Abruptes Ende einer grossen Tennis-Karriere

Wegen des von Dopingverdacht überschatteten Rücktritts der Ausnahme-Spielerin Martina Hingis drohen ihre Verdienste zur Randnotiz zu verkommen.
Die langjährige Dominatorin der Szene hatte viele Meriten – für den nationalen Sport und das Frauentennis.
Fünf Grand-Slam-Titel im Einzel und neun im Doppel, 43 Turniersiege im Einzel und 37 im Doppel, dazu 209 Wochen die Nummer 1, ein Fedcup-Final und mehr als 20 Millionen Dollar Preisgeld.
Die Zahlen belegen, welche Dominanz Martina Hingis vier Jahre lang ausübte, als sie im März 1997 als 16-Jährige den Weltranglisten-Thron übernahm.
Zu Beginn des neuen Jahrtausends machte dann nicht nur eine neue Generation von Powerspielerinnen, angeführt von den Williams-Schwestern, der Filigrantechnikerin aus Trübbach zu schaffen, sondern auch mehr und mehr Verletzungsunbill.
Im Oktober 2002 bestritt sie beim 3:6, 1:6 gegen Jelena Dementjewa in Filderstadt für mehr als drei Jahre ihre letzte Partie.
2007 ab Februar enttäuschend
Als sie Anfang 2006 nach mehr als dreijähriger Verletzungspause zurückkam, brauchte sie nur noch sich selber etwas zu beweisen. Sie wollte schlicht nicht mit dem Vorwurf leben, nicht noch einmal alles versucht zu haben.
Anfängliche Erfolge und ein endlich beschwerdefreier Körper schürten die Hoffnungen, die sich dann aber nach erneut starkem Saisonbeginn 2007 als trügerisch erwiesen.
Seit Februar hat Hingis (auch geschwächt durch Verletzungen) keine Top-30-Spielerin mehr bezwungen, aber gegen zehn Spielerinnen ausserhalb der Top 10 verloren. Für sie angesichts der schwachen Leistungsdichte in der WTA-Tour eine katastrophale Bilanz, die den Rücktrittsgedanken sicherlich auch beschleunigt haben.
Hinzu kam auch die Erkenntnis, dass sich zwei Faktoren aus der Endphase ihrer «ersten» Karriere nicht verändert haben: Hingis blieb verletzungsanfällig und konnte gegen Top-Powerspielerinnen praktisch nur gewinnen, wenn diese nicht auf ihrem höchsten Level spielten.
«Pionierin» mit weltweiter Beachtung
Der 27-jährigen Ostschweizerin gebührt das Verdienst, den Schweizer Sport auf eine neue Ebene geführt zu haben. Sie hat mit den zusammen mit Trainerin und Mutter Melanie Molitor erzielten Triumphen gezeigt, dass man in der Schweiz auch in globalen Sportarten grosse Erfolge feiern kann.
Dass ihr dabei hierzulande die Herzen der Fans weniger zuflogen als in anderen Ländern, war bis anhin nur eine Randnotiz.
Vermisst werden wird Hingis vom Frauentennis generell. Sie hat sich alle ihre Erfolge mit technischer und mentaler Reife sondergleichen erspielt.
swissinfo und Agenturen

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