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Anschläge in London weltweit verurteilt

Eine bei den Anschlägen verletzter Person erhält erste Hilfe. Keystone

Wie zahlreiche andere Staaten hat auch die Schweiz die Anschläge scharf verurteilt, die am Donnerstag die britische Hauptstadt erschüttert hatten.

Bei den vier Explosionen starben nach offiziellen Angaben vom Freitag-Mittag mehr als 50 Menschen. Rund 700 wurden teilweise schwer verletzt.

Knapp 16 Monate nach den Bombenanschlägen in Madrid ist die britische Hauptstadt London von einer blutigen Terrorwelle heimgesucht worden. Bei den Anschlägen auf U-Bahnen und Busse starben mehr als 50 Menschen, wie Londons Polizeichef Ian Blair am Freitag-Mittag erklärte.

Etwa 700 Menschen seien verletzt worden. Rund 100 Verletzte mussten über Nacht in Spitälern behandelt werden; 22 befanden sich in kritischen Zustand. Hinweise auf Schweizer Opfer lagen bis Freitag-Mittag keine vor.

Die Anschläge waren am Donnerstag mitten morgendlichen im Berufsverkehr innerhalb kurzer Zeit hintereinander erfolgt. Danach herrschten in der britischen Hauptstadt teilweise chaotische Zustände.

Der öffentliche Verkehr wurde komplett eingestellt. Die Sicherheitskräfte setzten einen Katastrophenplan in Kraft. In mehreren europäischen und amerikanischen Städten wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft.

Unter starken Sicherheitsvorkehrungen wurde der öffentliche Nahverkehr in London am Freitag wieder aufgenommen. Zehn der zwölf U-Bahn-Linien fuhren wieder, einige noch mit Einschränkungen.

Hinweise auf Täterschaft

Die Anschlagsserie in London trägt laut Polizeichef Ian Blair «die Handschrift von Al Kaida». Derzeit deute nichts darauf hin, dass Selbstmordattentäter die Bomben zündeten, sagte Blair am Freitag. Die Terrorzelle sei möglicherweise noch intakt und bereite weitere Anschläge vor, warnte der Polizeichef.

Erste Hinweise hatten am Donnerstag auf eine islamistische Täterschaft schliessen lassen: Im Internet tauchte ein Bekennerschreiben der Terrorgruppe El Kaida auf. Darin wurden die britischen Militäreinsätze in Afghanistan und im Irak angeprangert.

Auch nach Einschätzung des britischen Regierungschefs Tony Blair gehen die Anschläge auf das Konto radikaler Islamisten. Grossbritannien lasse sich dadurch nicht einschüchtern, sagte Blair in einer Fernsehansprache.

Scharfe Verurteilungen

Weltweit wurden die Terrorangriffe scharf verurteilt. US-Präsident George W. Bush und die anderen G8-Führer bekräftigten ihre Entschlossenheit im Kampf gegen den Terror.

«Wir verurteilen diese absolut barbarischen Angriffe», sagte der sichtlich bestürzte britische Premierminister Tony Blair am Rande des G8-Gipfels im schottischen Gleneagles. «Wir sind vereint in unserer Geschlossenheit, dem Terrorismus zu begegnen und ihn zu besiegen.»

Blair verlas in Gegenwart seiner Partner aus den USA, Kanada, Japan, Russland, Frankreich, Italien und Deutschland eine gemeinsame Erklärung. Auch die Staats- und Regierungschefs aus den Schwellenländern China, Indien, Brasilien, Südafrika und Mexiko trugen das Dokument mit.

Blair verliess den Gipfel nach den Anschlägen vorübergehend und flog nach London.

Auch UNO-Generalsekretär Kofi Annan und der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Durao Barroso verurteilten die Anschläge scharf.

Auch zahlreiche islamische Staaten verurteilten die Terroranschläge von London.
Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, sagte, die Liga verurteile solche Taten «in welcher europäischen oder arabischen Stadt oder an welchem anderen Ort der Welt auch immer».

Schweiz drückt Solidarität aus

Auch die Schweizer Regierung, der Bundesrat, verurteilte die Anschläge. Im Namen des Bundesrates drückte Bundespräsident Samuel Schmid seine Solidarität mit den Opfern aus.

«Solche Ereignisse zeigen uns, dass wir ständig wachsam sein müssen, auch wenn die Schweiz nach aktuellen Informationen derzeit nicht im Visier von Terroristen ist.»

Es handle sich nicht um einen Kampf gegen Personen, sondern gegen Systeme, so Schmid. Wie Grossbritannien sei auch die Schweiz ein internationales Banken- und Wirtschaftszentrum. Terrorziele in der Schweiz könnten auch englische oder US-Firmen sein.

Diese Ansicht teilt Albert Stahel, Sicherheitsexperte an der ETH Zürich nicht. Ausländische Firmensitze würden als alleinige Auslöser für einen Anschlag kaum ausreichen.

Seiner Ansicht nach dürfte die Schweiz kaum ins Visier von Terroristen geraten, solange sie im Irak-Konflikt nicht Partei ergreife. Zudem sei die Schweiz für militante Islamisten eher ein «Ruhe- und Transitland».

EDA-Krisenzelle

Die Lenkungsgruppe Sicherheit des Bundesrates trat nach den Attentaten zu einer Lageanalyse zusammen und informierte anschliessend den Sicherheits-Ausschuss des Bundesrates. Alle zuständigen Stellen seien vorbereitet, mit zusätzlichen Massnahmen die Sicherheit von Land und Bevölkerung zu gewährleisten, hiess es in einer Mitteilung der Bundeskanzlei.

Die Krisenzelle des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) steht in engem und dauerndem Kontakt mit der Schweizer Botschaft vor Ort. Diese verfolge die Situation aufmerksam und nehme mit den zuständigen lokalen Behörden die nötigen Abklärungen vor, heisst es in einem Communiqué.

Bis zum Abend hatte das EDA nach Angaben von Sprecherin Carine Carey keine Angaben über von den Anschlägen betroffene Schweizer.

Börsenreaktionen

Die Börsen reagierten relativ gelassen auf die Anschläge. Nach anfänglicher Panik machten die Aktien- und Ölmärkte einen Teil der Verluste schnell wett.

Die europäischen Börsen hatten am Vormittag nach den Anschlägen deutlich nachgegeben. Im Tagesverlauf erholten sich die Kurse aber von Panikverkäufen.

Die Verluste der Schweizer Aktien fielen nicht ganz so hoch aus wie an anderen europäischen Börsen. Der SMI der Standardwerte stürzte zunächst um fast 200 Punkte oder 3,1% auf 6113 Zähler.

Am Nachmittag notierte der Swiss Market Index aber nur noch 1% schwächer und schloss bei 6243 Punkten.

Der Schweizer Franken geriet derweil einmal mehr in die Rolle des «sicheren Hafens». Zu den wichtigsten Währungen notierte der Franken höher. Deutlich billiger wurde Erdöl.

Unklar sind vorerst die Auswirkungen auf die Tourismusbranche. Die Schweizer Reiseveranstalter bieten kostenlose Umbuchungen von London-Reisen an.

swissinfo und Agenturen

Abfolge der Ereignisse in London:

07.51 – erste Explosion in einem Zug der Untergrundbahn nahe Liverpool Street und Moorgate.

07.56 – zweite Explosion nahe der Stationen Russel Square und King’s Cross.

08.17 – dritte Explosion in der Station Edgware Road

08.47 – die letzte Explosion. Sie zerstört einen Bus von London Transport auf der Linie Hackney/Marble Arch.

Opferbilanz am Freitag-Mittag (gemäss britischer Polizei): Mehr als 50 Tote und rund 700 Verletzte.

Mehrere Schweizer Banken und Versicherungen unterhalten Niederlassungen in London, darunter UBS, Credit Suisse und Swiss Re.

Die Grossbank UBS evakuierte ihr Gebäude in der City nach den Explosionen.

Rund 25’000 Schweizerinnen und Schweizer leben in Grossbritannien. Das EDA klärt ab, ob Schweizer Bürger betroffen sind.

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