Barack Obama erhält Friedensnobelpreis
Das norwegische Nobelpreiskomitee hat US-Präsident Barack Obama für dessen "aussergewöhnlichen Bemühungen um eine Stärkung der internationalen Diplomatie und um Zusammenarbeit zwischen den Völkern" mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Obama habe ein «völlig neues internationales Klima geschaffen», hiess es in der Begründung. Das Komitee habe bei seiner Entscheidung besonderes Gewicht auf Obamas Einsatz für eine Welt ohne Atomwaffen gelegt.
Trotz der kurzen Präsidentschaft Barack Obamas sei «alles, was er in seiner Zeit als Präsident angepackt hat und wie sich das internationale Klima durch ihn verändert hat, schon mehr als ein Grund, ihm den Friedensnobelpreis zu verleihen», sagte der norwegische Komiteechef Thorbjörn Jagland.
Multilaterale Diplomatie mit einer Betonung auf der Rolle der Vereinten Nationen und internationaler Institutionen sei damit wieder in den Mittelpunkt gerückt worden. Selbst für die schwierigsten internationalen Konflikte seien nun Dialog und Verhandlungen die bevorzugten Lösungsinstrumente. Auch in der Klimapolitik hätten die USA unter Obama eine konstruktive Rolle eingenommen.
«Nur sehr selten hat ein Mensch im gleichen Ausmass wie Obama die Aufmerksamkeit der Welt gefangengenommen und seinem Volk Hoffnung auf eine bessere Zukunft gegeben», heisst es in der Begründung des Komitees. «Seine Diplomatie gründet auf der Vorstellung, dass diejenigen, die die Welt führen sollen, dies auf der Grundlage von Werten und Einstellungen tun müssen, die von der Mehrheit der Weltbevölkerung geteilt werden.»
Überraschung
Trotzdem sorgte die Entscheidung für Überraschung. Obama galt zwar als denkbarer Kandidat. Doch die meisten Experten gingen davon aus, dass es noch zu früh sei, um den US-Präsidenten mit dieser hohen Auszeichnung zu ehren – schliesslich trat Obama erst knapp zwei Wochen vor dem Ende der Nominierungsfrist am 1. Februar sein Amt an.
Norwegens Ministerpräsident Jens Stoltenberg sagte: «Der Preis kommt nicht zu früh. Es ist spannend, wenn er an jemanden geht, der mitten in der Verantwortung steht und etwas durchzusetzen hat.»
Für den Friedenspreis in diesem Jahr gab es eine Rekordzahl von 205 Nominierungen.
Lob und Tadel
Laut Jagland habe das Komitee schon immer versucht, noch nicht abgeschlossene Entwicklungen für den Frieden zu stimulieren und zu fördern. Das sei auch bei den Vergaben an Bundeskanzler Willy Brandt und an den damaligen sowjetischen Parteichef Michail Gorbatschow der Fall gewesen.
Bundespräsident Hans-Rudolf Merz hat Barack Obama für dessen ehrenvolle Ernennung zum Friedensnobelpreisträger herzlich gratuliert. «Ich glaube, es ist richtig, dass von Zeit zu Zeit ein Politiker damit ausgezeichnet wird, weil letztlich Krieg und Frieden stark von der Politik abhängen», sagte Merz der «Tagesschau» des Deutschschweizer Fernsehens.
Das Aussenministerium (EDA) rühmt vor allem die diplomatischen Bemühungen des US-Präsidenten.
Die kenianische Friedensnobelpreisträgerin und Umweltschützerin Wangari Maathai hat die überraschende Vergabe an Barack Obama begrüsst. «Obama ist eine Inspiration», sagte sie im kenianischen Fernsehen. In dem ostafrikanischen Land wird Obama als «Sohn Afrikas» verehrt, seine Stiefgrossmutter Sarah Obama lebt in dem kleinen Dorf Kogelo in Westkenia.
Der russische Friedensnobelpreisträger und frühere Sowjetpräsident Michail Gorbatschow hat die Vergabe an Obama begrüsst. «Sie sind eine würdige Ergänzung in unserer Familie der Nobelpreisträger», schrieb der 78-Jährige in einem Telegramm ans Weisse Haus.
In den USA selbst mischten sich aber auch Zweifel in die vielen Jubelrufe. «Wofür?», fragte das konservative Wall Street Journal und nannte die Vergabe «grotesk». CNN-Starreporterin Christiane Amanpour sagte, die Auszeichnung an Obama sei «die Anerkennung für seine Versprechen».
Kritiker erinnerten auch daran, dass Obama in Afghanistan Krieg führt. So die radikal-islamischen Taliban, welche die Entscheidung als «ungerecht» qualifizieren. Obama habe «in Afghanistan keinen einzigen Schritt in Richtung Frieden» unternommen.
Prominente Preisträger
Um ehrlich zu sein, glaube er nicht, dass er es verdiene, sich in der Gruppe vergangener Nobelpreisträger zu befinden, die so viel erreicht hätten, sagte Obama wörtlich. Er betrachte den Preis nicht als eine Bestätigung für Erreichtes, sondern als eine Herausforderung, erklärte der Präsident.
Der Preis ist mit umgerechnet rund einer Million 1,5 Mio. Franken dotiert. Prominente Friedensnobelpreisträger waren unter anderem Mutter Theresa (1979), der Dalai Lama (1989) und Nelson Mandela (1993).
Den ersten Friedensnobelpreis erhielten 1901 der Gründer des Roten Kreuzes, Henri Dunant, und der Gründer der französischen Friedensgesellschaft, Frédéric Passy. Als erste Frau bekam die Schriftstellerin und Friedensaktivistin Bertha von Suttner den Preis im Jahr 1905.
swissinfo.ch und Agenturen
2008: Der finnische Ex-Präsident Martti Ahtisaari.
2007: Ex-US-Vizepräsident Al Gore und UNO-Klimarat.
2006: Wirtschaftsfachmann Muhammad Yunus (Bangladesch) und die von ihm gegründete Grameen Bank.
2005: Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) und ihr Direktor Mohammed el Baradei.
2004: Umweltaktivistin Wangari Maathai (Kenia.
2003: Menschenrechtsaktivistin Schirin Ebadi (Iran).
2002: Ex-US-Präsident Jimmy Carter.
2001: Vereinte Nationen (UNO) und ihr Generalsekretär Kofi Annan.
2000: Politiker Kim Dae Jung (Südkorea).
1999: Ärzte ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières).
Nach dem Testament des schwedischen Dynamit-Erfinders Alfred Nobel soll der Friedensnobelpreis Persönlichkeiten oder Organisationen auszeichnen, die am meisten auf «die Verbrüderung der Völker» hingewirkt haben.
Der Friedenspreis wird von einem Ausschuss zuerkannt, den das norwegische Parlament in Oslo beruft. Dessen fünf Mitglieder wählen den Preisträger aus einer Liste von Kandidaten.
Vorschläge können neben den Komiteemitgliedern auch frühere Preisträger, Mitglieder von Regierungen und Parlamenten, Angehörige internationaler Organisationen sowie Universitätsprofessoren für Politik, Geschichte und Philosophie einreichen.
Das Komitee überreicht den mit 10 Mio. schwedischen Kronen dotierten Preis am 10. Dezember, dem Todestag Nobels.
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