Alarmierende Zunahme
Ende Oktober lag die Zahl der positiven HIV-Tests bei 629 - so viel, wie im gesamten letzten Jahr.
Fachleute sind über den Trend beunruhigt – und betonen die Wichtigkeit von Kampagnen.
«Es ist ein beunruhigender Trend. Er zeigt, dass die Präventionsarbeit ihr Ziel noch nicht erreicht hat», sagte Christoph Schlatter gegenüber swissinfo.
Die Zahlen sprechen in der Tat eine deutliche Sprache: Bereits 2001 war die Anzahl der positiven HIV-Tests erstmals seit 10 Jahren wieder angestiegen. Für das laufende Jahr sieht es noch schlechter aus; bereits Ende Oktober wurde die Zahl von 2001 egalisiert.
Wissen, aber nicht handeln
Nicht nur die Zunahme der Neuansteckungen hat sich bestätigt, sondern auch die Risikogruppen. Am meisten Menschen infizieren sich bei heterosexuellem Geschlechtsverkehr, Männer stecken sich häufiger an als Frauen.
«Nach 15 Jahren Stop-Aids-Kampagne haben es die Leute etwas satt. Sie wissen, dass sie Kondome benutzen müssen, doch es setzt Ermüdung ein», versucht Schlatter die Ergebnisse zu erklären.
Auch Martin Gebhardt vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) befürchtet, «dass Präventions-Bemühungen nicht mehr so effektiv sind wie früher».
Seit Mitte der 90er Jahre bedeutet eine HIV-Ansteckung nicht mehr unbedingt ein Todesurteil: Dank den Medikamenten-«Cocktails» lässt sich der Ausbruch von Aids verhindern oder zumindest verzögern. Allerdings sind die Nebenwirkungen der Aids-Medikamente beträchtlich.
Dies werde zu wenig zur Kenntnis genommen, beklagt die Aids-Hilfe immer wieder. «Verschiedene Leute glauben fälschlicherweise, dass man die Krankheit heilen kann», so Christoph Schlatter.
Ruth Rutmann, Präsidentin der Aidshilfe Schweiz, gibt auch zu denken, dass die Ansteckungen bei den Frauen zugenommen hat: «Dieser Anstieg ist sehr gross und beunruhigt uns sehr.»
Einwanderer aus Schwarzafrika
Seit einigen Jahren nehmen die positiven Tests bei Immigrantinnen und Immigranten zu, vor allem betroffen sind Personen aus dem südlichen Afrika.
«Dies macht einen grossen Anteil der heterosexuellen Fälle aus», sagt denn auch Martin Gebhardt, der im BAG für die epidemiologischen Analysen verantwortlich ist.
Schwieriger Europavergleich
Weltweit waren Ende 2001 etwa 40 Millionen Menschen mit dem Aids-Virus infiziert. Drei Millionen Menschen starben an der Krankheit.
Ein europäischer Vergleich ist schwierig, da die Erhebungsmethoden nicht in allen Ländern identisch sind.
Portugal und Spanien haben die höchste HIV-Rate, die Schweiz ist (gemessen an der Anzahl der Einwohner) zusammen mit Frankreich und Italien in Mittelfeld. Tiefere Werte weisen Grossbritannien und Deutschland aus.
swissinfo, Vincent Landon und Eva Herrmann
Fachleute erwarten einen Anstieg der Infektionen von 20%.
2001 wurden 631 positive HIV-Tests gemeldet.
Jan.-Okt. 2002 waren es bereits 629.
Ausgebrochen ist die Krankheit in diesem Jahr bisher bei 170 Personen.
24 starben.
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