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Welche Traditionen machen die Schweiz aus?

Die Solennität in Murten als Beispiel einer immateriellen Tradition. RDB

Basler Fasnacht oder Chalandamarz? Welches sind die Traditionen, die die Schweiz ausmachen? Die Unesco erstellt eine Liste des immateriellen Kulturerbes der Welt. Die Schweizer Kantone sammeln nun die Vorschläge.

Was gehört zu den immateriellen Traditionen der Schweiz? Betruf, Winzerfeste oder das Sechseläuten? Oder etwa 1. Mai- Demonstrationen und die Streetparade? David Vitali, der Leiter Sektion Kultur und Gesellschaft des Bundesamts für Kultur, will keine Beispiele nennen.

«Es gibt keine richtige oder falsche Tradition», sagt er. «Wir wollen die Traditionen so beschreiben, wie sie heute praktiziert werden.» Man suche nicht die Urform von irgendetwas. «Traditionen müssen sich weiterentwickeln können.»

Nicht die älteste, seltenste oder authentischste Tradition auf einer Liste zu erfassen sei das Ziel, «sondern es geht um die Repräsentativität».

Ein weiteres Kriterium ist die Zeitdauer, während der die Tradtition bereits praktiziert worden ist. Sie wurde aufzwei Generationen angesetzt.

«Auch muss die Anwendung gegeben sein, in der Vergangenheit und insbesondere in der Gegenwart und in der nahen Zukunft und drittens muss eine Tradition gesellschaftlich verankert sein, das heisst von einer Gruppe als Teil ihres immateriellen Kulturerbes anerkannt sein», erklärt Vitali.

Tradition in den Köpfen

«Kultur ist immer etwas Prozesshaftes», sagt Vitali. Der Staat könne Traditionen nicht willentlich erhalten. Es genüge nicht, wenn man sie auf eine Liste aufnehme, filmisch dokumentiere oder in Büchern beschreibe. «Eine Tradition lebt nur, solange sie praktiziert wird. Es spielt sich in den Köpfen der Leute ab, ob die Tradition erhalten bleibt oder nicht.»

«Es geht auch darum, die Leute etwas zu sensibilisieren für die Bedeutung dieses Teils des kulturellen Erbes, das wir alle mit uns tragen, aber das man viel zu wenig im kulturpolitischen Diskurs zu Kenntnis nimmt», erklärt Vitali.

Liste soll veränderbar bleiben

Die Liste sei so gedacht, dass Eintragungen gestrichen oder verändert werden können. «Es entstehen ständig neue Traditionen und wir möchten auf gar keinen Fall mit der Liste einen bestimmten Stand konservieren.»

Konservieren wolle die Unesco die immateriellen Traditionen sowieso nicht. «Es wurde immer wieder kritisiert, dass eine Liste zu einer Mumifizierung führt, dass man gewisse Sachen unter eine Käseglocke stellt, wenn man sie auf diese Liste aufnimmt. Doch genau das ist nicht das Ziel.»

Nicht nur «Volkskultur»?

Den Begriff «Volkskultur» wollen die Traditionssammler vermeiden: » ‹Volkskultur› hat etwas Ausschliessendes. Er schliesst beispielsweise die urbane Kultur aus, oder kulturelle Äusserungen von Migranten. Genau diese Beispiele möchten wir auch aufnehmen, wenn es sie denn gibt», betont Vitali.

Mit dem Sammeln stosse man einen politischen Prozess an. «Es ist eine kulturpolitische Realität, dass sich gewisse Gruppierungen stärker Gehör verschaffen können als andere.»

Man habe dies damit aufzufangen versucht, dass es möglich sei, auf verschiedenen Ebenen am Sammeln der Traditionen teilzunehmen. «Es gibt ein Internetportal, bei dem sich jeder Interessierte und jede Interessierte einbringen kann.»

Keine finanzielle Unterstützung

Die Aufnahme auf die Liste ist nicht Rechten oder gar Förderbeiträgen verbunden. «Mit dem Eintrag auf die Liste gibt es keinerlei Ansprüche auf irgendwelche Förderung.» Doch das BAK sei sich sehr wohl bewusst, dass der Liste eine gewisse Bedeutung zukomme. «Kulturpolitisch wird eine solche Tradition einen anderen Stellenwert bekommen als eine, die nicht auf der Liste steht.»

Nachdem die Kantone ihre Listen zusammengestellt haben, wird ein Expertengremium darüber entscheiden, welche Traditionen auf die Liste der Schweiz kommen. Rund 100 Einträge wird die Schweiz schliesslich der Unesco vorlegen.

«Immaterielles Kulturerbe bezeichnet lebendige, über Generationen weitergegeben Traditionen und Praktiken, die einer Gemeinschaft ein Gefühl der Identität und der Kontinuität vermitteln», schreibt das Bundesamt für Kultur (BAK) auf seiner Homepage zur Erklärung. Dies seien beispielsweise Musik, Tanz, Brauchtum, Feste oder traditionelle Handwerkstechniken. «Das immaterielle Kulturerbe ist äusserst vielfältig, im Unterschied zum materiellen Kulturerbe verändert es sich stetig.»

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