Blocher und Deiss in der Arena
Für Christoph Blocher bedroht ein UNO-Beitritt die Grundfesten der Schweiz. Anders sieht das Aussenminister Joseph Deiss - die Schweiz muss in die UNO.
In gut zwei Wochen stimmt die Schweiz über den Beitritt zur UNO ab. Noch ist der Ausgang der Abstimmung offen. Gegner und Befürworter ziehen seit Wochen durchs Land und kreuzen an unzähligen Veranstaltungen die Klingen.
Die Argumente sind bekannt, die Positionen bezogen, Überraschungen sind bei den zahlreichen Veranstaltungen im ganzen Lande kaum mehr zu erwarten. Das war auch bei der Abstimmungs-«Arena» von Schweizer Fernsehen DRS, der «TV-Landsgemeinde» sozusagen, am Freitagabend nicht anders.
Kein Spektakel – kein klarer Sieger
Der wohl prominenteste UNO-Gegner, der Zürcher SVP-Nationalrat Blocher, und ein Kreis seiner Getreuen stehen den Beitritts-Befürwortern um Aussenminister Deiss gegenüber. Im Publikum sitzen drei Schulklassen – sie sind nach eigenem Bekunden gespalten in Befürworter und Gegner.
Wer – aufgrund von früheren Arenen, wie jener vor der Abstimmung über die Alpen-Initiative – auf ein Spektakel oder zumindest einen klaren Sieger gehofft hatte, wurde enttäuscht.
Wenn auch zwischendurch Gehässigkeiten zu hören waren, Nerven blank lagen und man sich immer wieder ins Wort fiel: Das «Duell», ging insgesamt wohl etwa unentschieden aus. Die Argumente – und die Protagonisten – sind bekannt, neue Aspekte, neue Blickwinkel tauchten denn auch in dieser «Arena» nicht auf.
Schon vergangene Woche hatte der Politologe Claude Longchamps nach einem Streitgespräch zwischen Blocher und Deiss erklärt, der UNO-Gegner habe keine neuen Argumente mehr gebracht. Er werde so wohl kaum noch unentschiedene Stimmberechtigte zum Umschwenken auf seine Position bewegen können.
FUN – Freiheit, Unabhängigkeit, Neutralität
Verliert die Schweiz ihre Souveränität, ihre Neutralität, gibt sie ihre ursächlichen Eigenheiten auf und muss sie ihre Soldaten bei einem Beitritt zur UNO in Zukunft zum Kampf in «fremde Händel» entsenden – wie es die Gegner sehen? Oder ist es nicht doch an der Zeit, dass die Schweiz ihre Ideen und Stärken in der UNO voll einbringt. Als stimmberechtigtes Mitglied, wie der Rest der Welt dies heute schon tut – sieht man vom Vatikan ab.
In diesem Umfeld bewegte sich auch die Diskussion in der «Arena»: Christoph Blocher malte den Teufel an die Wand. Für ihn ist klar: Bei einem Beitritt sind Eigenständigkeit, Demokratie und Freiheit bedroht, die Schweiz kommt unter die Knute eines undemokratischen Organs (Sicherheitsrat). Dagegen kämpft der Mann an, warnt immer und immer wieder vor dem Verlust der integralen Neutralität.
Während Bundesrat Deiss sowie andere Vertreterinnen und Vertreter der Ja-Seite sich dafür einsetzen, dass die Schweiz eben diese Qualitäten, die Christoph Blocher beschwört, im Rahmen der Weltorganisation als mitbestimmendes, selbstbewusstes Land einsetzen können müsse.
Für das Ja-Lager ist klar, dass die Schweiz ihre Stärken – zum Beispiel Gute Dienste – nicht wie zur Zeit des Kalten Krieges, ausserhalb der UNO am besten ausschöpfen und einsetzen kann. Die Souveränität des Landes werde durch den UNO-Beitritt gestärkt, weil man dann mitbestimmen, Projekte direkt einfliessen lassen könne, wird argumentiert.
Blocher «Wir haben gewonnen»
Blocher zeigte sich nach der «Arena»-Debatte gegenüber swissinfo siegessicher: «Heute haben wir gewonnen, das ist eindeutig, da bin ich sicher. Wir haben alle unsere Themen durchgebracht. Und wir waren überzeugender.» Die Befürworter hätten keine Argumente, dies hätten ihm auch die Jungen (die Schulklassen) gesagt. «Und das waren ja Neutrale».
Wenn Volk und Stände nun aber dennoch Ja sagen? «Dann haben wir einen wichtigen Teil unseres Landes, die integrale Neutralität, preisgegeben. Zudem haben wir uns für die internationale Sicherheit dem Sicherheitsrat unterstellt, der von den fünf Grossmächten dominiert wird. Das trifft unsere Souveränität, den Grundsatz der Selbstbestimmung durch die Volksrechte.»
Deiss: «Auch wir sind Patrioten»
Für Aussenminister Deiss seinerseits ist klar, dass ein Nein zur UNO für die Schweiz, ihre internationale Position, ihr Image nicht gut wäre. «Ich glaube, international würde der Entscheid, dass die Schweiz Einzelgängerin bleiben will, nicht verstanden. Man würde vor allem nicht verstehen, dass die Schweiz darauf verzichtet, ihre Politik in der UNO einzubringen.
Der Bundesrat unterstütze den Beitritt nicht leichtsinnig. «Der Bundesrat ist ebenso patriotisch wie die andern. Wir können ein demokratischer, neutraler, souveräner Staat bleiben. Die Schweiz kann mit der Mitgliedschaft etwas gewinnen: In der UNO kommt die Welt zusammen – und die Schweiz gehört zur Welt».
Rita Emch
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