Bedrohungen für die innere Sicherheit der Schweiz
Gewalt in den Stadien, Menschenhandel und mögliche, aber wenig wahrscheinliche islamistische Terroranschläge: das sind die Gefahren für die innere Sicherheit.
Der Bericht des Bundesamtes für Polizei weist auch auf die Gefahren des gewaltsamen Rechts- und Linksextremismus sowie auf Wirtschafts- und Wissenschaftsspionage hin.
Europa sei neu eine Arena des islamistischen Terrorismus. Dies schreibt fedpol-Direktor Jean-Luc Vez in dem am Dienstag publizierten Bericht «Innere Sicherheit 2005».
Konkrete Vorbereitungshandlungen für Anschläge in der Schweiz seien zwar nicht endgültig nachgewiesen. Dies könne sich aber «rasch und jederzeit» ändern.
Nachrichtendienst ausbauen
Die dschihadistische Methode habe sich gewandelt, heisst es in dem Bericht. Der gewaltbereite Islamist komme nicht mehr nur aus dem Ausland, sondern operiere auch unsichtbar und unerwartet im Inland. Für ein westeuropäisches Land mit einer aktiven islamistischen Szene könnte sich die Terrorbedrohung erhöhen.
Je individueller Dschihadisten handelten, desto schwieriger werde ihre Identifikation vor der Tat, heisst es in dem Bericht. Deshalb müssten im europäischen Umfeld die nachrichtendienstlichen Mittel ausgebaut werden. Andernfalls verlöre die Schweiz ihre Glaubwürdigkeit in der Terrorbekämpfung.
Negative Trends ungebrochen
Das Sicherheitsgefühl der Schweizerinnen und Schweizer sei trotz der Anschläge in London und Madrid weiterhin gut und die Schweiz nach wie vor «relativ wenig bedroht». Doch seien die negativen Trends ungebrochen. Die Jugendgewalt und die Gewalt im Rechts- und Linksextremismus, Hooliganismus und Menschenhandel nähmen zu.
Die rechts- und linksextremen Szenen und ihr Gewaltpotenzial stellten allerdings keine wirkliche Bedrohung der inneren Sicherheit der Schweiz dar, stellt die fedpol fest.
Als gefährlicher als Rechts- und Linksextremisten stuft der Bericht die Hooligans ein. Gemäss den Beobachtungen der Polizei nimmt die Härte der Gewalt zu. Und die Täter würden immer jünger.
Wachsende rechtsextreme Szene, gewaltbereitere Linksextreme
Die Zahl der Mitglieder der rechtsextremen Szene hat laut fedpol im letzten Jahr um 200 auf 1200 zugenommen. Zu diesem harten Kern kämen rund 600 Mitläufer und Sympathisanten hinzu. Sie stellten aber insgesamt keine namhafte Bedrohung der inneren Sicherheit im Land dar.
Ein ähnliches Verdikt fällen die Staatsschützer über die linksextreme Szene, die – bei schlechterer Datenlage – auf rund 2000 Aktivisten geschätzt wird. Diese befände sich wegen einer selbst verursachten Isolation in einer Krise, zeige aber zunehmend eine höhere Gewaltbereitschaft, insbesondere gegen die Sicherheitskräfte.
Jugendgewalt medial aufgebauscht
Als «medial überzeichnet» beurteilt die fedpol dagegen die Zunahme der Gewaltdelikte unter Jugendlichen.
Grössere, ethnisch geprägte Jugendunruhen wie in den französischen Banlieues seien in der Schweiz wenig wahrscheinlich. Hierzulande gebe es keine «ghettoähnlichen» Vorstädte.
Aktive ausländische Spione
Ausländische Spione haben auch im vergangenen Jahr in der Schweiz Informationen gesammelt, insbesondere im wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Bereich.
Besonders aktiv waren dabei Nachrichtendienste eines asiatischen Staates, wie der Bericht festhält. Der Name des Landes wurde nicht genannt. Dem Vernehmen nach soll es sich aber um China handeln.
Rotlichtmilieu grösser und gewalttätiger
Das Rotlichtmilieu in der Schweiz ist deutlich grösser und gewalttätiger geworden, heisst es im Bericht. Landesweit wird der Erlös der Branche auf jährlich etwa 3,2 Mrd. Franken geschätzt.
Die Szene war im vergangenen Jahr von einer zunehmenden Gewaltbereitschaft geprägt. Gleichzeitig wurden die Anstrengungen im Kampf gegen den Menschenhandel verstärkt.
swissinfo und Agenturen
Die Gewalt in den Stadien ist laut dem Staatsschutz eine ernsthafte Gefahr für die Schweiz. Dies insbesondere hinsichtlich der Fussball-Europameisterschaft, die 2008 in der Schweiz und in Österreich stattfindet.
«Hunderte, vielleicht Tausende von gewalttätigen Fans werden versuchen, für die Euro 08 in die Schweiz zu kommen», heisst es im Bericht «Innere Sicherheit 2005». In der Schweiz selbst gibt es laut dem Bericht rund 1000 Personen, die zu Gewalt und Ausschreitungen an und um Sportveranstaltungen bereit seien, darunter ein harter Kern von rund 400 Hooligans.
Zur Bekämpfung der erwarteten gewaltsamen Ausschreitungen an der Euro 08 hat das Schweizer Parlament ein vorerst bis 2009 beschränktes Anti-Hooligan-Gesetz verabschiedet. Gegen das Gesetz, das unter anderem eine Datenbank über gewaltbereite Fans vorsieht, haben Fan-Gruppen das Referendum ergriffen.
Im Bericht des Staatsschutzes wird u.a. auf die Gefahr des Rechtsextremismus hingewiesen. Die Zahl der rechtsextremen Aktivisten und Sympathisanten wird auf 1800 geschätzt.
2000 Aktivisten werden der linksextremen Szene zugerechnet.
Der Bericht erwähnt auch den Menschenhandel im Zusammenhang mit der Prostitution. Der Jahreserlös der Branche wird landesweit auf 3,2 Mrd. Fr. geschätzt.
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