Blocher-Roschacher: Bundesrat ernennt Rechtsexperten
Der emeritierte Zürcher Staatsrechtler Georg Müller wird den Bericht der nationalrätlichen GPK zur Affäre Blocher-Roschacher als unabhängiger Experte begutachten.
Auch die Stellungnahme von Justizminister Blocher zum Bericht soll Müller bis Mitte November beurteilen.
Die Ernennung sei im Konsens erfolgt, erklärten Blocher und Vizekanzler Oswald Sigg am Mittwoch vor den Medien.
Selbstverständlich werde auch er Stellung zum Bericht der nationalrätlichen Geschäftsprüfungskommission (GPK) nehmen, sagte Blocher. Würde nur Müllers Bericht dem Bundesrat vorgelegt, wäre das ein «Misstrauensvotum par excellence».
Blocher bekräftigte zudem, dass der GPK-Bericht eindeutig tendenziös, unvollständig und eine «rein parteipolitische Angelegenheit» sei. Empört zeigte er sich darüber, dass ihm die «Ungeheuerlichkeit» unterstellt worden sei, er sei in ein Komplott zur Absetzung von Bundesanwalt Valentin Roschacher involviert gewesen.
Zum Bericht muss der Bundesrat bis Ende November Stellung nehmen. Blochers Justizdepartement hat bis Ende Oktober Zeit, einen Entwurf für eine Antwort auszuarbeiten. Zu diesem Vorschlag und zum Bericht soll der 65-jährige Müller in sachlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung nehmen. Er kann dazu einen Strafrechtsexperten beiziehen.
Untersuchung ausgeweitet
Am Mittwoch hat der Bundesrat zudem das Mandat des Neuenburger Generalstaatsanwalts Pierre Cornu erweitert. Dieser war schon vor einer Woche mit Ermittlungen wegen Amtsgeheimnisverletzung und Urkundenfälschung in der Bundesanwaltschaft und in der Bundeskriminalpolizei betraut worden.
Als ausserordentlicher Staatsanwalt des Bundes soll er nun auch die Indiskretionen im Zusammenhang mit den Untersuchungen der GPK unter die Lupe nehmen. Die GPK hatte gegen Journalisten wegen Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen Anzeige erstattet und gegen Unbekannt wegen Amtsgeheimnisverletzung.
Unabhängige Untersuchung
Mit der Einsetzung eines ausserordentlichen Verfahrensleiters soll der Anschein der Befangenheit vermieden und die Unabhängigkeit der Untersuchung gewährleistet werden, begründet der Bundesrat seinen Entscheid.
Seit 2007 hat das Bundesgericht die administrative Aufsicht über das Bundesstrafgericht. Weil die untersuchten Vorgänge letztes Jahr stattgefunden haben, erachtet sich das Bundesgericht nur insoweit als zuständig, wie diese in die Zeit nach dem 1. Januar 2007 «nachwirken».
swissinfo und Agenturen
Das Bundesgericht wird sich erst nach den noch ausstehenden Beschlüssen der Parlamentskommissionen mit dem GPK-Bericht über die Strafverfolgungsbehörden des Bundes befassen.
Die GPK hatte ihren Bericht zur Bundesanwaltschaft auch dem Bundesgericht zugestellt. Darin wird das Verhalten von Emanuel Hochstrasser, Präsident der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts, mehrfach kritisiert.
Die Verwaltungskommission des Bundesgerichts will sich als administrative Aufsichtsbehörde über die Geschäftsführung des Bundesstrafgerichts aber an der ordentlichen Aufsichtssitzung vom kommenden 4. Oktober in Bellinzona vom Bundesstrafgericht orientieren lassen.
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