner Link an die neuen Gardisten gab er ihnen auch einen gewissen Auftrag der Seelsorge gegenüber den unzähligen Bittstellern, die sie an den Toren des Vatikans abweisen müssen. Er forderte sie auf, in ihrer Aufgabe “ein Wort des Trostes und Gesten der Geschwisterlichkeit” zu bieten.
2. Wer kann der Garde beitreten?
Die Römische Kurie besagtExterner Link, dass Kandidaten einige Bedingungen erfüllen müssen, die den Rekrutierungspool unter den möglichen Schweizer Interessenten sehr einschränken. Die Kurie erlaubt keine weiblichen Kandidaten.
Eine erfolgreich abgeschlossene Berufslehre oder die Matura sind zwingend vorzuweisen. Der Kandidat muss katholisch sein, muss die Rekrutenschule in der Schweiz erfolgreich geleistet haben und einen untadeligen Ruf besitzen. In der Rekrutenschule der Schweizer Armee werden wichtige Grundlagen wie etwa Disziplin, militärischer Umgang und Kameradschaft vermittelt.
Er muss ferner bereit sein, sich für mindestens 26 Monate in den Dienst der Päpstlichen Schweizergarde zu stellen.
3. Warum hat die Garde Probleme mit der Rekrutierung?
Es ist nicht einfach, junge qualifizierte Männer zu finden, die bereit sind, mehrere Jahre in den Dienst des Papstes zu treten. Seit drei Jahren finden sich immer weniger junge Männer.
Das hat mit dem guten wirtschaftlichen Umfeld in der Schweiz zu tun, aber auch damit, dass jetzt aus geburtenschwächeren Jahrgängen rekrutiert wird, erklärtExterner Link die Alt-CVP-Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold, Präsidentin der Stiftung der Päpstlichen Schweizergarde, im Interview mit SRF. Die Stiftung unterstützt die Gardisten finanziell.
Rekruten erhalten zusätzlich zu Kost und Logis einen Monatslohn von 1500 Euro. In Italien wäre dies ein relativ hoher Grundverdienst, in der Schweiz ist er vergleichsweise niedrig.
4. Was machen der Vatikan und Schweizer Unterstützer um neue Bewerber anzulocken?
In der Schweiz übernimmt die oben genannte StiftungExterner Link nun die Schulgelder für Kinder der Soldaten. Sie versucht auch die Reintegration in den Arbeitsmarkt in der Schweiz und auch in Italien zu erleichtern. Künftig wird sie auch die Hälfte der Beiträge der Gardisten für deren freiwillige Altersvorsorge übernehmen.
«Eine ganz entscheidende Massnahme des Papstes war vor drei Jahren, Gardisten nach fünf Dienstjahren unabhängig vom militärischen Grad die Heirat zu erlauben», sagt Ruth Metzler-Arnold. Früher konnten nur Offiziere und länger gediente Gardisten heiraten.
Der Gardist, der heiraten will, muss mindestens 25-jährig sein und sich für weitere drei Dienstjahre verpflichten.
Bis 2024 soll die Garde eine neue Kaserne bekommen. Derzeit wird die Finanzierung des Baus abgesichert. Die Söldner sollen dann Einzelzimmer bekommenExterner Link.
Seit 2018 versucht die Schweizergarde ausserdem auch auf YouTubeExterner Link Bewerber für den Dienst zu begeistern.
Beliebte Artikel
Mehr
Swiss Abroad
Argentinien: Tausende Nachkommen von Ausgewanderten fordern den Schweizer Pass
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch
Mehr lesen
Mehr
Hinter den Mauern des Vatikans
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Papst Franziskus wollte immer schon eine katholische Kirche mit offenen Türen, ohne dass jemand darin eingeschlossen ist. Auch die SchweizergardeExterner Link, die für seine Sicherheit verantwortlich ist, will nun ihre Türen einen Spalt weit öffnen. Dies zumindest für die einzigartige Fotoausstellung in den Vatikanischen Museen, «Das Leben eines Schweizergardisten – eine persönliche Sicht»Externer Link. Die…
Der Besuch von Papst Franziskus in Genf auf einen Blick
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Der Papst kommt am Donnerstag nach Genf. Einige Fragen und Antworten zum eintägigen Schweiz-Besuch des Oberhaupts der Römisch-Katholischen Kirche.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Unter den Fremdenlegionären, die in «C’était la guerre» zu sehen sind, finden sich drei internationale Grössen: Laurel & Hardy und Fernandel. Man sieht sie auf der Leinwand in Sequenzen aus zwei bekannten Spielfilmen: Das amerikanische Komiker-Duo in einem Ausschnitt aus «In der Wüste» (Original: «Beau Hunks»), den Franzosen Fernandel in einem Ausschnitt aus «Un de…
Vatikan: 1000 Jahre Kontinuität in der Veränderung
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Die Wahl des 266. Papstes der Katholischen Kirche ist geprägt von Affären und Skandalen, welche die Katholische Kirche seit mehreren Jahren heimsucht, wie die pädophilen Priester, die undurchsichtigen Finanzgeschäfte oder Vatileaks. Aber die Institution habe bis heute den Unwägbarkeiten der Geschichte erfolgreich getrotzt, sagt Agostino Paravicini, Honorarprofessor an der Universität Lausanne. swissinfo.ch: Sind der Rücktritt von…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Im Vatikan geht man zumindest technisch mit der Zeit: Die neue Kopfbedeckung der päpstlichen Schweizergarde kommt aus dem 3D-Drucker.
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Manche Katholiken und Katholikinnen in der Schweiz ärgern sich über die jüngsten Äusserungen des Papstes zu Homosexualität und Abtreibung.
Schweizer Kreuz: Quadrat, Rechteck oder Sonderfall?
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Die Schweizer Fahne, korrekt Flagge, gilt weltweit als Sonderfall: Vor dem UNO-Hauptsitz in New York flattert sie als einzige Fahne in quadratischer Form. Der Vatikan, ebenfalls mit quadratischer Fahne, ist kein UNO-Mitglied. Das weisse Kreuz auf rotem Hintergrund ist einerseits Hoheitszeichen, steht aber auch für die Marke Schweiz und dient als Imageträger. Doch auch der…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Sie hatten am 24. September 2005 in Luzern begonnen und erreichten am 6. Mai in Rom mit der Vereidigung von 33 neuen Gardisten ihren Höhepunkt. In Bissone am Luganersee fanden ein Umzug, eine Messe und ein Konzert statt. Über 1000 Zuschauer verfolgten das Geschehen. Das malerische Städtchen war mit Bedacht für den Schlusspunkt des Jubiläums…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Die Sicherheit des Papstes könnte heute effizienter geschützt werden, sagt Neirynck im Interview mit swissinfo. In diesem Jahr feiert die Päpstliche Schweizergarde ihr 500-jähriges Bestehen. Die «Mini-Armee» ist für die Sicherheit des Oberhauptes der katholischen Kirche verantwortlich. Das historische Jubiläum wird mit einer Vielzahl von Veranstaltungen begangen. Es wird als Fest in Erinnerung bleiben, zu…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
C.-R.M. Richard hat ein Buch über die Schweizer Garde publiziert. Er ist der erste Dienst tuende Gardist, der über die Geschichte der päpstlichen Armee schreibt. Das Buch über die Schweizer Garde im Verlauf der Jahrhunderte erzählt, wie beim «Sacco di Roma» (Plünderung Roms) im Jahr 1527 im Versuch, den Papst zu schützen, 147 Gardisten getötet…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Ihre Geschichte ist geprägt von heldenhaften Ereignissen, aber auch von finsteren und traurigen Momenten. Wer den Vatikan in Rom betritt, kommt um sie nicht herum, die Schweizergarden des Papstes. In ihren historischen Gewändern, die, so will es die Sage, von niemand anderem als dem Künstler Michelangelo geschaffen wurden, stechen sie Besuchenden sofort ins Auge. Auf…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Die Päpstliche Schweizergarde halte Werte des Dienens und der Treue hoch und sei damit ein Vorbild für die Schweiz, sagte Bundesrat Blocher in seiner Festansprache. Auch für Nichtkatholiken gibt es nach Ansicht des Schweizer Justizministers Christoph Blocher mindestens zwei Gründe, der Schweizergarde mit Wohlwollen und Achtung zu begegnen: Das Bekenntnis zu christlichen Grundwerten und der…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
swissinfo konnte einen der seltenen Blicke in den Lebensalltag der Gardisten in Rom werfen. Der 21-jährige Stefan Busslinger entspricht nicht dem Bild, das man sich von einem Soldaten einer so exklusiven Armee aus 100 Schweizer Katholiken machen würde. Schlank gebaut und in Jeans und T-Shirt gekleidet statt in der schweren Renaissance-Uniform kommt Busslinger an die…
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch