Aufgenommene Flüchtlinge sollen Lehre machen
Um die Anzahl auf Sozialhilfe angewiesener Flüchtlinge zu verringern, will Justizminister Christoph Blocher eine "Flüchtlings-Lehre" einführen.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) sprach in einer ersten Einschätzung gegenüber swissinfo von einem Schritt in die richtige Richtung.
Bundesrat Christoph Blocher will in der Schweiz eine «Flüchtlings-Lehre» für definitiv aufgenommene Asylbewerber schaffen. Sie soll zwischen wenigen Monaten und einem Jahr dauern und den Flüchtlingen einen Einstieg ins Berufsleben ermöglichen. Das sagte der Justizminister, der für seine harte Haltung gegenüber Asylsuchenden bekannt ist, in einem Interview mit der Zeitung «SonntagsBlick».
«Gegenwärtig arbeiten bloss etwa 23 Prozent der erwerbsfähigen Flüchtlinge, die arbeiten könnten und müssten, weil sie ja für immer aufgenommen sind», sagte Blocher. «Alle anderen leben von der Sozialhilfe und sind dementsprechend schlecht integriert. Das muss sich ändern.»
Einstieg ins Erwerbsleben
Ihm schwebe eine Art «Flüchtlings-Lehre» vor, die den Einstieg ins normale Arbeitsleben ermögliche. Das Konzept werde momentan erarbeitet, sagte Blocher. Die Lehre soll den beruflichen Fähigkeiten der Flüchtlinge angepasst sein.
Hätten die Flüchtlinge dann erst mal einen Job und seien sie tüchtig, würden sie rasch aufsteigen, zeigte sich Blocher überzeugt. «Das habe ich in meinem damaligen Unternehmen zum Beispiel mit den Tamilen selber erlebt.»
Anbieten soll die Ausbildung der Staat, in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Blocher ist überzeugt, dass mit der Massnahme nicht nur die Integration gefördert wird, sondern auch Kosten gespart werden können.
Flüchtlingshilfe erfreut
Yann Golet, Sprecher der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH), äusserte sich am Sonntag gegenüber swissinfo positiv zur Flüchtlings-Lehre: «Das ist sehr guter Schritt. Eine Lehre ist vor allem für Jugendliche wichtig. Ausserdem würde das erlauben, die Sozialhilfe zu entlasten.»
Auch bei den Sozialdemokraten stösst Blochers Idee auf Wohlwollen. «Wir begrüssen alles, was die Integration verbessert», sagte der Präsident der Sozialdemokraten, Hans-Jürg Fehr, im «SonntagsBlick». «Nur komisch, dass ausgerechnet Blocher das vorschlägt, der jahrelang das Gegenteil verlangt hat.»
Die «Flüchtlings-Lehre» kontrastiert auch mit den Entschlüssen des Parlaments, das letzte Woche unter Protest der Ratslinken den Vorschlägen des Justizministers gefolgt ist und das Asylgesetz massiv verschärft hat. So wurde beispielsweise die Aufnahme aus humanitären Gründen aus dem neuen Asylgesetz gestrichen.
200 Millionen sparen
Insgesamt sieht Blocher im Asylbereich Raum, um Millionen einzusparen. Momentan erarbeite sein Departement ein Programm, um die Kosten um jährlich 200 Mio. Franken zu senken, sagte er. Heute koste jeder Flüchtling Bund und Kantone insgesamt 1 Mio. Franken. «Das ist Unsinn.»
Diese Einsparungen stünden im Zusammenhang mit dem erwarteten Rückgang der Anzahl Asylgesuche auf 10’000, sagte Blocher-Sprecher Livio Zanolari. Im letzten Jahr waren gut 14’000 Asylgesuche eingereicht worden, in der ersten Hälfte 2005 waren es 4672.
swissinfo und Agenturen
Asylgesuche 2004: 14’248
Behandelte Fälle: 19’157
Definitive Aufnahmen: 1555
Vorläufige Aufnahmen: 4198
Rückreisen und Ausschaffungen: 19’730
Verschärfung des neuen Asylgesetzes:
Das Parlament hat vergangene Woche die Aufnahme aus humanitären Gründen abgelehnt. Es hat sich begnügt, die vorläufige Aufnahme nachzubessern.
Abgewiesenen Asylbewerbern droht Haft von bis zu zwei Jahren, wenn sie sich ihrer Ausschaffung widersetzen. Das ist doppelt so lange wie bisher.
Der Sozialhilfestopp für abgewiesene Asylbewerber wurde ausgeweitet.
In Zukunft will die Schweiz auf Gesuche von Papierlosen grundsätzlich nicht mehr eintreten.
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