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Vom Appenzeller Bauernhof in die weite Welt

Ueli und Sohn Hansueli Alder vor dem Hof Strüssler in Urnäsch. swissinfo.ch

Seit 123 Jahren sind sie auf Bühnen im In- und Ausland präsent. Die Original Appenzeller Streichmusik Alder trägt Schweizer Brauchtum in die Welt hinaus.

Ueli Alder hat mehr als die Hälfte dieser Geschichte miterlebt. Am 9. März feiert der musizierende Bauer seinen 85. Geburtstag.

Ein klassisches Appenzeller Bauernhaus in den Hügeln von Urnäsch, weitab von der grossen, weiten Welt.

Hier auf dem Hof Strüssler auf 1050 Metern über Meer ist die Familie Alder seit 1945 daheim. Und immer war da neben dem Bauern die Musik.

Ein Leben ohne Musik, das könnte sich der 85-jährige Ueli Alder nicht vorstellen. Der rüstige Rentner kommt zu seinem Geburtstag eben von einem Engagement aus der Türkei zurück.

«Die Musik hat eine grosse Bedeutung. Wir sind darin aufgewachsen», erklärt er in seiner Stube im Anbau des Bauernhauses und zeigt Dutzende eng beschriebene Blätter mit all den Auftritten und Erinnerungen, die er Zeit seines Lebens gesammelt hat.

«Wir hätten manchen Auftritt, der herausstehen würde. Ich wüsste gar nicht, wo anfangen», lacht er. Ueli Alder ist seit über 65 Jahren als Geiger und Bassgeiger bei der Original Appenzeller Streichmusik Alder, einer der international bekanntesten Schweizer Folkloregruppen, dabei.

Das Ausland ruft

Bereits 1884 hatten ein paar junge Appenzeller Bauern auf der Osteregg gleich nebenan die Streichmusik Alder gegründet. Uelis Grossvater, dessen Bruder und der Schwager waren Gründungsmitglieder.

Die damalige Besetzung waren zwei Geigen, ein Hackbrett und ein Cello. Doch das Ausland war damals noch weit weg. «Mein Grossvater konnte in seinem Leben zweimal im Ausland auftreten, und nie weit über die Grenze hinaus», weiss Ueli.

Er selber kann die vielen Auslandaufenthalte gar nicht mehr zählen. Es müssen über hundert sein. USA, Japan, Kanada, Indonesien, Türkei, Südamerika, Russland und praktisch alle europäischen Länder hat die Streichmusik Alder bereist.

Etwas vom Land sehen

«Ja, wir haben wirklich viel gesehen», schmunzelt er. «Als ich jung war, hätte ich das nie gedacht.»

Etwas dazu beigetragen hat wohl auch die Weltläufigkeit seines Sohnes Hansueli, der in jungen Jahren nach einem Aufenthalt in der französischsprachigen Schweiz als Holzfäller in Kanada arbeitete.

«Dies hatte den Vorteil, dass einer der Gruppe Englisch konnte», sagt Hansueli, Alder-Musiker der vierten Generation. «Damit wurde viel möglich, um im Ausland Kontakt aufnehmen zu können.»

Auch ihm ist wichtig, dass neben den Auftritten etwas Zeit eingeplant ist, um Land und Leute kennen zu lernen. Ohne Musik könnte der 59-Jährige, der Mutterkühe hält, nicht leben.

«Wir sind es uns gewohnt, pro Jahr etwa zwei, dreimal auf Tournee zu gehen und dabei viel von der Welt zu sehen. Ich würde es vermissen.»

Heute sind neben den beiden Alder-Geigern alt Nationalrat Jakob Freund (61) am Hackbrett und dessen Sohn Hansjörg an der Handorgel dabei. Dieser vertritt mit seinen 34 Jahren bereits die fünfte Musiker-Generation. Mit dem 64-jährigen Jodler Hansueli Wälte schliesslich ist das Quintett komplett.

Schweizer Botschafter

«Wir gehen immer wieder gerne ins Ausland», sagt Vater Ueli, der auch mit Langstreckenflügen nie ein Problem hatte. Das Programm sei heute auf das Ausland ausgerichtet, wo man sich Alder Family nennt. «Da vertreten wir die Schweiz.»

Und Sohn Hansueli ergänzt: «Wir erklären den Leuten auch alle Instrumente – Talerschwingen, Alphornblasen, Schellenschütteln mit Kuhglocken – und warum wir diese in der Musikgruppe haben.»

Vor allem in den USA sei das Interesse enorm. «Wir wissen, was wir spielen müssen, damit die Leute nicht gleich davonlaufen», lässt er den trockenen Appenzeller Humor aufblitzen.

Da kann es dann schon einmal sein, dass die Appenzeller Bauern wie Rockstars mit Privatjets herumgeflogen werden, passiert 1986 im Bundesstaat Missouri. «Wie Fürsten haben sie uns behandelt. Das war etwas ganz Verrücktes», berichtet Hansueli.

Montreux eröffnen

Doch auch im Inland haben die Alders Anerkennung erhalten. So haben sie 2003 den Prix Walo in der Sparte Volksmusik gewonnen, die höchste Auszeichnung im Schweizer Showbusiness.

Und 2005 durfte die Streichmusik Alder das Jazzfestival Montreux eröffnen. Eine Ehre, um die sich so manche Rockband prügeln würde. «Das war einmalig», schaut Hansueli zurück, und sein Vater nickt.

Doch bald schon geht es wieder ins Ausland: Am 26. März bestreiten die Alders in Tennessee, USA, während drei Wochen 39 Konzerte. Frei haben sie nur Dienstags und an Ostern.

Das gedrängte Programm sei allerdings kein Problem, sagt Hansueli. «Diese Gegend kennen wir bereits sehr gut. Da gibt es nicht mehr viel Neues zu sehen.»

swissinfo, Christian Raaflaub, Urnäsch

1884: Original Appenzeller Streichmusik Alder wird auf der Osteregg bei Urnäsch gegründet
Damalige Besetzung: zwei Geigen, Hackbrett und Cello
Heutige Besetzung: Geige, Bassgeige, Hackbrett, Handorgel und Jodel
2003: Streichmusik Alder gewinnt den Prix Walo in der Kategorie Volksmusik

Die Original Appenzeller Streichmusik Alder spielt Folkloremusik; eigene und Fremdkompositionen sowie traditionell Überliefertes.

Vater und Sohn Alder arbeiten als Bergbauern auf dem eigenen Hof in Urnäsch im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Dank der Haltung von Mutterkühen ist der Aufwand vergleichsweise klein, so dass für die Musik etwas Zeit bleibt.

Die Alders gehen oft auf Tournee, ausser in den Sommermonaten Juni bis August, wo sie aus beruflichen Gründen nur Kurzeinsätze von zwei bis drei Tagen bestreiten können.

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