Vom Blumen-Verkäufer zum begehrten Künstler

"Auch ein Nichts kann etwas werden". So heisst die Ausstellung im Kunstmuseum des Kantons Thurgau, die in der Kartause Ittingen bei Warth/Frauenfeld bis 7. Oktober zu sehen ist. Gezeigt wird das Werk des St.Gallers Blumenverkäufers Hans Krüsi (1920-1995).
Hans Krüsi verbrachte sein halbes Leben damit, auf der Strasse Blumen zu verkaufen. Bis er als Künstler entdeckt wurde. In rund 25 Jahren künstlerischer Tätigkeit schuf er ein kaum überblickbares Gesamtwerk. Bekannt wurde Hans Krüsi vor allem durch seine unkonventionellen Landschafts-, Blumen- und Tierbilder.
Die Ausstellung «Auch ein Nichts kann etwas werden» zeigt unbekannte Seiten des populären, aber noch immer unterschätzten Künstlers. Krüsi malte und zeichnete nicht nur, er fotografierte, sprayte und fertigte Scherenschnitte an. Aber auch Installationen, Tonaufnahmen und Performancen gehörten zu seinem künstlerischen Repertoire.
Thurgau verwaltet Krüsis Nachlass
Das Thurgauer Kunstmusem ist seit fünf Jahren Nachlassverwalter von Krüsis Werken und hat diese seither kontinuierlich gesichtet und interpretiert. Mit «Auch ein Nichts kann etwas werden» hat es nun die bislang umfangreichste Krüsi-Ausstellung konzipiert.
Zur Ausstellungseröffnung am kommenden Sonntag erscheint eine 328-seitige Begleitpublikation «Hans Krüsi – Auch ein Nichts kann etwas werden», inclusive einer CD «Krüsis Konzert». Als Herausgeber zeichnen der Konservator und Museumsleiter Markus Landert sowie Kuratorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin Dorothe Messmer.
Begegnung mit Krüsi
Die Begleitbuch beschreibt Krüsis Lebenslauf und zeigt eine grosse Auswahl von bisher unveröffentlichen Fotografien aus dem Nachlass, die entweder Krüsi selbst oder von ihm aufgenommenen Motive zeigen. Die beigelegte CD bietet eine Begegnung mit dem Künstler. Der Schaffhauser Musiker und Sounddesigner Ernst Thoma hat aus zahlreichen Tonbandkassetten ein Hörstück arrangiert.
Hans Krüsi wurde am 15. April 1920 in Zürich geboren, seinen Vater kannte er nicht, seine Mutter starb früh. Krüsi kam im Alter von zwei Jahren zu Pflegeeltern und acht Jahre später ins Waisenhaus. Beinahe ohne Schulbildung wurde Krüsi Knecht, arbeitete als Gärtnergehilfe in Zürich, im Waadtland und in Bern. 1947 liess er sich in St. Gallen nieder.
Einmannunternehmen
1948 machte sich Krüsi als Einmannunternehmer selbständig und verkaufte jahrzehntelang auf der Strasse Blumen. An der Zürcher Bahnhofstrasse hatte er während dreissig Jahren einen festen Stand. Krüsi kaufte seine Blumen nicht nur im Grosshandel, sondern sammelte Alpenrosen in den Bergen und arrangierte Blumengebinde.
Mit 16 Jahren begann Krüsi zu fotografieren, später reiste er mit dem Motorrad umher und machte Tonaufnahmen. 1975 fing Krüsi an, selbstgemalte, kleine Bildkarten und Fotografien zu verkaufen. Bald erzielte er damit mehr Umsatz als mit den Blumen. Nun folgten erste Ausstellungen in Galerien.
Aufsehen erregte das Engagement bekannter Schweizer Künstler, die sich für Krüsi einsetzten, um ihn aus einem stark bindenden Galerievertrag zu lösen. Nun erzielte Krüsi genug Einkommen, um sich ganz der Kunst zu widmen. Ein Beistand verwaltete seine Finanzen. Krüsi, der einstige Knecht, starb 1995 als vermögender Mann.
swissinfo und Agenturen

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