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Amerikaner in der Schweiz uneinig über Irak-Krieg

Schweizer Soldaten vor der vergitterten US-Mission bei der UNO in Genf. Keystone

US-Staatsangehörige in der Schweiz sind in der Irak-Frage zumeist entlang der Parteilinien gespalten.

Doch ob Falken der Republikaner oder Tauben der Demokraten: Die Amerikaner halten sich wegen des wachsenden Anti-Amerikanismus zurück.

Robert Race lebt in Genf und ist Mitglied der US-Republikaner im Ausland. Er ist überzeugt, dass nur die USA bereit sind – und auch vorbereitet – für einen Präventivschlag gegen Saddam Hussein.

«Das ist ein Teil des Kriegs gegen den Terror», sagt Race gegenüber swissinfo. Präsident George W. Bush habe auf die harte Tour erfahren müssen, dass Terrorismus nicht vor Landesgrenzen halt mache.

Für Race ist eine Militäraktion der USA notwendig, um dem Rest der Welt ein Beispiel zu geben. «Jemand muss sich der Sache annehmen und präventive Schritte unternehmen. Ich denke, die USA sind die einzigen, die dazu in der Lage sind.»

Dieser Meinung ist auch «Mr. N», ein Republikaner aus dem Mittleren Westen, der anonym bleiben möchte. «Es ist ein Traum daran zu glauben, Irak sei am Abrüsten. Ich denke, es muss etwas getan werden. Und deshalb unterstütze ich die Entscheidung der Bush-Regierung, vorwärts zu machen», erklärt er gegenüber swissinfo.

Race ist überzeugt, dass Saddam eine Gefahr für die Sicherheit der Welt darstellt. «Saddams Fähigkeit, Probleme zu schaffen, beunruhigen mich.»

Denn Saddam schaffe auch Probleme weit weg von seinem Land und seinen eigenen Interessen: Indem er Leuten, die Fürchterliches damit anstellen wollten und könnten, Rückzugsorte, Technologie, Geräte und Unterstützung gewähre.

Demokraten: Nicht ohne UNO-Resolution

Anders als die Republikaner scheinen Demokraten und Parteiunabhängige nicht überzeugt, dass ein Krieg notwendig ist. Und besonders sind sie klar gegen eine US-amerikanische Militäraktion ohne Unterstützung des UNO-Sicherheitsrats.

«Ich bin gegen amerikanisches unilaterales und imperialistisches Vorgehen», sagt Keri Lijinsky. Sie ist Mitglied der Demokraten und stammt aus dem US-Staat Maryland.

«Die USA wurden von Saddam nicht angegriffen, weshalb sollten also wir ihn jetzt ins Visier nehmen», findet sie. «Ich denke, es gibt keinen Grund, in den Krieg zu ziehen. Und wenn, dann sicherlich nicht alleine.»

John Silvin, ein Unabhängiger, der seit zwei Jahrzehnten in Genf lebt, ist ebenfalls der Meinung, dass die UNO grünes Licht geben müsste für einen Angriff auf Irak.

«Krieg muss die absolut letzte Entscheidung sein», betont er. «Und ich sehe bis anhin keinen wirklichen Grund, militärisch gegen den Irak vorzugehen.»

Der Anti-Amerikanismus

Immer wieder ist zu hören, dass die europaweite Opposition gegen eine Militäraktion dem Anti-Amerikanismus Auftrieb gegeben habe.

«In den USA mag es sehr einfach sein, umgeben von amerikanischem Patriotismus stramm hinter der US-Flagge zu stehen», so Lijinsky. «Doch hier fühle ich mich allein und verletzlich, weil mich die Leute ständig fragen, wie ich nur diesen Krieg unterstützen könne – was ich doch gar nicht tue.»

In diesem Sinn sympathisiere sie bis zu einem gewissen Grad mit der anti-amerikanischen Stimmung. Doch andererseits könne sie sich durchaus auch verletzt fühlen durch Kritik an ihrem Land. Vor allem wünsche sie sich, so Lijinsky, «dass wir nicht alle stereotyp als unverbesserliche Dickköpfe und Rüppel in einen Topf geworfen werden».

Auch Silvin kann verstehen, weshalb anti-amerikanische Ressentiments zunehmen. «Leider konnten die berechtigten Zweifel, ob Saddam wirklich Massenvernichtungs-Waffen besitzt, nicht ausgeräumt werden», sagt er.

«Ich denke, wenn das der Fall wäre, wären viele Menschen überzeugt, dass eine militärische Aktion gegen den Irak gerechtfertigt wäre.»

Der Republikaner Robert Race nimmt an, dass sich viele Amerikaner wegen der schlechten Stimmung gegenüber den USA zurückziehen: «Ich glaube, viele sind kaum bereit (für ihre Überzeugung) hinzustehen. Denn sie werden von allen ringsum und von der lokalen Presse zusammengestaucht.»

«Mr. N» lässt die wachsende Anti-Kriegs-Rhetorik eher kalt. Für ihn ist es bloss eine Frage der Zeit, bis sich das wieder ändern wird:

«Ich nehme an, die Leute werden wohl erwachen und erkennen, dass es den USA bei ihrer Politik darum geht, Bedrohungen gegen ihre eigene Sicherheit abzuwenden und auch die Sicherheit ihrer Verbündeten zu bewahren.»

swissinfo, Anna Nelson, Genf
(Übertragung aus dem Englischen: Eva Herrmann)

Die Einschätzungen der US-Amerikaner in der Schweiz scheinen in der Irak-Frage entlang der Parteilinien zu verlaufen.
Republikaner zeigen sich überzeugt, dass Saddam Hussein eine Bedrohung für die Sicherheit der Welt ist.
Anhänger der Demokraten oder Partei-Unabhängige Amerikaner sind eher gegen einen Krieg, vor allem wenn es dazu kein UNO-Mandat gäbe.

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