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Blamage bis auf die Knochen

Nach dem Match fliessen Tränen. Keystone

"Luxemburgerli vernaschen Schweizer Käseköpfe", kommentiert der "Blick" die peinliche 1:2-Niederlage. Die Schweizer Presse schreibt von Debakel, Trauerspiel, von "hundsmiserabelgrottenschlimmer" Leistung.

Luxemburg, Nummer 152 in der Weltrangliste, hat am Mittwoch im Zürcher Letzigrund das Schweizer Team des neuen Trainers Ottmar Hitzfeld geschlagen. «Platt auf die Nase gefallen», schreibt die «Neue Zürcher Zeitung».

«Niederlage gegen den Underdog aus Luxemburg», lässt sich das sonst zurückhaltende Blatt vernehmen. «Mit nur einem Punkt aus zwei Spielen steht die Hitzfeld-Equipe schon unter enormem Druck, zumal Israel und Griechenland siegreich waren.»

Die NZZ kommentiert: «Nach der 1:2-Niederlage gegen die Amateure aus dem Herzogtum ist der mit Hitzfeld zunächst entfachte Schwung fürs Erste verpufft. Der Realität ist für die Schweizer Auswahl nicht die automatische Teilnahme an Endrunden, wie das die letzten Jahre vorgaukeln (…).»

Der Tages-Anzeiger schreibt von einer noch «viel grösseren Blamage, als es Baku 1996 war». Die Blamage ist offenbar nicht nur das Resultat, sondern auch die miserable Leistung.

«Peinliche Selbstdemontage»

«Die Leistung war gestern unfassbar schlecht und führte zu einer Selbstdemontage der Mannschaft, wie sie peinlicher nicht sein kann. Wer so spielt wie sie, hat nichts anderes als die Niederlage verdient.» Sehr harte Worte auf der Sportseite des Tages-Anzeigers: «Eine hundsmiserabelgrottenschlimme Leistung.»

«Bei jedem anderen Trainer würde man nach diesem Desaster den Rücktritt fordern», kommentiert der «Blick». Doch Hitzfeld sei einer der erfolgreichsten Klubtrainer der Welt. «Eine Rücktrittsforderung ist jetzt nicht angebracht.»

Doch sei er wohl nach diesem Debakel so gefordert wie selten in seiner langjährigen, aussergewöhnlichen Karriere.

«Aus Ackergäulen keine Rennpferde»

«Ohne Leidenschaft, ohne Wille und ohne taktisches Konzept stolperte die Mannschaft von Ottmar Hitzfeld in eine 1:2-Niederlage», schreibt die Basler Zeitung.

Klar sei: «In dieser Form haben die Schweizer an der WM 2010 nichts verloren. Und es zeigt, dass auch ein Mann vom Format Hitzfelds aus Ackergäulen keine Rennpferde macht.»

Ebenso ärgerlich sei gewesen, dass auch die Luxemburger einen unsauberen Auftritt hinlegten, so die BaZ im weiteren. «Sie spielten früh auf Zeit, simulierten Verletzungen oder attackierten ihre Gegner unfair.»

«Fassungs- und orientierungslos»

Nach der bitteren Niederlage sei Trainer Hitzfeld und seinen Spielern nur noch der Spott der luxemburgischen Fans geblieben, schreibt die «Berner Zeitung».

Mit Dortmund und Bayern habe Hitzfeld die Champions League gewonnen, doch das sei gestern weit weg gewesen. «Nach dieser unerwarteten und wahnsinnig peinlichen Heimniederlage gegen einen der grössten Fussballzwerge Europas ist Hitzfeld, umschwärmter Heilsbringer, brutal und früh auf dem Boden der Tatsachen gelandet.»

Aus der Traum, so «Le Matin»

Die Westschweizer Tageszeitung «Le Matin» sieht noch schwärzer: «La Suisse a mis fin à ses rêves de Mondial en Afrique du Sud» (Die Schweiz hat ihren Traum von den Weltmeisterschaften in Südafrika ausgeträumt).

1996 sei schon eine Niederlage in die Annalen eingegangen, jene von Baku, als die Schweiz unter Trainer Rolf Fringer bei den Qualifikationen für die Weltmeisterschaften 98 gegen Aserbeitschan verlor.

So werde wohl auch diese Niederlage gestern in Zürich als harter Schlag in die Fussballgeschichte eingehen.

«Nach dem, was ihr gestern gezeigt habt, meine Herren, verdient ihr es echt nicht, nach Südafrika zu gehen», schliesst «Le Matin».

«Vergogna», schreibt «La regione»

«Vergogna», Schande! Die Nati sei, so die Tessiner Tageszeitung «La regione», von einer Equipe von Dilettanten geschlagen worden, die vor ihrem Überraschungssieg über Weissrussland letzten Herbst in 55 Matches ununterbrochen verloren habe.

Im Vergleich zu dem, was sich gestern abgespielt habe, würden sich die mageren Ergebnisse der Schweizer an der jüngsten Euro 2008 geradezu wie «piccoli gioielli», wie kleine Perlen ausnehmen.

Luxemburger Presse feiert

«Luxemburgerli machen Schweizer Berge klein», titelt das «Tageblatt» aus Luxemburg. «Die Sensation ist perfekt. Luxemburg hat den mutmasslichen Superfavoriten der Gruppe 2 in Zürich mit 2:1 bezwungen.»

«Dabei sah es zu Beginn so aus, als wolle die Schweiz die Zwerge aus dem Grossherzogtum weghauen.»

«Nervös ihr Spiel, zerfahren. Bis zum Strafraum ging es meist, dann war Endstation», beschreibt das «Tageblatt» die Spielart der Schweizer. Immerhin: Die Zeitung bedauert die vielen gelben Karten, die sich Luxemburg eingefangen habe.

swissinfo, Alexander Künzle

Spiele der zweiten Runde:

Schweiz-Luxemburg 1:2
Lettland-Griechenland 0:2
Moldawien-Israel 1:2

Rangliste

1. Griechenland 6 Punkte
2. Israel 4
3. Lettland 3
4. Luxemburg 3
5. Schweiz 1
6. Moldawien 0

Die Sieger der neun europäischen Gruppen sind direkt für die WM qualifiziert.

Die besten Zweitplatzierten ermitteln in einer Barrage weitere vier Teilnehmer.

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